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18. Juli 2023
Fokusgruppe private Altersvorsorge: Riester ja, Staatsfonds nein
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Fokusgruppe private Altersvorsorge: Riester ja, Staatsfonds nein

Die Fokusgruppe private Altersvorsorge hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Demnach soll an der Riester-Rente festgehalten werden, wenn auch unter veränderten Bedingungen. Insgesamt sollen private Altersvorsorgeprodukte vereinfacht werden – und größere Risiken zugunsten höherer Renditen zulassen. Einem Staatsfonds erteilt die Kommission eine Absage.

Die Bundesregierung strebt eine „grundlegende Reform“ der privaten Altersvorsorge an. Seit Januar 2023 prüft dafür die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“, in welche Richtung die Reformen gehen könnten (AssCompact berichtete) – nun haben die Experten der Fokusgruppe ihren 132-seitigen Abschlussbericht vorgelegt. Auch zahlreiche Verbände wie der GDV und der BVI hatten eigene Konzepte entwickelt, die die Fokusgruppe in ihre Prüfung einbezogen hat.

Anreize zum Sparen sollen bereits in jungen Jahren gesetzt werden

Die angestrebte Reform vonseiten der Bundesregierung solle auf eine „möglichst einfache, transparente und gut erklärbare private Altersvorsorge hinwirken“, so der Bericht. Grundsätzlich spricht sich die Fokusgruppe für den Erhalt der Riester-Förderung aus und für besonders hohe Förderquoten für untere Einkommensgruppen, junge Menschen, Familien und Auszubildende. Damit soll unter anderem ein Anreize geschaffen werden, bereits in jungen Jahren fürs Alter zu sparen. Zudem schlägt die Fokusgruppe vor, bisherige Produkte zu standardisieren und zu vereinfachen.

Perspektivisch, heißt es weiter, solle die geförderte private Altersvorsorge allen Erwerbstätigen, also auch Selbstständigen, offenstehen. Diese sollen spätestens dann mit einbezogen werden, wenn eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung – wenn auch mit Möglichkeit eines Opt-outs – eingerichtet wird.

Garantieanforderungen bei Fondsprodukten sollen fallen

Um höhere Renditen als bei den bisherigen Riester-Verträgen zu erreichen, sollen künftig auch risikoreichere Varianten angeboten werden. Ein Vorschlag geht dahin, ein förderfähiges und zertifiziertes Altersvorsorgedepot ohne Garantien zuzulassen, bei dem das Geld beispielsweise in börsengehandelte Indexfonds (ETFs) angelegt wird. Um die staatliche Förderung zu erhalten, müsste das Depot dann bis zum Erreichen des Rentenalters bestehen bleiben.

Auch bei Versicherungsprodukten sollen Sparer künftig mehr Risiken eingehen können – die Garantieanforderungen bei Fondsprodukten sowie reinen fondsgebundenen Versicherungsprodukten würden entfallen. So können Versicherer die Beiträge mit höherem Risiko am Kapitalmarkt investieren. Sicherheitsorientierte Anleger sollen nach Ansicht der Fokusgruppe auch in Zukunft weiterhin Produkte mit Garantien abschließen können.

Mehr Flexibilität bei Auszahlung, Anbieterwechsel

Auszahlungsmöglichkeiten würden in Zukunft flexibler gestaltet werden, um auf individuelle Bedürfnisse einzugehen, wenn es nach den Experten der Fokusgruppe geht– so könnten künftig auch Teilauszahlungen, Auszahlungspläne sowie Investitionen in eine selbst genutzte Immobilie möglich sein.

Der Wechsel zwischen Anbietern soll ebenfalls erleichtert werden. Um dies zu gewährleisten, schlagen die Experten die Kreation einer unabhängigen, digitalen und kostenlos zugänglichen Vergleichsplattform vor, auf der Anbieter die Informationen zu ihren Produkten preisgeben, beispielsweise die Abschluss- und Verwaltungskosten. Dies würde auch zu mehr Wettbewerb und Effizienz beitragen, so der Bericht.

Zu Beginn der Ansparphase als auch vor Beginn der Auszahlungsphase sollte auch eine „zusätzliche unabhängige und individuelle Altersvorsorgeberatung“ erfolgen.

Absage an Staatsfonds

Ein öffentlich verantworteter Fonds, so wie ihn Grüne und SPD ins Gespräch gebracht haben, erteilt die Fokusgruppe nach „kontroverser Diskussion“ allerdings eine Absage. Bei einem solchen Fonds hätte jeder Arbeitnehmer automatisch in eine private Vorsorge eingezahlt, die über den Arbeitgeber eingerichtet wird, außer der Teilnahme wird ausdrücklich widersprochen.

Bestehende Verträge weiterhin gültig

Für derzeit bestehende Riester-Verträge ändere sich durch die Vorschläge nichts, so der Bericht. Sie bleiben, auch aus rechtlichen Gründen, weiterhin bestehen. Spätere Anpassungen setze den Konsens zwischen den Vertragspartnern voraus.

Das Ziel einer Reform der privaten Altersvorsorge sollte es aus Sicht der Mehrheit der Fokusgruppe sein, ein effizientes Angebot zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt für breite Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Allerdings, so der Bericht weiter, ist dies nur für Bürger und Bürgerinnen möglich, die über eine „hinreichende Sparfähigkeit verfügen“ – für diejenigen, bei denen kein finanzieller Spielraum vorhanden ist, ist nach wie vor eine Absicherung über die gesetzliche Rentenversicherung entscheidend.

Angesichts des demografischen Wandels sei es dringend an der Zeit, kapitalgedeckte Instrumente in der Rente auszubauen, so der Vorsitzende der Fokusgruppe, Dr. Floran Toncar. Der Bericht soll nun zeitnah dem Bundeskabinett vorgelegt werden. „Der Abschlussbericht ist eine gute Grundlage für die anstehende Arbeit an einem Gesetzesentwurf“, so Toncar weiter. (js)

Reaktionen auf die Reformvorschläge der Fokusgruppe finden Sie hier.

Bild: © Jacob Lund – stock.adobe.com