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29. Oktober 2021
Fußball zwischen Traditionen und Visionen

Fußball zwischen Traditionen und Visionen

Präsentiert von SIGNAL IDUNA hat sich Birgit Gräfin von Bentzel zum Abschluss des Speaker’s-Corner-Programms beim DKM Forum hybrid 2021 mit Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung von Borussia Dortmund unterhalten.

Einen guten Gesprächseinstieg, bevor es um Fußball und seine Finanzierung vor, während und nach Corona ging, bot die 5:0-Klatsche, mit der Borussia Mönchengladbach den FC Bayern München am Abend des 27.10.2021 aus dem DFB-Pokal gekickt hatte. Ob die Bayern einen Blackout gehabt hätten, fragte Birgit Gräfin von Bentzel beim von SIGNAL IDUNA präsentierten Fußball-Talk zum Abschluss des Speaker‘s-Corner-Programms. Und Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung von Borussia Dortmund, erwiderte, dass ja auch der BVB jüngst beim Champions-League-Spiel gegen Ajax Amsterdam, das die Niederländer mit 4:0 gewonnen hatten, eine solche bittere Erfahrung hatten machen müssen.

Dass Fußball sehr viel mit Emotionen zu tun hat, kam in weiten Teilen des Talks deutlich zum Ausdruck. Schließlich gebe es, so Kehl, für Fußballfans keinen emotionaleren Ort als die Region des Ruhrgebiets mit seinen vielen verschiedenen Clubs und treuen Anhängern.

Zuschauer als finanzieller Faktor

Und natürlich gebe es nichts Schöneres, als nun wieder in Stadien spielen zu können, in denen die Ränge gefüllt sind und man wieder von den Fans begleitet werde. Doch neben dem Aspekt der Stimmung sei mit den Zuschauern natürlich auch ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Faktor verbunden. Die Pandemie-Zeit mit ihren extremen Einschränkungen sei nicht nur aufgrund der fehlenden Kontakte so schwierig gewesen. Die zusammen mit den Zuschauern auf einmal weggebliebenen Einnahmen seien kaum zu kompensieren, das Geld sei einfach weg. Man habe in der vergangenen Transferphase gemerkt, dass vielen Vereinen einiges an Einnahmen weggebrochen sei, einige Vereine hätten sogar ums Überleben gekämpft. Die Bundesliga sei ja schließlich auch ein großer Arbeitgeber. Daher sei es bei aller Kritik und Vorwürfen der Bevorzugung notwendig gewesen, den Spielbetrieb nach einer gewissen Zeit wieder aufzunehmen und mit einem guten Hygienekonzept die Vereine am Laufen zu halten.

Angesprochen auf die Millionensummen, die manche ausländischen Clubs mittlerweile zur Verfügung haben und ausgeben, meinte Sebastian Kehl: Das Modell von Paris St. Germain habe nicht mehr viel mit Fußball zu tun. Geld helfe zwar, die Gewinnwahrscheinlichkeit zu erhöhen, aber da PSG die Champions League ja immer noch nicht gewonnen habe, gehöre wohl schon auch noch etwas anderes dazu.

Trotzdem werde es natürlich zunehmend schwerer, sich auf dem Transfermarkt gegen Vereine zu behaupten, die von finanzstarken Investoren aufgekauft seien (siehe Newcastle United, das von einem Konsortium um den Saudi-Arabischen Staatsfonds übernommen wurde). Der Begriff der „competitive balance“ sei dann einfach nicht mehr gegeben, so Kehl. Für ihn sei ein solches Modell wie in England für die deutsche Bundesliga nicht vorstellbar bekräftigte Kehl im Talk mit Birgit Gräfin von Bentzel.

Videobeweis und Torlinientechnologie haben Fußball fehlerfreier gemacht

Dennoch schreite der Wandel im Fußball natürlich auch in Deutschland fort. So habe beispielsweise der Videobeweis den Fußball auch hierzulande etwas fehlerfreier gemacht. Druck sei dadurch vom Schiedsrichter genommen worden, der Fußball sei gerechter geworden. Auch mithilfe der Torlinientechnologie. Wie sollten denn Schiedsrichter und ihre Assistenten alles sehen und richtig einschätzen können? Obwohl er in manchem eher ein Traditionalist sei, so Kehl, sei es notwendig, müsse man sich den Dingen öffnen, die da kommen. Es werde trotzdem nicht alles schwarz-weiß, sondern es bleibe noch ein gewisser „Graubereich“ in Sachen Schiedsrichterentscheidungen erhalten – jedenfalls genügend Gesprächsstoff für den Sonntagsstammtisch meinte Kehl mit einem Augenzwinkern.

Im nächsten Jahr löst Sebastian Kehl bei Borussia Dortmund, seinem „Herzensverein“, Michael Zorc als Sportdirektor ab. Bereits 2018 hat er den Weg ins Management gewählt und ist bisher an Zorcs Seite tätig. Auf seine neue Aufgabe, die eine Menge Verantwortung mit sich bringt, freut sich Kehl, auch wenn er weiß, dass Herausforderungen auf ihn warten und es nicht ganz einfach wird. Die größte Herausforderung werde es sein, so Kehl, weiterhin erfolgreich zu bleiben. Man sei beim BVB ambitioniert, weiterhin in Europa mitzuspielen, dort Ausrufezeichen zu setzen und für junge Spieler attraktiv zu bleiben. Da in Dortmund Fußball gelebt werde, gebe es nichts Schöneres, als am Borsigplatz eine Meisterschaft zu feiern … hoffentlich irgendwann in nächster Zeit. (ad)