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25. August 2020
Fehlüberweisung von 170.000 Euro verprasst

Fehlüberweisung von 170.000 Euro verprasst

Wie sollte sich ein Bankkunde verhalten, wenn ihm versehentlich 170.000 Euro überwiesen werden? Übernachtungen im Luxushotel sowie Casino- und Bordellbesuche damit zu bezahlen, ist laut einem Urteil des LG Hannover nicht zu empfehlen. Doch war die Überweisung überhaupt ein Versehen? Zweifel sind angebracht.

Fehlüberweisungen durch eine Bank sind selten und wenn sie doch einmal geschehen, greifen die meisten Bankkunden vermutlich zum Hörer und erkundigen sich, wie das weitere Vorgehen ist. Anders jedoch bei einem jungen Mann, dem versehentlich – oder vielleicht auch absichtlich – mehr als 170.000 Euro überwiesen wurden. Er verprasste das Geld und gab an, entreichert zu sein. Doch was ist überhaupt unter einer Entreicherung zu verstehen?

(Un-)Erwarteter Geldregen

Die Auszahlungsabteilung einer Bank hatte am 18.07.2019 einen Betrag von 170.786 Euro auf das Konto eines Mannes überwiesen. Das Problem dabei war: Das Geld stand dem Mann gar nicht zu und war auch nicht für ihn vorgesehen. Eigentlich handelte es sich um ein Baufinanzierungsdarlehen für einen anderen Kunden der Bank.

Lebensgefährtin arbeitete in der Bank

Brisantes Detail: Die Lebensgefährtin des Überweisungsempfängers war bei der Bank angestellt. Interne Ermittlungen der Bank hätten nahegelegt, dass sich die Frau als eine andere Mitarbeiterin authentifiziert und die Fehlüberweisung veranlasst hatte.

Mann beruft sich auf Entreicherung

Die Bank hatte das Geld von dem Mann zurückgefordert, doch der weigerte sich. Er habe alles innerhalb von drei Tagen verprasst. Das Geld sei weg und er entreichert. Daraufhin erhob die Bank Klage gegen ihn. Vor dem Landgericht (LG) Hannover kam der Mann mit seiner Verteidigung nicht weit. Die Richter gaben der Klage der Bank statt.

Rückzahlungsanspruch war erwartbar

Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, große Teile des Geldes verprasst zu haben und entreichert zu sein. Grundsätzlich bestehe zwar die Möglichkeit, sich als entreichert zu erklären. Darauf könne sich der Beklagte jedoch nicht berufen, wenn er erklärt, 92.000 Euro durch Luxusaufwendungen verprasst zu haben. Davon allein 18.500 Euro bei einem Bordellbesuch – was unter Umständen ein interessantes Detail für die mutmaßliche Komplizin und Lebensgefährtin des Mannes sein könnte. Er habe von Anfang an damit rechnen müssen, den Betrag vollumfänglich zurückzahlen zu müssen.

Entreicherung?

Doch was ist nun Entreicherung und wer kann sich darauf berufen? Der Mann hatte sich zweifellos bereichert, jedoch ohne jemand anderen dabei zu schädigen. Die Bank kann also keinen Schadensersatz von dem Mann fordern, da er niemanden geschädigt hat. Er muss das ihm nicht zustehende Geld aber trotzdem an die Bank zurückzahlen. Es sei denn, er kann glaubhaft machen, dass er nicht mehr bereichert ist. Darauf kann sich der Schuldner jedoch nur berufen, wenn er nicht mit einer Rückabwicklung zu rechnen braucht. Im vorliegenden Fall musste er das, entschied das LG Hannover. (tku)

LG Hannover, Urteil vom 27.07.2020, Az.: 4 O 248/19

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