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18. April 2023
Expertenrat schlägt Pflichtversicherung für stationäre Pflege vor

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Panoramic view of elderly lady on wheelchair holding hands with supporting volunteer standing behind her

Expertenrat schlägt Pflichtversicherung für stationäre Pflege vor

Fachkräftemangel, eine alternde Bevölkerung und steigende Löhne machen der Pflege zu schaffen. Um den wachsenden Eigenanteil für die stationäre Pflege zu deckeln, hat ein Expertenrat sich nun für eine kapitalgedeckte, verpflichtende Zusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfungen ausgesprochen. Vertriebsprovisionen soll es keine geben.

Was kostet die Pflege+ Versicherung den Versicherten?

Mit der Pflege+ Versicherung wären die pflegebedingten Eigenanteile bei stationärer Pflege zu 90% versichert – es bliebe also nur ein Selbstbehalt von 10%.

Der Expertenrat schlägt bei einem Eintrittsalter von 20 Jahren einen Beitrag von 39 Euro vor. Dieser Betrag wird paritätisch vom Arbeitgeber mitfinanziert. Eine pflegespezifische Inflationsrate wurde bereits einkalkuliert. Damit wäre es möglich, die Beiträge real konstant zu halten und eine Abwertung der Pflegeleistungen zu vermeiden

Wer bei Eintritt älter als 20 Jahre ist, zahlt bis zum Alter von 45 Jahren eine höhere Prämie, da diesen Geburtsjahrgängen zum Eintrittszeitpunkt Ansparleistungen fehlen, so der Abschlussbericht. Ab einem Alter von 46 Jahren ist die Prämie bei 52 Euro gedeckelt.

Für Versicherte ab 67 Jahren wäre eine halbierte Prämie fällig, da der Arbeitgeberanteil mit Renteneintritt entfällt. Bei dieser Personengruppe beläuft sich der Leistungsanspruch laut den PKV-Plänen auf 40% des Eigenanteils. Dies sei vertretbar, da die älteren Kohorten teilweise für die finanziellen Belastungen im Alter vorgesorgt haben, so Wasem.

Kinder werden prämienfrei mitversichert, nicht erwerbstätige Ehegatten zahlen ebenfalls eine halbierte Prämie. Die Prämien wurden mit den zur Verfügung stehenden Daten exemplarisch berechnet, so die Experten. Entscheiden müsse diese letztendlich die Politik.

Warum eine Pflichtversicherung?

Das Angebot für Pflegezusatzversicherungen ist groß. Genutzt wird es allerdings von wenigen. Das Thema Pflege werde medial und politisch zu wenig thematisiert, kommentiert Mitglied des Expertenrates Constantin Papaspyratos vom Bund der Versicherten e. V. (BdV). Auch sei die Absicherung des Pflegerisikos komplex – vor allem für Jüngere, so Papaspyratos.

Dementsprechend zurückhaltend seien viele beim Abschluss einer Zusatzversicherung. „Eine sozialpolitisch wünschenswerte hinreichend breite Abdeckung des finanziellen Risikos der Eigenanteile kann daher nur erreicht werden, wenn sie obligatorisch ist“, schlussfolgert der Bericht. Deshalb habe sich der Expertenrat für eine Versicherungspflicht entschieden.

Wie geht es nun weiter?

Der Direktor des PKV-Verbands Dr. Florian Reuther betonte zum Ende der Veranstaltung, dass schnelles Handeln nun vonnöten sei. „Die angekündigte Pflegereform des Bundesgesundheitsministers liefert keine Lösung für eine dauerhafte Finanzierung der Pflege und wird das Problem langfristig sogar verschärfen“, so Reuther.

Der vom Expertenrat vorgelegte Vorschlag könne noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Man sei gespannt, wie Stakeholder und Politik reagieren würden, so Reuther. „Die Diskussion ist eröffnet.“

Welche Reaktionen gab es?

