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22. März 2022
Fondsfrauen und herMoney: Netzwerk und Finanzen für Frauen
Female financial consultant manager talking with a client at the bank

Fondsfrauen und herMoney: Netzwerk und Finanzen für Frauen

Die Fondsfrauen bieten Frauen eine Plattform für Karriere und Austausch, mit Events und Mentoring-Programmen. Gegründet wurde das Netzwerk unter anderem von Anne Connelly, die auch das Finanzportal herMoney betreibt. Im Interview spricht sie über Karriere, Gründung, Nachwuchsförderung und Diversity.

Interview mit Anne E. Connelly, Geschäftsführerin der Fondsfrauen GmbH und der Her Money GmbH
Frau Connelly, die Fondsfrauen gibt es seit 2015. Wie sehen Sie die Entwicklung seit der Gründung?

Wir sind überwältigt, wie unser Angebot angenommen wurde und wird! Vom ersten Event an hatten wir ein volles Haus. Erstmals hatten die Frauen in der Branche eine Plattform, um sich kennenzulernen und sich auszutauschen. Aus diesen Anfängen hat sich eine Bewegung etabliert, die aus der Fonds- und Finanzbranche nicht mehr wegzudenken ist. Inzwischen sind wir das größte Karrierenetzwerk für Frauen in D-A-CH und Luxemburg mit knapp 3.000 registrierten Frauen. Unser Angebot umfasst heute Programme für den Nachwuchs, jährliches Mentoring, unsere Fondsfrauen Awards, einen regelmäßigen Newsletter und viele digitale Formate, die uns in der Pandemie zu noch mehr Engagement untereinander verholfen haben.

Mit unseren unabhängigen Studien schauen wir regelmäßig, wie es um Gender Diversity in der Branche steht, und nutzen dies, um unser Angebot zu optimieren. Das Interesse seitens der Unternehmen an diesem Thema ist rasant gestiegen. Inzwischen verzeichnen wir fast 60 Firmen, die unsere Mission unterstützen, und sehen erste Erfolge, mehr Frauen einzustellen und zu befördern. Gender Diversity ist in der Branche definitiv angekommen. Jedoch mangelt es noch an festen Zielgrößen auf Unternehmensebene für nachhaltige Ergebnisse.

Was war Ihre persönliche Motivation bei der Gründung der Fondsfrauen?

In meiner langjährigen Karriere war ich eine der wenigen Frauen, die im Vertrieb und im Top-Management tätig war und die dazu noch Mutter von zwei Kindern ist, die Vollzeit gearbeitet hat. Dass ich Kind und Karriere vereinen kann, habe ich während meiner Zeit in den USA gesehen und für mich wie selbstverständlich umgesetzt. Im Laufe der Zeit habe ich mich gefragt: Wo sind eigentlich andere Frauen, die es mir gleichtun? Warum sind generell so wenige Frauen im Finanzbereich beruflich engagiert? Was machen wir in der Branche eigentlich für Frauen? Meine Antwort darauf war die Gründung der Fondsfrauen gemeinsam mit meinen Partnerinnen Anke Dembowski und Manuela Fröhlich. Es wurde Zeit, dass wir den Frauen eine Plattform geben und herausfinden, wie wir mehr Frauen für eine Karriere in der Finanzbranche gewinnen und halten können.

Was sind denn klassische Karrierewege in einer Investmentgesellschaft? Und wie können es (mehr) Frauen in Führungspositionen schaffen?

Gegenfrage: Gibt es noch klassische Karrierewege? In Zeiten von flachen Hierarchien und Matrix-Strukturen ist eine Karriere mit einem Eckbüro und einem großen Firmenauto, in der man ein großes Team zu managen zum Ziel hat, nicht mehr zeitgemäß. Karrieren dürfen heute gerne in Wellen verlaufen, sodass sich dies der Lebenswirklichkeit der Menschen mehr anpasst. Es sollte kein Manko sein, in Teilzeit zu führen, eine Karriere als Expertin oder Experte zu machen oder nach einer familiären Pause wieder einzusteigen. Das alles begünstigt die Erwerbsbiografien von Frauen und auch von Männern.

Um mehr Frauen in Führung zu bringen, bedarf es einer Offenheit zu den eben beschriebenen Arbeitsformen. Es bedarf eines Commitments seitens des Top-­Managements, mehr Frauen einzustellen und zu fördern. Dies gelingt jedoch nur, indem hausinterne Vorgaben für Gender Diversity als Ziele gesetzt, diese transparent gemacht und mit HR-Maßnahmen unterlegt und nachgefasst werden. Wichtig ist, dass dieses Element Bestandteil bei der Zielvereinbarung der Managerinnen und Manager ist. Dann geht es erfahrungsgemäß recht flott.

