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Steuern & Recht
14. April 2020
Freie Mitarbeiter: Selbstständigkeit nur bei Unternehmerrisiko

Freie Mitarbeiter: Selbstständigkeit nur bei Unternehmerrisiko

Freie Mitarbeiter sind gemäß Sozialgesetzbuch nicht sozialversicherungspflichtig. Wie verhält es sich aber, wenn sie wegen der Art und Weise ihrer Beschäftigung kein eigenes Unternehmerrisiko tragen? Dazu hat das Landessozialgericht Hessen ein Urteil gefällt.

Freie Mitarbeiter in Unternehmen sind abhängig beschäftigt, wenn sie selbst durch die Art und Weise der Beschäftigung kein Unternehmerrisiko tragen und in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert sind. Das hat das Landessozialgericht Hessen am Beispiel einer Physiotherapeutin entschieden. In einem solchen Fall sind vom Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Rentenversicherung stellt Sozialversicherungspflicht fest

Im konkreten Fall ging es um eine freiberuflich in einer Praxis arbeitende Physiotherapeutin. Die Deutsche Rentenversicherung hatte auf ihren Antrag hin festgestellt, dass diese sozialversicherungspflichtig sei. Die Inhaberin der Physiotherapiepraxis zog dagegen vor Gericht. Sie argumentierte, die betreffende Therapeutin sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe selbstständig ihre Arbeitszeiten bestimmen können. Außerdem sei die Frau an den Kosten der Praxis beteiligt gewesen.

Mitarbeiterin war in die Arbeitsorganisation eingebunden

Das Hessische Landessozialgericht gab der Deutschen Rentenversicherung Recht. Laut Sozialgesetzbuch sind freie Mitarbeiter auch nicht in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden, was hier jedoch der Fall war. Die Therapeutin nahm den Kontakt zu neuen Patienten über die Praxis auf. Kunden seien zudem nur mit der Praxisinhaberin vertraglich verbunden. Der Erstkontakt mit den Patienten erfolgte stets über die Praxis. Auch sind die Patienten ausschließlich mit der Inhaberin vertraglich verbunden.

Eigenes gewichtiges Unternehmerrisiko muss vorliegen

Vor allem aber betont das Gericht, dass die Physiotherapeutin kein eigenes gewichtiges Unternehmerrisiko tragen müsse. Sie habe weder Miete zahlen müssen noch eigene Personalkosten getragen. Es seien keinerlei Kosten angefallen, die unabhängig von ihren erbrachten Leistungen waren. Für die Kosten der Praxis habe sie lediglich 30% ihres Einkommens an die Praxisinhaberin zahlen müssen. Ein Zeichen dafür, dass sie kein eigenständiges Unternehmerrisiko trug war für das Gericht auch die Tatsache, dass sie weder Werbung machte noch über ein eigenes Praxisschild oder Visitenkarten verfügte. Es gab also keine Anzeichen dafür, dass sie selbst unternehmerisch aufgetreten wäre. (tos)

LSG Hessen, Urteil vom 05.03.2020, Az.: L 1 BA 14/18

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