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9. Februar 2023
Fondseinstufungen nach Artikel 8 und 9 SFDR kein Gütesiegel

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Fondseinstufungen nach Artikel 8 und 9 SFDR kein Gütesiegel

Woran krankt die Einstufung in der Praxis?

Die EU hat im Rahmen ihres Green Deals eine Reihe von Verordnungen erlassen, die sich mit Nachhaltigkeit befassen. In Artikel 2 Absatz 17 der Offenlegungsverordnung steht: „… nachhaltige Investition (bezeichnet) eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die zur Erreichung eines Umweltziels beiträgt … oder eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die zur Erreichung eines sozialen Ziels beiträgt … vorausgesetzt, dass diese Investitionen keines dieser Ziele erheblich beeinträchtigen.“

Bei der Definition gibt es drei große Knackpunkte:

  • „eines Umweltziels“ – In der Praxis heißt das beispielsweise: Ein Solarzellenhersteller, der besonders viel Wasser verbraucht und überdurchschnittlich viele Arbeitsunfälle hat, ist für einen Fonds, der nur den Klimawandel bekämpfen soll, gut geeignet. Er darf nur keinen „erheblichen Schaden“ anrichten. Was genau „erheblicher Schaden“ bedeutet, darf jeder Produktanbieter einstweilen selbst entscheiden. Ganzheitlichkeit ist nicht vorgegeben.
  • „wirtschaftliche Tätigkeit“ – Die EU klassifiziert nicht Unternehmen als solche, sondern ihre wirtschaftlichen Aktivitäten wie die Produktion von Stahl oder Strom. Da es zehntausende Produkte und Dienstleistungen gibt, die Taxonomie der EU aber nur für einen kleinen Bruchteil Nachhaltigkeit spezifiziert, lassen sich nur wenige Unternehmen nach der Taxonomie vollständig bewerten, rund 5%. Für die übrigen 95% ergibt die Anwendung der Taxonomie Ergebnisse wie „3% der wirtschaftlichen Aktivitäten sind nachhaltig, 2% nicht nachhaltig, 95% nicht nach Taxonomie einstufbar“. Hinzu kommt: Die Taxonomie existiert bisher erst für Umweltaspekte. Für soziale Aspekte liegt sie noch gar nicht vor. Es lässt sich somit einstweilen kein einziges Unternehmen nach der Taxonomie als sozial nachhaltig einstufen. Deshalb können sich Fondsgesellschaften schlecht auf die Taxonomie in ihrem jetzigen unfertigen Zustand stützen. Eine Analyse von Morningstar aus dem Juli 2022 zeigte entsprechend, dass nur 27% der Artikel-8/9-Fonds überhaupt einen Mindestanteil taxonomiekonformer Investments angaben. Von diesen wiederum bezifferten 90% der Fonds diese Quote auf null.
  • Die Klassifizierung wird von den Produktanbietern selbst vorgenommen, nicht von einer neutralen Instanz. Sie ist also kein Gütesiegel. Artikel 8 und 9 stammen aus der Offenlegungsverordnung, nicht aus einer Green-Label-Verordnung. Die Klassifizierung ist somit nicht als Qualitätsstempel zu verstehen.
 
Ein Artikel von
Dr. Dirk Rathjen