Die Fondsfrauen bieten ein Mentoring-Programm für ihre Mitglieder an. Was erreichen Frauen durch das Programm?

Es ist ein tolles Instrument, um sich von erfahrenen Managerinnen Tipps für die eigene Karriere zu holen. Wie man zum Beispiel gezielt den nächsten Karriereschritt angehen kann, wie man die Elternzeit und den Wiedereinstieg sinnvoll plant oder wie man mit gebrochenen Versprechen seitens des Arbeitgebers oder Vorgesetzten umgehen soll. All das findet außerhalb des Unternehmens statt, in dem die Mentee arbeitet. Somit ist das ein geschützter Raum, wo frau Rat bekommt und einen Blick von außen. Daraus haben sich häufig Freundschaften gebildet, die weit über das Mentoring hinausgehen.

Um noch einmal einen Schritt im Berufsweg zurück­zugehen: Welche Ausbildungsmöglichkeiten sehen Sie für junge Frauen in der Finanzbranche oder welche Wege empfehlen Sie?

Heute ist die Grundlage für eine Karriere mindestens ein Bachelor-Studium, ein Master ist noch besser. Das öffnet die Tore in die meisten Finanzhäuser. Welchen Weg sie dann einschlagen, kann man durch eine Werkstudententätigkeit oder ein duales Studium schon gut herausfinden. Empfehlenswert ist ein CFA oder Ähnliches, wenn man im Portfoliobereich tätig sein möchte. Auch ein CFP ist eine gute Idee, vor allem für die Beraterinnen, von denen es immer noch zu wenige gibt.

Sehen Sie in Deutschland einen Unterschied zum Ausland? Diversität hat sich international in Unternehmen schon weiter durchgesetzt. Was können deutsche Unternehmen in diesem Punkt noch lernen?

Diversität in unterschiedlichster Ausprägung anzustreben und zu leben, ist bei internationalen Häusern, allen voran in den USA und UK, inzwischen Standard. Es ist in allen Unternehmensbereichen integriert und wird mit HR-Maßnahmen sowie internen und externen Netzwerken flankiert. Nachhaltig Diversity-Maßnahmen in einer Firma zu integrieren, sollte hierzulande Standard werden.

Gemischte Teams machen Unternehmen „besser“, sagen unter anderem auch die Fondsfrauen auf ihrer Website. Nennen Sie uns doch bitte dafür ein paar Beispiele.

Dazu gibt es mehrere renommierte Studien. Nehmen wir die von Credit Suisse aus dem Jahr 2012, die 2.360 Unternehmen auf der ganzen Welt einbezog. Das Ergebnis: Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand erwirtschaften höhere Renditen. Im Jahr 2015 wiederholte CS noch einmal ihre Studie, diesmal mit 3.000 Unternehmen. Das Ergebnis sprach abermals für mehr Frauen in der Chefetage. Wer mindestens eine Frau im Vorstand hatte, verzeichnete eine deutlich höhere Eigenkapitalrendite: 14,1% seit 2005, während Unternehmen mit einem rein männlichen Verwaltungsrat einen Wert von 11,2% auswiesen.

Welche Verhaltensmuster müssten sich noch ändern? Und wessen Verhaltensmuster sind das? Die der Frauen? Die der Männer?

Wir wissen aus unserer Studie „Fearless Girls“, dass Frauen abgeschreckt sind von der männlichen Übermacht in der Finanzbranche und den damit einhergehenden Verhaltensweisen. Gruppendynamik und -verhalten ändern sich, wenn mindestens 30% des jeweils anderen Geschlechts anwesend sind. Somit ändern sich Verhaltensweisen, wenn Teams besser durchmischt sind.

Kann denn der Trend zur sogenannten „New Work“ etwas bewirken? Ist das vielleicht sogar die Lösung einiger Probleme?

Absolut. Denn Männer und Frauen können gleichermaßen örtlich und zeitlich flexibel arbeiten und erkennen die Vorzüge. Unternehmen, die den Trend nutzen und aktiv mitgestalten, werden gewinnen – und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleich mit.

Noch einmal zurück zum Karrierenetzwerk. Was planen denn die Fondsfrauen in den nächsten Monaten?

Wir wollen Frauen aktiver mit einem neu formierten Arbeitskreis für den Beruf des Financial Planners begeistern. Neben der Nachwuchsinitiative gibt es vermehrt Senior-Frauen, die sich eine Karriere nach der Karriere wünschen. Dabei wollen wir sie unterstützen. Unsere beliebten Digital Lunches finden regelmäßig statt, auch unsere Sommerfeste. Wir freuen uns, viele dann wieder persönlich zu sehen.

