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12. September 2019
Führungskräfte in der Versicherungsbranche: Gut reicht nicht!

Führungskräfte in der Versicherungsbranche: Gut reicht nicht!

Exzellente und „nur gute“ Führungskräfte unterscheiden sich erheblich in ihrem wirtschaftlichen Erfolg für Unternehmen. Doch Excellence Leadership lässt sich trainieren. Deutsche Firmen sollten angesichts dessen aufatmen, sagt Frank M. Scheelen, Gründer der SCHEELEN® AG.

Schlechte Führungskräfte kann sich kein Unternehmen in der Versicherungsbranche – ebenso wenig wie in anderen Branchen – leisten. Doch gute Führungskräfte bringen Ihr Unternehmen auch nicht wirklich nach vorne. Ja, Sie haben richtig gelesen: Nur gut ist nämlich nicht gut genug in Sachen Leadership! Wenn Sie wirklich durchstarten wollen, insbesondere wenn Sie in der heutigen Zeit der digitalen Transformation oben mit dabei sein wollen, statt sich ins Abseits zu schießen, brauchen Sie Führungskräfte mit ganz hervorragenden Führungsqualitäten – sogenannte excellent Leader. Der Unterschied zwischen einer exzellenten und einer „nur guten“ Führungskraft ist enorm. Die wissenschaftliche Führungsforschung hat Beweise dafür, dass exzellente Führungskräfte maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben und gar die Firmengewinne verdoppeln.

Konkret zeigen die Studien der US-amerikanischen Führungsforscher Jack Zenger und Joseph Folkman den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Führungsqualität und Unternehmensprofit: Basierend auf rund 200.000 Bewertungsdatensätzen von 20.000 Managern haben die Leadership-Experten herausgefunden, dass die 10% der Führungskräfte, die als außergewöhnlich gut eingestuft werden, einen Gewinn erzeugen, der mehr als das Doppelte des Durchschnittsgewinn der übrigen 90% beträgt.

Fähigkeit zur Inspiration anderer Menschen überstrahlt alles

Solche herausragenden Führungskräfte sind in Deutschland leider rar. Auch das haben die Analysen von Zenger und Folkman ergeben. Denn die wichtigste Schlüsselkompetenz für excellent Leadership schlechthin ist beim Großteil der deutschen Manager schlicht zu wenig ausgeprägt: die Fähigkeit, Menschen zu inspirieren. In den USA wird die Kompetenz, Menschen inspirieren zu können, als wichtigste Fähigkeit bewertet, die eine Führungskraft haben sollte. Wer sie vollkommen beherrscht, kann damit sogar andere Führungsschwächen regelrecht „überstrahlen“. In dieser Hinsicht als Paradebeispiel dient Steve Jobs: Der Apple-Gründer war im sozialen Umgang sehr umstritten. Doch er war auf der anderen Seite so herausragend in Sachen Inszenierung, visionäres Denken und Kreativität, dass diese Stärken seine Fehler völlig überdeckt haben.

Hervorragende Führungskräfte sind rar in Deutschland

Auch hierzulande zählt die Inspirationsfähigkeit im Rating der wichtigsten Kompetenzen zu den ersten drei. Im Vergleich zu anderen Ländern schneiden die deutschen Führungskräfte bezüglich der wichtigen Inspirationskompetenz allerdings unterdurchschnittlich ab. Sie rangiert hierzulande von insgesamt 16 von Zenger und Folkman ausgemachten Führungskompetenzen auf dem zweitletzten Platz.

Doch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken; es gibt auch eine gute Nachricht: Excellence Leadership lässt sich trainieren. Und oft sind es nur feine Nuancen, die den großen Unterschied ausmachen – somit sind es auch nur kleine Stellschrauben, an denen zu drehen ist, um sich von gut zu exzellent zu steigern und eine herausragende Performance zu erzielen.

Excellence Leadership trainieren

Die Frage, die Sie sich nun sicherlich stellen werden: Wie genau lässt sich die wichtige Schlüsselkompetenz zur Inspiration entwickeln? Gäbe es nicht schon zuhauf „Inspirations-Trainings“, wenn es so einfach wäre? Natürlich ist die Sache komplexer! Laut der Forschungsarbeit von Zenger und Folkman ist Folgendes von Bedeutung: Es gibt immer bestimmte Begleitkompetenzen, die eng mit einer Schlüsselfähigkeit verwoben sind, und diese insgesamt stärken. Für die Inspirationskompetenz sind folgende drei Verhaltensweisen entscheidend:

1) Inspirierende Führungskräfte akzeptieren, dass sie eine Vorbildfunktion haben. Sie sind bereit, Veränderungen aktiv mitzugestalten und die Initiative zu ergreifen.

