Ein Schritt vor, dafür woanders einen zurück – dieser Tenor geht aus der Mitteilung von Franke und Bornberg zum aktuellen Rating zur Unfallversicherung im Jahr 2025 hervor. Das Rating-Haus hat darin knapp 500 private Unfallversicherungstarife untersucht und dabei festgestellt: Fortschritte bei der Qualität, Rückschritte bei der Transparenz.
Überblick lässt zu wünschen übrig
Vor einem Jahr hatte Franke und Bornberg das Rating zur privaten Unfallversicherung deutlich gestrafft mit dem Ziel: weniger Komplexität, mehr Überblick. Doch Versicherer seien davon meilenweit entfernt, so die Rating-Agentur. Beabsichtigt oder nicht, die Versicherer würden stärker als je zuvor Intransparenz befeuern. Schuld daran seien wuchernde Vielfalt und fehlende Standards für das Kleingedruckte.
„Die GDV-Musterbedingungen für die private Unfallversicherung dienen heute für viele Versicherer bestenfalls als grobes Raster“, so Geschäftsführer Michael Franke. Insbesondere durch die vielfältigen Erweiterungen des Unfallbegriffs drifteten die Unfallbedingungen immer weiter auseinander, in der Struktur ebenso wie beim Wording. Identische Sachverhalte würden unterschiedlich benannt, fachlich zusammengehörende Passagen wirkten eher zufällig platziert oder würden thematisch vermischt. So könne sich bspw. der Einschluss von Vergiftungen je nach Anbieter sowohl bei den Erweiterungen des Unfallbegriffs als auch als Ausnahme bei den Ausschlüssen wiederfinden.
Erschwert Analysearbeit
Dieser Flickenteppich mache die Analyse von Unfall-Tarifen extrem aufwendig und zeitintensiv, meldet Franke. Das erschwere einen objektiven Vergleich und verwässere den Leistungskern der privaten Unfallversicherung. In Zukunft könne sich das rächen.
Noch zähle der GDV rund 24,8 Millionen private Unfallverträge. Das Neugeschäft stagniere jedoch seit Jahren und die Versicherten würden immer älter. Jüngere Kunden seien schwer zu erreichen. „Wenn es den Versicherern nicht gelingt, das Profil der Unfallversicherung zu schärfen, wird sie mittelfristig Kunden verlieren.“ Zudem könnten unklare Leistungsbilder Erwartungen wecken, die im Leistungsfall nicht erfüllt werden – und dann drohe laut Franke ein Imageschaden.
Unfall-Rating im Detail
Das Rating bewertet 486 Tarife von 93 Gesellschaften in 18 Untersuchungsbereichen mit 62 Detailkriterien. Fast 12% der Tarife schaffen es 2025 in die absolute Spitze (Note FFF+ hervorragend) – ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr (10%). Immerhin 25 Versicherer platzieren mindestens einen Tarif in der Spitzengruppe (Vorjahr 16). Mehr als jeder vierte Tarif (26%) erhält ein „sehr gut“ (FFF). Hier zeigt sich ebenfalls ein moderater Fortschritt. Im Gegenzug schrumpft das untere Feld leicht. Ebenso viele Tarife wie die Spitzenklasse weist das untere Ende der Qualitätsskala auf: 12% aller Tarife sind 2025 mangelhaft oder ungenügend.
Daran scheitern schwächere Unfall-Tarife
Der „erweiterte Unfallbegriff“ benennt Ereignisse, die bedingungsgemäß einem Unfall gleichgestellt werden, etwa Schäden durch Infektionen. Weniger gute Tarife scheitern, weil sie in diesen Fällen nicht zahlen. Gibt es kein Geld, wenn der Unfall durch Herzinfarkt, Schlaganfall und Krampfanfälle oder die Einnahme von Medikamenten ausgelöst wurde, schafft es ein Tarif ebenfalls nicht ganz nach oben. Andere Tarife scheitern an einer höheren Bewertung, weil Assistance-Leistungen oder die Einmalzahlung bei schweren Verletzungen (Soforthilfe) im Leistungskatalog fehlen.
So viel kostet guter Unfallschutz
Leistungsfähige Unfalltarife gibt es schon ab 10 Euro im Monat, allerdings nicht für jeden. Ein guter Unfalltarif mit 100.000 Euro Versicherungssumme und 500% Progression kostet für 30-Jährige mit einem kaufmännischen Beruf jährlich rund 120 bis 200 Euro. Körperlich Tätige müssen tiefer in die Tasche greifen. Sie zahlen zwischen 200 und 400 Euro im Jahr. Wichtig sei laut Franke und Bornberg jedoch hier, nicht am falschen Ende zu sparen. Tarife mit hohen Progressionen, also dem Anstieg der Leistungen bei schweren Unfallfolgen, weisen zwar bei hohen Invaliditätsgraden teils beeindruckende Summen aus, schwächeln jedoch bei weniger gravierenden Unfallfolgen. Eine hohe Grundversicherungssumme ist daher wichtig.
Kaum neue Ideen bei Nachhaltigkeit
Zu den bekannteren Features nachhaltiger Unfalltarife zählen, neben ökologisch oder sozial ausgerichteten Investments, erhöhte Invaliditätsleistungen, wenn der Unfall beim ehrenamtlichen Engagement, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Einsatz als Nothelfer passiert.
Ansonsten entdecken die Analysten jedoch zum Thema Nachhaltigkeit aktuell kaum neue Ideen. Dabei biete gerade die Unfallversicherung einige Hebel, so Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg. „Prävention ist immer nachhaltig – auch in der privaten Unfallversicherung. Denkbar sind zum Beispiel Anreize und Tipps zur Unfallprävention oder konkrete Gesundheitsservices, aber auch Unterstützung bei rechtlicher Vorsorge, die nach einem Unfall greift. Dafür müssen Versicherer das Rad nicht neu erfinden: Hier bieten sich Kooperationen mit etablierten Dienstleistern an.“
Fazit und Ausblick
Die Unfallversicherung bleibt unübersichtlich, zieht das Rating-Haus Resümee. Komplexe Bedingungswerke und fehlende Standards schwächen ihr Profil. Prägnante und klare Leistungsbilder können helfen, jüngere Zielgruppen besser zu erreichen. Seit dem Relaunch der Ratingkriterien im Jahr 2024 steigt die Tarifqualität moderat. Aktuell bieten immerhin 25 Gesellschaften mindestens einen hervorragenden Tarif. Im Gegenzug werden schlechte Tarife seltener, machen aber immer noch einen nennenswerten Teil des Angebotes aus.
Die genauen Ergebnisse nach Tarif gibt es auf der Website von Franke und Bornberg. (mki)
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