Kritische Stimmen bemängeln, dass der Expertenrat die ambulante Pflege in seinem Vorschlag gänzlich außen vorlässt. Etwa 84% der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Diese Personengruppe sei in dem Vorschlag der Kommission ignoriert worden, bemängeln etwa der Sozialverband VdK und die Gewerkschaft ver.di.

Vom Bundesministerium für Gesundheit lag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Reaktion auf den Vorschlag des Expertenrates vor. (js)

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Bild: © Photographee.eu – stock.adobe.com

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Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Christian Jans… am 19. April 2023 - 18:34

Guten Tag.

Dieser Artikel trägt aus meiner Sicht die Überschrift, "Pflege-Plus-Versicherung, Träumen darf man ja". Das vorgeschlagene Konzept mag auf dem Papier ja ganz nett ausschauen, ist aber aus meiner Sicht absolut realitätsfremd und für alle Seiten unzumutbar. Wir müssen uns die Frage stellen, WARUM der Absatz der PRIVATEN Pflegevorsorge so schlecht läuft. Es gibt keine klare Kommunikation seitens der Politik, wie wichtig die private Pflegevorsorge ist. Ein Großteil der Bevölkerung und auch der Beraterschaft ist sich des enormen Finanzrisikos gar nicht bewusst. Hier sollten seitens der Politik sinnvolle Anreize geschaffen werden PRIVAT vorzusorgen, höhere Förderung/ evtl. Zulagenprinzip privater Verträge, höhere, steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge. Eine Zwangsheirat kann nun wirklich nicht ernsthaft die Lösung sein. Sie möchten die Versicherer zwingen, die Kunden ohne Gesundheitsprüfung anzunehmen und das auch noch ohne die Beratungsleistung zu vergüten, verstehe ich das richtig? Normalerweise bin ich stiller Leser dieser Artikel, hier allerdings, fliegt mir die Mütze weg! Hier wird wieder nur an die stationäre Pflege gedacht! Was ist mit dem größten Pflegedienst Deutschlands, den Angehörigen von Pflegebedürftigen? Ca. 80% wird zuhause gepflegt, durch Angehörige die sich aufopfern und teils Ihre Jobs aufgeben müssen. Pflege muss in Zukunft anders gedacht werden, nicht nur in Zahlen, sondern einfach ganzheitlicher in seiner Komplexität und einfach sozialer.

Gespeichert von Thorsten Geise… am 19. April 2023 - 20:05

Bei diesem Artikel, geht es wie so oft, nicht um die Kostenvermeidung, sondern darum: Wie und von Wem können die Kostenverursachter bezahlt werden.

Natürlich ist die Pflegeleistung wichtig und richtig - wenn Sie denn richtig durchgeführt wird. Ich habe unsere Mutter über Jahr im Diakonie-Pflegeheim "betreut". Die Missstände waren derart gravierend, dass das Heim, nach Aktivierung der zuständigen Kontrollorgane der gesetzl. KV, was auch schon eine Herausforderung war, nur noch eine Note " 4 " erhielt.

Es reichte von Abrechnungsschwindelleien bis zu fingierten nächtlichen Kontrollen und ohne ausgebildete Schwestern in Nachmittags- und Nachtschicht - trotz Abrechnung. Mein Zeitaufwand zum Nachweis war erheblich und nur möglich weil alle Türen zu jeder Zeit unkontrollier offen waren.

Da sollten die Experten mal angesetzt werden, da hätten Sie auch viel zu tun, danach dürften Sie sich vielleicht auch Experten nennen.

Die hier tätige "Expertenkommission" dürfte sich bestenfalls als Zahlenjongleure bezeichnen - und dass ist schon hochgegriffen.

Vor allem sollte eines Sichergestellt werden: Das das Geld an die gezahlt wird, die auch die Leistung am Menschen erbringen und nicht nur in die Taschen der Investoren fließt, die die Heime bauen und betreiben.