Die US-Notenbank Fed schaltet im Kampf gegen die Inflation einen weiteren Gang nach oben und hat den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf die Spanne von 0,75 bis 1,0% angehoben. Es handelt sich um die stärkste Anhebung seit über 20 Jahren und sie ist bereits die zweite innerhalb kurzer Zeit. Erst im März hatte die Fed die Zinswende eingeläutet und den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht.
EZB wartet noch ab
Die Europäische Zentralbank (EZB) hingegen ist noch zögerlich. Doch es verdichten sich die Anzeichen für einen baldigen Kurswechsel. Die EZB könnte die Zinswende nun doch früher einleiten als erwartet, zumindest nach Äußerungen von EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Sie hatte gegenüber dem Handelsblatt erklärt: „Jetzt reicht es nicht mehr zu reden, wir müssen handeln.“ Und Schnabel weiter: „Aus heutiger Sicht halte ich eine Zinserhöhung im Juli für möglich.“
Zeiten extrem günstiger Immobilienkredite bald vorüber?
Laut Baufinanzierungsvermittlern wie Interhyp dürfte ein Zinsschritt der EZB das vorläufige Ende extrem günstiger Immobilienkredite besiegeln. „Eine Hauptursache der Zinswende bleibt die Inflation, die unter anderem durch corona- und kriegsbedingte Produktions- und Lieferengpässe sowie Rohstoffknappheit angeheizt wird“, erklärt Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft bei der Interhyp AG, im aktuellen Zinsbericht des Unternehmens.
Im April sind Immobilienkredite nochmals um rund 0,5 Prozentpunkte teurer geworden. Anfang Mai kosten Darlehen mit zehnjähriger Zinsfestschreibung laut Interhyp im Schnitt 2,6%. Damit haben sich die Zinsen gegenüber Anfang des Jahres verdoppelt. Immobilienkäufer bekommen dies bei der höheren monatlichen Kreditrate deutlich zu spüren.
Zinsen von 3% bis Jahresende wahrscheinlich
Nach dem Zinssprung im Frühjahr geht die Mehrheit der im Bauzins-Trendbarometer befragten Experten kurzfristig von eher gleichbleibenden bis leicht steigenden Konditionen in den kommenden Wochen aus. Bis Jahresende erwartet die Mehrheit aber ein noch höheres Zinsniveau und hält Zinsen von 3% in diesem Zeitraum für wahrscheinlich.
„Die Märkte stehen weiterhin unter dem massiven Einfluss des Ukraine-Krieges und der Corona-Pandemie. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sorgt für Lieferengpässe, höhere Rohstoffpreise und allgemeine Unsicherheit“, so Mohr. In der Folge setze die historisch hohe Inflation von mehr als 7% in der Eurozone und über 8% in den USA die Notenbanken unter Druck, die lockere Geldpolitik trotz konjunktureller Risiken zu straffen.
Was ist Immobilienkäufern zu raten?
„So wichtig die Zinsschritte der Notenbanken für die Währungsstabilität und für Sparer sind, so schmerzhaft trifft der rasante Anstieg alle Mieterinnen und Mieter, die Wohneigentum erwerben wollen“, betont die Interhyp-Vorständin. Auch Eigentümer mit laufenden Finanzierungen, die kurz vor einer Anschlussfinanzierung stehen, würden die Verdoppelung der Kreditkonditionen innerhalb weniger Wochen zu spüren bekommen.
Wer in ein bis fünf Jahren seine Anschlussfinanzierung regeln müsse, weil die Zinsbindung endet, sollte jetzt die Konditionen prüfen, so die Empfehlung von Interhyp. Kaufinteressenten rät der Baufinanzierungsvermittler zu wohlüberlegtem Handeln. Sie sollten mit Rechnern oder im Rahmen eines Beratungsgesprächs prüfen, welche Auswirkungen das aktuelle Zinsniveau für sie konkret habe. Wichtig sei bei konkretem Interesse eine gute Vorbereitung der Unterlagen für die Finanzierung. Denn derzeit könnten sie innerhalb weniger Tage durchaus unterschiedliche Monatsraten für die gleiche Darlehenssumme von Darlehensgebern angeboten bekommen. (tk)
Bild: © Tiko – stock.adobe.com
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