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6. Mai 2020
Forschungsbericht wirft neues Licht auf Altersvorsorgepflicht für Selbstständige

Forschungsbericht wirft neues Licht auf Altersvorsorgepflicht für Selbstständige

Selbstständige haben besonders mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu kämpfen. Die Bundesregierung befürchtet, dass nicht obligatorisch Versicherten auch ohne Corona zu wenig für die Altersvorsorge bleibt. Sie will daher noch 2020 eine Vorsorgepflicht für Selbstständige einführen. Doch tun diese tatsächlich so wenig, um vorzusorgen? Ein Bericht des Arbeitsministeriums bringt Erkenntnisse.

Es kommt neue Bewegung in die Diskussion um eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige. Zuletzt hieß es aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der anfänglich für Ende 2019 geplante Gesetzesentwurf sei auf unbestimmte Zeit verschoben (AssCompact berichtete). Experten gehen aber davon aus, dass die Altersvorsorgepflicht als ein Kernthema des Koalitionsvertrages noch in diesem Jahr kommt. Und die Coronakrise könnte das Thema in seiner Dringlichkeit zusätzlich befeuern. Das Bundesarbeitsministerium hat nun auch einen neuen Forschungsbericht zur Erwerbstätigkeit von Selbstständigen in Deutschland veröffentlicht. Dieser rückt die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil zumindest in ein etwas neues, klareres Licht.

Sind Solo-Selbstständige besonders von Altersarmut bedroht?

Die empirische Bestandsaufnahme, die vom Institute of Labor Economics (IZA) durchgeführt wurde, berichtet über aktuelle Entwicklungen der Selbstständigkeit in Deutschland. Demnach beläuft sich die Zahl der Selbstständigen in Deutschland derzeit auf knapp über vier Millionen. Schätzungsweise rund drei Millionen davon wären laut des Berichts vom geplanten Gesetzesentwurf des Arbeitsministers betroffen. Dieser sieht vor, dass innerhalb der Amtszeit der Großen Koalition eine Altersvorsorgepflicht für diejenigen Selbstständigen eingeführt werden soll, die nicht anderweitig verpflichtend zum Beispiel in ein berufsständisches Versorgungswerk einzahlen. Grundlage für das Vorhaben ist die Sorge vor Altersarmut. Für Selbstständige sei das Risiko dafür erheblich, warnt beispielsweise der letzte Alterssicherungsbericht der Bundesregierung. Besonders gefährdet sind demnach die sogenannten Solo-Selbstständigen ohne Angestellte.

Die Frage, deren Antwort sich auch der Forschungsbericht des BMAS zu nähern versucht und nicht abschließend beantworten kann, ist: Wie armutsgefährdet sind Selbstständige für das Alter wirklich? Inwiefern können niedrige Einkommen im Hinblick auf die Altersvorsorge anderweitig ausgeglichen werden?

Kaum Spareinlagen

Der Bericht zeigt deutlich, dass vor allem Solo-Selbstständige ihr Vermögen am wenigsten durch Spareinlagen bilden. So geben rund 66% von ihnen an, überhaupt keine Vermögensbildung durch Spareinlagen vorzunehmen oder vornehmen zu können. Dieser Anteil ist allerdings auch bei abhängig Beschäftigten mit rund 61% recht hoch und auch 54% der Selbstständigen mit Beschäftigten nehmen überhaupt keine Vermögensbildung durch Spareinlagen vor. Solo-Selbstständige befinden sich laut des Berichts auch insgesamt auf mittlerer Position zwischen Selbstständigen mit Beschäftigten und abhängig Beschäftigten, was die Struktur ihres gesamten Vermögensbesitzes angeht.

Über die Hälfte der Selbstständigen investieren in Immobilienvermögen

Die Ergebnisse legen auf der anderen Seite aber auch nahe, dass geringere Einkommen oder stärkere Einkommensschwankungen bei Selbstständigen in nicht unerheblichem Maße durch anderweitige Ersparnisse oder Vermögensbestände ausgeglichen werden. Dies zeigt sich insbesondere beim Immobilienvermögen.

Selbstständige mit Beschäftigten sind laut des Forschungsberichts diejenigen, die mit 68% am häufigsten über selbstgenutztes Wohneigentum verfügen. 33% von ihnen nutzen ihr Wohneigentum sogar bereits schuldenfrei. Bei den Solo-Selbstständigen sind dies jeweils nur 55% beziehungsweise 27%. Am wenigsten selbstgenutztes Wohneigentum findet sich bei abhängig Beschäftigen mit 45% bzw. 16%. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Anteilen an Immobilienvermietung.

Bausparverträge und Lebensversicherungen weit verbreitet

Das Haushaltsvermögen Selbstständiger wird aber auch durch andere Wertanlagen erweitert. Rund 66% aller Selbstständigen besitzen Sparbücher oder Tagesgeldkonten, einen Bausparvertrag 40% und gut 53% verfügen über eine Lebensversicherung. Hier fällt auf, dass diese Anlageformen bei Solo-Selbstständigen am wenigsten vertreten sind. In deren Haushalten sind jedoch häufiger festverzinsliche Wertpapiere und andere Wertpapiere (gut 40%) vorhanden als in Haushalten von abhängig Beschäftigten, allerdings weniger häufig als in Haushalten von Selbstständigen mit abhängig Beschäftigten (knapp 45%).

Bei den Betriebsvermögen ist gemäß des Forschungsberichts ein deutlicher Unterschied zwischen Solo-Selbstständigen und Selbstständigen mit Angestellten zu erkennen: 18,9% gegenüber fast 52%. Nur 13,7% aller Selbstständigen geben an, über gar keine der in dem Bericht betrachteten Wertanlagen zu verfügen.

Zahl der obligatorisch Versicherten ist ungenau

Unklar bleibt weiterhin, wie hoch die Zahl der Selbstständigen tatsächlich ist, die nicht obligatorisch für das Alter abgesichert sind. Dieser Wert kann laut den Verfassern des Forschungsberichts auch weiterhin nur näherungsweise bestimmt werden. Auch ist zu erwarten, dass die Corona-Krise die Zahlen insgesamt nochmals verändern wird. Nach Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) besitzen zumindest 48% Prozent der Selbstständigen ohne gesetzliche Rentenversicherung eine Lebensversicherung und 31% eine private Rentenversicherung. Der in der EVS gemessene Anteil der Selbstständigen, der nicht aktiv bei einer gesetzlichen Rentenkasse versichert ist, beläuft sich auf 57%.

Berücksichtigung von Wertpapieren und Immobilien?

Der Gesetzesentwurf des BMAS für eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige sieht weiterhin vor, dass diese Pflicht gründerfreundlich und insolvenzsicher sein und Selbstständigen eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus sichern soll. Auch sollen die Versicherten zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und anderen insolvenzsicheren Vorsorgeformen wählen dürfen. Bisher blieb unklar, inwiefern der Besitz von Wertpapieren oder Immobilien bei einer Altersvorsorgepflicht berücksichtigt würde. Die Informationen hierzu, die aus dem Forschungsbericht hervorgehen, dürften wohl dazu beitragen, diesen Punkt zu konkretisieren. (tos)

Bild: © thodonal – stock.adobe.com

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