2) Sie verstehen, dass menschliches Verhalten zu einem Großteil von Gefühlen geprägt ist und gehen bewusst und entspannt mit Emotionen um. Ihnen ist zudem klar, dass sich Gefühle übertragen und dass sie somit auch in ihrer Position in der Lage sind, die Laune ihrer Mitarbeiter bis zur Euphorie zu heben.

3) Zusätzlich gibt es sechs spezifische Verhaltensweisen, die inspirierende Chefs situativ nutzen:

  • Sie setzen ehrgeizige Ziele
  • Sie vermitteln eine klare Vision und geben eine klare Richtung vor
  • Sie zeigen mehr Eigeninitiative als andere
  • Sie unterstützen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter
  • Sie fördern Teamarbeit und Kooperation
  • Sie zeigen Innovations- und Risikobereitschaft und unterstützen innovative Ideen.

Wer also akzeptiert, dass er eine Vorbildfunktion hat, Veränderungen aktiv mitgestaltet und häufig die Initiative ergreift, zudem versteht, dass menschliches Verhalten zu einem Großteil von Gefühlen geprägt ist und bewusst mit Emotionen umgeht, spielt ganz erheblich auf die Schlüsselkompetenz des motivierenden und inspirierenden Handelns ein. Arbeitet die Führungskraft an diesen Begleitkompetenzen, verbessert sie somit ihre Performance insgesamt – und entwickelt sich zum Exzellent Leader. Es bedarf also nur der Änderung eines Teilaspekts, um in der Gesamtheit eine große Wirkung zu erzielen.

„Kompetenzbegleiter“ in den Fokus rücken

Unternehmen wie Manager sollten die Forschungsergebnisse im Bereich Leadership nutzen. Sie stellen eine Chance dar, um besser zu werden. Denn: Die Entdeckung der Begleitkompetenzen bzw. das Wissen darum, welche „Kompetenz-Kameraden“ sich um die Schlüsselkompetenz gruppieren, ist der Knackpunkt schlechthin für die Führungskräfte-Entwicklung. Genau hier sollten Sie ansetzen. Weil Sie über diese Kompetenzbegleiter die Schlüsselkompetenzen Ihrer Führungskräfte stärken können. Das verhält sich wie bei einem Training für einen Marathonlauf: Nicht allein das immerwährende Lauftraining bringt den Marathonläufer zum Erfolg. Wichtig ist ein Crosstraining, welches auch Krafttraining und Stretching sowie Langstrecken-Schwimmen umfasst. Zudem ist eine gesunde Ernährung wichtig.

Nicht zuletzt ist es bei der Führungskräfte-Entwicklung wichtig, sich auf die Stärken des Managers und nicht auf dessen Schwächen zu konzentrieren. An drei bis vier Kompetenzen zu arbeiten, diese noch mehr hervorzubringen, ist Erfolg versprechender statt sich vorrangig auf den Abbau der Schwächen zu fokussieren – es sei denn, Letztere sind so signifikant, dass sie die guten Kompetenzen völlig überdecken. Der Gesamtansatz sollte auf jeden Fall aber lauten: Stärken stärken, statt in der Breite zu feilen. Und wie eingangs erwähnt, bedarf es dabei oft nur kleiner Verbesserungen, die aber immense Effekte nach sich ziehen.

Über den Autor

Frank M. Scheelen ist Experte für Leadership und Kompetenzmanagement sowie Gründer und Kopf der SCHEELEN® AG. „Wir fördern menschliches und unternehmerisches Wachstum“ ist die Mission seiner ganzheitlichen Unternehmensberatung, der es um die Entwicklung aller menschlichen Potenziale und Kompetenzen geht. Als Partner der US-amerikanischen Unternehmensberatung Zenger Folkman überträgt Frank M. Scheelen die Forschungserkenntnisse zum Thema „exzellente Führung“ auf den deutschsprachigen Markt. Sein fundiertes Praxiswissen gibt Frank M. Scheelen auch als Fachbuchautor, Lehrbeauftragter und Vortragsredner mit Schwerpunkt „Kompetenzmanagement“ und „Extraordinary Leadership“ weiter. (www.frank-scheelen.de, www.scheelen-institut.de)

Bilder: © Studio_East – stock.adobe.com; © SCHEELEN AG

 
Ein Artikel von
Frank M. Scheelen