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19. April 2022
EZB wartet ab – Was heißt das für die Bauzinsen?

EZB wartet ab – Was heißt das für die Bauzinsen?

Anders als die US-Notenbank Fed hat die EZB die Zinswende noch nicht eingeläutet, sondern lässt sich weiterhin Zeit. Experten gehen durch die aktuell große Unsicherheit von weiter schwankenden und steigenden Baufinanzierungskonditionen aus.

In der jüngsten Ratssitzung hat die Europäische Zentralbank (EZB) noch keine konkreten Maßnahmen zur Einleitung der Zinswende beschlossen. Die europäischen Währungshüter belassen den Leitzins im Euroraum auf 0%. Immerhin bestätigte die EZB ihren Zeitplan, das Anleihekaufprogramm APP im dritten Quartal zu beenden.

Der weiter zurückhaltende Kurs der EZB könnte laut Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Kreditvermittlers Dr. Klein, für weiter schwankende und steigende Baufinanzierungskonditionen sorgen – auf einem Zinsmarkt, der derzeit ohnehin bereits zum Teil übertrieben sei.

Die Zinsen für Baufinanzierungen haben seit Jahresbeginn deutlich schneller zugelegt, als Experten erwartet hatten (AssCompact berichtete). „Die Bauzinsen sind schon im Vorfeld der EZB-Entscheidung auf mehr als 2% für zehnjährige Darlehen gestiegen. Wir erwarten einen weiteren Zinsanstieg“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft des Vermittlers privater Baufinanzierungen Interhyp.

Zinsmarkt zum Teil bereits übertrieben

Neben der hohen Inflation setze auch die US-Notenbank Fed die EZB unter Druck, Anleihekäufe zu beenden und die Zinsen zu erhöhen. „Mit Blick auf die USA preist der Markt für Europa bereits jetzt mehr Zinserhöhungen ein als wir in diesem Jahr sehen werden“, schätzt Neumann. Zum Teil sieht er aktuell eine Übertreibung des Marktes. „Vor diesem Hintergrund wäre auch ein Zinsniveau von 3% für zehnjährige Baufinanzierungen in 2022 vorstellbar – aus heutiger Sicht allerdings nicht mit rationalen Gründen zu erklären", so Neumann weiter.

„Die EZB steht in einem Dilemma: Sie muss aufgrund der Inflation die Geldpolitik straffen, gleichzeitig die Wirtschaft stärken und die Konjunktur nicht abwürgen“, erklärt Mirjam Mohr von Interhyp. Mit Zinserhöhungen gegen die steigende Inflation würde die EZB riskieren, die konjunkturelle Erholung abzuwürgen und Europa auf eine Rezession zusteuern zu lassen. Mit weiterhin günstigem Geld bieten die europäischen Währungshüter der Preissteigerung wiederum keinen Einhalt.

Weiter Schwankungen und Anstieg zu erwarten

Neumanns Auffassung nach würden von der jüngsten EZB-Sitzung keine deutlichen Impulse auf die Bauzinsen ausgehen. „Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen bleibt dennoch hoch. Durch die aktuellen großen Unsicherheiten könnten sie in den nächsten Wochen stark schwanken und weiter steigen – und damit auch die Bauzinsen. Solange die EZB nicht eine klare Position bezieht, wann welche Zinsschritte zu erwarten sind, setzen sich die Übertreibungen vermutlich erst einmal fort“, so der Experte. (tk)

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