Frau Connelly, Sie betreiben mit hermoney.de auch ein Finanz­portal für Frauen. Warum braucht es auch heute noch getrennte Informationsangebote für Frauen?

Die gängigen Publikationen wurden und werden zu weit über 80% von Männern gelesen. Frauen fühlen sich dort nicht abgeholt. Es brauchte daher einen Ansatz, um Frauen zu erreichen. Das haben wir mit herMoney geschafft, wir sind die größte Frauenfinanzwebsite in Deutschland.

Wenn man hier überleitet zur Beratung: Ist geschlechtergetrennte Finanzberatung eine Zukunfts­perspektive und ist es gerade so gewollt, das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen beim Thema „Finanzen“ auch durch getrennte Beratung abzudecken?

Fakt ist, dass die auf Frauen konzentrierten Beraterinnen sehr erfolgreich sind, auch Männer lassen sich dort gerne beraten. Der Erfolg liegt primär daran, dass eine Beratung stattfindet. Ein Produkt, das zur Kundin passt und mit dem sie sich wohlfühlt, ist das Ergebnis der Beratung. Der Produktverkauf an sich steht nicht im Vordergrund. Wer sich darauf konzentriert, ist bei Frauen und Männern gleichermaßen erfolgreich.

Wie gehen Frauen denn mit Geldanlagen um? Investieren sie weniger und anders? Oder gar nicht?

Die soeben erschienene Studie von BNY Mellon bestätigt, was wir wissen: Nur 25% der Frauen hierzulande haben ein gutes Gefühl, ihr Geld anzulegen. 38% der deutschen Frauen sagen, dass es für sie zu risikoreich sei, am Aktienmarkt ihr Geld anzulegen. Da tut Aufklärung not. Frauen wollen berechtigterweise ein Produkt verstehen, bevor sie investieren, und sie bevorzugen Geldanlagen mit einer positiven Wirkung. Wir von herMoney setzen genau da an und vermitteln Wissen und bestärken sie, Entscheidungen zu treffen und ihr Geld zu investieren mit einer Strategie.

Der Gender Investment Gap besteht also?

Ja.

Wie können Makler und Makle­rinnen bzw. Finanzberater und Finanzberaterinnen das nutzen? Sie kennen den Vertrieb ja aus eigener Erfahrung.

Indem sie auf die Bedürfnisse der Frauen eingehen und beraten, anstatt zu verkaufen. Die zufriedenen Kundinnen danken es ihnen mit Empfehlungen.

Über Fondsfrauen und herMoney

Das Fondsfrauen-Netzwerk besteht seit 2015. Gegründet wurde es von Anne E. Connelly, die auch die Idee zur Gründung hatte, Anke Dembowski und Manuela Fröhlich. Alle drei kommen aus der Investmentfondsbranche. Dem Netzwerk haben sich laut Angaben der Fondsfrauen knapp 3.000 Frauen und über 60 Firmen aus dem gesamten Finanzsektor angeschlossen. Die Fondsfrauen verstehen sich als „das größte deutschsprachige Karrierenetzwerk zur Förderung und Gleichstellung von Frauen in der Finanzindustrie“.

Das Netzwerk setzt sich unter anderem für eine ausgeglichene Work-Life-Balance ein und motiviert Frauen, die Karrieren anzustreben, die sie sich wünschen. Die Fondsfrauen stehen für gleiche Karrierechancen für Frauen und Männer. Sie befürworten gemischte Teams, da diese gemäß der Fondsfrauen-Website nachweislich bessere unternehmerische Leistungen erbringen. Zudem wollen sie Frauen durch den Austausch im Netzwerk und die Vorstellung von weiblichen Vorbildern inspirieren. Motiviert werden sollen Frauen überdies zum Anlegen statt zum bloßen Sparen. Jährlich finden um die 20 von den Fondsfrauen organisierte Events statt.

Die Website hermoney.de wurde ebenfalls von Anne E. Connelly im Jahr 2017 gegründet. Auf dem Portal finden sich hauptsächlich Finanztipps von Frauen für Frauen. Außerdem geht es dort um Vorsorge und Karriere. Anne E. Connelly, selbst langjährig in der Investmentfondsbranche tätig, möchte Frauen dafür begeistern, sich eigenständig um ihre Finanzen zu kümmern. Des Weiteren bietet die Website zum Beispiel auch Events und Podcasts zum Thema „Finanzen“. herMoney bezeichnet sich selbst als unabhängiges Finanzportal für Frauen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2022, S. 86 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © kerkezz – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Anne E. Connelly