Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg unterstreicht die Bedeutung der zivilrechtlichen Aufarbeitung möglicher Straftaten unabhängig von strafrechtlichen Freisprüchen. Mit Entscheidung vom 20.03.2025 verurteilte der Zivilsenat einen Landwirt zur Rückzahlung von knapp 600.000 Euro nebst Zinsen an ein Versicherungsunternehmen. Der Versicherer hatte in einem Schadenfall diese Summe an die Ehefrau des Landwirts gezahlt – zu Unrecht, wie das OLG nun entschied.
Serie von Bränden und Schadenfällen – plus angebliche Verkehrsunfälle
Zwischen 1996 und 2006 kam es auf landwirtschaftlichen und privaten Anwesen des Landwirts und seiner Ehefrau zu mehreren Bränden. Die ersten drei Brände wurden von den Ermittlungsbehörden als technische Defekte eingestuft, beim Brand im Jahr 2006 wurde Brandstiftung als Ursache festgestellt. In allen Fällen leisteten die Feuerversicherer Entschädigungen.
Hinzu kamen mehrere Inanspruchnahmen von Haftpflichtversicherungen durch den Landwirt wegen angeblicher Verkehrsunfälle. Mindestens zwei dieser Fälle erwiesen sich später vor Gericht als fingiert.
Der Kern des aktuellen Rechtsstreits betrifft jedoch einen Brand im Jahr 2009 in einem Kälbermaststall auf dem Grundstück der Ehefrau. Der Versicherer zahlte daraufhin rund 600.000 Euro Versicherungsleistungen. In den Folgejahren kam es zu weiteren Bränden auf einem weiteren Grundstück des Landwirts. Der Versicherer verweigerte hier die Leistung, woraus ein erster Zivilprozess folgte. Die Gerichte gaben dem Versicherer recht und sahen den Landwirt als Verursacher der Brände an.
Strafverfahren blieb ohne Verurteilung
Die Staatsanwaltschaft erhob im Jahr 2012 Anklage gegen den Landwirt, seine Ehefrau und weitere Personen wegen Betrugs und Brandstiftung. Die große Strafkammer des Landgerichts Oldenburg sprach die Angeklagten jedoch frei. Zwar hielt das Gericht eine Beteiligung für möglich, die für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche Sicherheit konnte aber nicht festgestellt werden.
Zivilrechtliche Haftung bejaht
Ungeachtet des strafrechtlichen Freispruchs verlangte die Klägerin im nun entschiedenen Verfahren die Rückzahlung der 600.000 Euro – diesmal gestützt auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen. Während das Landgericht Oldenburg die Klage zunächst noch abwies, kam das OLG nach umfassender Beweisaufnahme zu einem anderen Ergebnis.
Der Senat sah es als erwiesen an, dass der Landwirt den Brand in dem Kälbermaststall im Jahr 2009 gezielt herbeiführte, indem er einen Dritten mit der Brandlegung beauftragte und selbst an den Vorbereitungen beteiligt war. Damit habe er sich des Versicherungsmissbrauchs gemäß § 265 Abs. 1 StGB schuldig gemacht – zivilrechtlich relevant in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB sowie § 826 BGB.
Dabei betonte das Gericht, dass es im Rahmen der zivilrechtlichen freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO nicht an das strafgerichtliche Urteil gebunden sei. Die Beweislast ist im Zivilprozess geringer als im Strafprozess, sodass eine Haftung auch bei einem strafrechtlichen Freispruch möglich ist.
Die ebenfalls beklagte Ehefrau des Landwirts muss den Betrag nicht zurückzahlen. Der Senat konnte nicht feststellen, dass sie aktiv am Versicherungsbetrug beteiligt war.
OLG Oldenburg, Urteil vom 20.03.2025 – Az: 1 U 229/20
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können