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5. Juli 2023
Fondsbranche: Greenwashing-Vorwürfe schaden Entwicklung
Greenwashing concept with cardboard factory being painted green

Fondsbranche: Greenwashing-Vorwürfe schaden Entwicklung

Das FNG hat den Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2023 präsentiert. Auch wenn es sich demnach bei nachhaltigen Kapitalanlagen weiterhin um einen Wachstumsmarkt handelt, sieht die Fondsbranche Gefahren und Verbesserungspotenzial beim Vertrieb grüner Anlageprodukte.

Die Fondsbranche ist sich einig: Die vermehrt aufkommenden Greenwashing-Vorwürfe rund um nachhaltige Kapitalanlagen könnten der künftigen Entwicklung erheblich schaden. Das belegt der aktuelle Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2023, den das Forum Nachhaltige Geldanlagen e. V. (FNG) im Rahmen eines Pressegesprächs präsentiert hat.

Schlechte Kommunikation ist Hauptursache

Doch warum überhaupt kommt es immer wieder zu neuen Greenwashing-Vorwürfen? Das wollte das FNG genauer wissen und hat die 56 Teilnehmer, die dem Marktbericht ihre Zahlen, Daten und Informationen liefern, dazu befragt. Nach Einschätzung der Befragten ist „schlechte Kommunikation“ die Hauptursache für Greenwashing-Vorfälle. Aber auch ein fehlendes Praxisverständis, die Medienberichterstattung und unbewusste Fehldarstellungen seitens der Anbieter können die Auslöser für Greenwashing-Vorwürfe sein. Interessant: Fehlende eindeutige Definitionen einer nachhaltigen Geldanlage oder etwa fehlende Standards rangieren in der Liste ganz unten.

Nachhaltige Geldanlagen sind weiterhin auf Wachstumskurs

Abgesehen davon präsentierte das FNG natürlich auch die nackten Zahlen. Und die sehen im Vergleich zur Gesamtbranche dann doch recht erfreulich aus. Das Marktvolumen laut FNG-Definition erreichte nämlich Ende 2022 in Deutschland mit einem Zuwachs von 15% eine neue Rekordmarke in Höhe von 578 Mrd. Euro. Dazu zählen Anlagen in nachhaltigen Publikumsfonds, Mandaten und Spezialfonds sowie nachhaltig verwaltete Kundeneinlagen und Eigenanlagen. Besonders im Bereich der Publikumsfonds verzeichnet die Branche hohe Zuwächse. Das Volumen stieg hier um 29% auf 317 Mrd. Euro.

Insgesamt aber fiel damit das jährliche Wachstum geringer aus als in den Vorjahren. „Das vergangene Jahr war von vielen Unsicherheiten geprägt. Zudem belastete das schwierige Börsenjahr. Mehrere wissenschaftliche Studien belegen [allerdings], dass nachhaltige Geldanlagen krisenresistenter als konventionelle Produkte sind. Sie sind weiterhin sehr gefragt“, resümiert Bernhard Engl, Vorstandsvorsitzender des FNG. Der Marktanteil nachhaltiger Kapitalanlagen legte laut FNG auf 12,5% deutlich zu (2021: 9,4%).

Insgesamt blicken die Befragten auch positiv in die Zukunft. 80% erwarten für das laufende Jahr erneut ein Wachstum, lediglich knapp 12% rechnen mit einem Rückgang und weitere rund 8% mit einem gleichbleibenden Volumen.

Klassifizierungsstandard scheint sich langsam zu ergeben

Doch welche Klassifizierung zieht die Fondsbranche heran, um einen Fonds überhaupt als nachhaltig zu definieren? Hier scheint sich laut aktuellem Marktbericht ein Standard innerhalb der befragten Fondsbranche herauszukristallisieren. 2022 bestätigten sich nämlich die sogenannten Principal Adverse Impact Indicators (PAIs) als Mittel der Wahl, damit ein Fonds als nachhaltig gelten kann.

Die PAIs sollen potenziell negative Auswirkungen einer Investitionsentscheidung berücksichtigen wie die Verursachung von Treibhausgasemissionen, der Einfluss auf Arbeitsbedingungen, aber auch die Achtung von Menschenrechten oder der Rechtsstaatlichkeit. In der aktuellen Befragung zeigt sich zudem, dass die PAIs vor allem in Kombination mit den Definitionen in der EU-Offenlegungsverordnung dafür angewendet werden. Dahingegen spielen die Vorgaben aus der EU-Taxonomie derzeit keine Rolle für die Deklarierung eines Fonds.

Hier sehen die Befragten Verbesserungspotenzial beim Vertrieb

Was unterdessen die Umsetzung der Vorgaben in der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) in der Beratung angeht, ergibt sich ein geteiltes Bild. Die Hälfte der Befragten ist skeptisch, ob die Kunden ihre Präferenzen im Rahmen der geltenden Vorgaben klar äußern können. Bemerkenswert ist, dass zwei Drittel der Befragten in der oft beklagten Einschränkung des Investmentuniversums nach Angabe einer Nachhaltigkeitspräferenz eher kein Hindernis sehen und davon ausgehen, dass sich Nachhaltigkeit in der Anlageberatung dennoch weiter durchsetzen wird.

Über mögliche Verbesserungen bei der Umsetzung für Anleger sind sich die befragten Finanzmarktteilnehmer hingegen weitgehend einig. Am drängendsten erscheinen die Vereinfachung der Abfrage, die Förderung von Wissen und Verständnis über nachhaltige Kapitalanlagen sowohl auf Kunden- als auch auf Beraterseite sowie die Förderung der Bekanntheit von Nachhaltigkeitssiegeln. (as)

Bild: © Firn – stock.adobe.com