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6. Oktober 2022
Garantien waren noch nie so „teuer“ wie heute
Close-up Of Businessperson's Finger Balancing Stacked Of Coins On Wooden Seesaw

Garantien waren noch nie so „teuer“ wie heute

Die Inflation vergrößert die Vorsorgelücke und erschwert es vielen, angemessen für das Alter vorzusorgen. Die betriebliche Altersversorgung ist dank staatlicher Förderung fast immer das lukrativste Angebot für die Altersvorsorge. Ist die bAV auch in Zeiten hoher Inflation weiterhin eine zeitgemäße Altersvorsorge?

Ein Artikel von Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der HDI Pensionsmanagement AG und im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG verantwortlich für den Bereich Produkte und Neugeschäft Leben

Die Altersversorgung in Deutschland steht vor neuen Herausforderungen, denn das trotz leichter Erholung weiterhin anhaltende Niedrigzinsniveau gibt keinen Handlungsspielraum mehr, um werthaltige Garantien abzubilden. Eine harte Bruttobeitragsgarantie von 100% im Rahmen einer Beitragszusage mit Mindestleistung ist kaum mehr darstellbar. Selbst bei langen Laufzeiten und niedrigen Kosten reichen die Sparbeiträge unter Berücksichtigung des aktuellen Höchstrechnungszinses von 0,25% nicht mehr aus, um die Bereitstellung der vollen Beitragssumme zum Rentenbeginn garantieren zu können. Garantien waren noch nie so „teuer“ wie heute.

Es gilt zudem: Wer auch in Zukunft weiterhin auf volle Garantien setzen möchte, muss im Gegenzug auf kapitalmarktbasierte Renditechancen verzichten.

Inflation fordert Anpassung der Garantien

Gleichzeitig muss man auch kritisch hinterfragen, welchen tatsächlichen Wert und welche Sicherheit eine nominale Garantie in Höhe des Beitragserhalts für Versorgungsberechtigte noch bietet. Die Inflation höhlt den Wert einer nominalen Leistung aus, indem ihre Kaufkraft sinkt. Lange Zeit wurde das Inflationsrisiko von den Deutschen eher als gering wahrgenommen, da die Inflationsrate seit 2000 moderat um 2% schwankte. Die seit Jahren expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in Verbindung mit der Corona-Krise, Lieferkettenproblemen und dem Krieg in der Ukraine haben zu einem drastischen Anstieg der Teuerungsrate in Deutschland geführt. Die Inflationsrate lag zum Beispiel im Mai 2022 bei +7,9% zum Vorjahresmonat. Die Teuerung wird den Deutschen somit aktuell besonders bewusst.

Eine einfache Rechnung nach der sogenannten „72er-Regel“ zeigt, wie schnell die Inflation das Kapital entwertet: Bei 4% jährlicher Inflation hätte sich die Kaufkraft eines Kapitalbetrags nach 18 Jahren halbiert.

Garantien in der Altersversorgung müssen daher neu bewertet und bedarfsgerecht gestaltet werden. Es sind zeitgemäße Garantien erforderlich, die Chancen in der Kapitalanlage eröffnen und gleichzeitig langfristig eine verlässliche und auskömmliche Versorgung im Alter bieten. Wird die Beitragsgarantie auf 80% reduziert, steigt die Wahrscheinlichkeit einer signifikant höheren Ablaufleistung nach eigenen Berechnungen um rund 82%. Gerade in der betrieblichen Altersversorgung muss die richtige Balance gefunden werden, um einerseits den Beschäftigten aller Altersgruppen eine ertragreiche Versorgung zu ermöglichen und andererseits die arbeitsrecht­lichen Rahmenbedingungen und Anforderungen einer beitragsorientierten Leistungszusage (BOLZ) sicher zu erfüllen.

80% als sichere Untergrenze

Klassische Beitragszusagen mit Mindestleistungen haben hier ausgedient. Zwar definiert der Gesetzgeber im Rahmen der BOLZ keine eindeutige Mindestleistung, doch der Arbeit­geber muss die festgelegten Beiträge in eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umwandeln und bereits beim Zeitpunkt des Abschlusses eine konkrete wertgleiche Leistung definieren. Hierbei darf das wirtschaftliche Anlagerisiko nicht vollständig auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abgewälzt werden. Andererseits ist eine untere Haltelinie der Mindestgarantie gesetzlich nicht definiert. Aus Sicht des Autors bietet ein garantiertes Mindestbeitragsniveau von derzeit 80% der Bruttobeträge eine belastbare und sichere Untergrenze für eine BOLZ.

Zudem stellt sich die Frage, welche Anlageformen zum Aufbau einer Altersversorgung grundsätzlich geeignet sind. Einerseits müssen sie die Inflation abfedern können und andererseits müssen sie regulatorische Sicherheit und Mindestgarantien abbilden können, um Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor Totalverlusten zu schützen. Hier sind Investitionen in Produktiv­kapital und Substanzwerte (Aktien etc.) besonders geeignet. Bei einer hohen Inflation über einen langen Zeitraum ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich auch die Aktien überdurchschnittlich entwickeln.

Zusätzlich können beim Aufbau der Altersversorgung weitere systemimmanente Rendite­hebel genutzt werden, die sich konkret aus der staatlichen Förderung und dem kollektiven Vorteil einer bAV ergeben. Die staatlichen Fördermechanismen der bAV, der gesetz­liche Arbeitgeberzuschuss und Rabattierungen durch Kollektivtarife sorgen selbst dann für ein sicheres Renditefundament, wenn die Produktrendite kalkulatorisch mit 0% angesetzt würde.

Die Vorteilhaftigkeit einer bAV im Vergleich zu einer privaten Rentenversicherung hat eine unabhängige Analyse von Herrn Prof. Dr. Thomas Dommermuth, Professor für Steuerlehre, bereits 2020 ergeben. Im Ergebnis können die Mechanismen und Vorteile der bAV die Rendite auf bis zu 9% hebeln.

Die Lösung: Eine bAV mit hoher Aktienquote

Fazit ist: Eine fondsgebundene geförderte Direktversicherung bietet unter Garantie- und Renditegesichtspunkten die optimalen Voraussetzungen für den Aufbau einer effizienten Altersversorgung, die auch der aktuell hohen Inflation standhalten kann. Garantien sind wichtig und aus arbeitsrechtlicher Sicht in der bAV auch notwendig, aber sie müssen bedarfsgerecht ausgerichtet werden, um das Renditepotenzial und die Chance auf Inflationsausgleich zu erhöhen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Betriebliche Versorgung (09/2022), S. 20 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Andrey Popov – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Fabian von Löbbecke