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Finanzen
11. Juli 2022
Finanzstabilität: Wohnimmobilien sind drastisch überbewertet

Finanzstabilität: Wohnimmobilien sind drastisch überbewertet

Die Risiken im deutschen Finanzsystem steigen. Zu diesem Ergebnis kommt der Ausschuss für Finanzstabilität in seinem aktuellen Bericht. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Markt für Wohnimmobilien. Den Versicherungssektor hingegen brächte nur ein abrupter Zinsanstieg ins Wanken.

Der Ausschuss für Finanzstabilität hat seinen neunten Bericht vorgelegt. Das Fazit des Berichts: Das deutsche Finanzsystem ist instabiler geworden. Verwundbarkeiten, die bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie bestanden hätten, hätten sich weiter intensiviert.

Aufschwung musste ausfallen

Des Weiteren sei der für 2022 erwartete kräftige Wirtschaftsaufschwung wegen des Ukraine-Krieges nicht zustande gekommen. Der Krieg, die Sanktionen sowie die Gegenmaßnahmen von russischer Seite hätten insbesondere das Risiko für eine Stagflation in Deutschland deutlich steigen lassen – also eine Phase mit ausbleibenden und niedrigem Wirtschaftswachstum und hoher Inflation.

Wohnimmobilien sind bis zu 35% überbewertet

Gerade auf dem Wohnimmobilienmarkt sieht der Ausschuss gestiegene Risiken. Wohnimmobilien in Deutschland seien zwischen 20 und 35% überbewertet. Zugleich habe der Bestand an Immobilienkrediten bei deutschen Banken zugenommen.

Kreditausfälle würden Banken belasten

Fallende Preise bei Wohnimmobilien könnten demzufolge in Verbindung mit einem Wirtschaftseinbruch dazu führen, dass zahlreiche Kredite ausfielen und die Kapitalquoten der Banken belastet würden.

Versicherer sind widerstandsfähig

Im deutschen Versicherungssektor sieht es laut Finanzstabilitätsbericht hingegen weniger dramatisch aus. Der russische Angriff auf die Ukraine habe sich nur begrenzt auf die deutschen Versicherungsunternehmen ausgewirkt. Außerdem profitierten die Gesellschaften von moderat steigenden Zinsen und auch im EIOPA-Stresstest hätten sie sich gut geschlagen – wenngleich auch Schwächen offenbar wurden.

Abrupter Zinsanstieg könnte Schock auslösen

Während eine moderate Zinserhöhung aber im Sinne der Versicherer ist, wäre ein starker bzw. abrupter Zinsanstieg jedoch mit Liquiditätsrisiken für die Gesellschaften verbunden. In einem solchen Fall wäre eine Stornozunahme nicht auszuschließen. Ein solches Szenario würde drohen, wenn die Umlaufrendite von Bundesanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit kurz- bis mittelfristig über 3% stiegen.

Marktwert könnte unter Rückkaufswert sinken

Das hätte zur Folge, dass der Marktwert der festverzinslichen Kapitalanlagen im Portfolio der Lebensversicherer sinken würde. Die Kunden in Deutschland haben jedoch die Option, ihre Verträge jederzeit zu einem festen Rückkaufswert zu kündigen. Im Falle eines starken Zinsanstiegs könnte der Marktwert der Kapitalanlagen nach Ansicht des Ausschusses für Finanzstabilität so weit sinken, dass die Rückkaufswerte zu Marktwerten nicht mehr voll kapitalgedeckt wären.

Schock könnte übergreifen

Damit entstünden Anreize für die Versicherungsnehmer, ihre Verträge zu kündigen. Die Lebensversicherer wiederum wären in diesem Fall gezwungen, Vermögenswerte zu veräußern. Sie würden damit einen etwaigen Preisrückgang bei betroffenen Vermögenswerten verstärken und prozyklisch agieren. Zudem könnten sie ihre Kapitalanlagen bei Banken und Investmentfonds abziehen und so den Schock auf weitere Teile des Finanzsystems übertragen. (tku)

Bild: © Suppachok N – stock.adobe.com