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15. September 2023
GEWOS rechnet mit Rekordeinbruch am Immobilienmarkt

GEWOS rechnet mit Rekordeinbruch am Immobilienmarkt

Der Umsatz am Immobilienmarkt in Deutschland ist 2022 erstmals seit zwölf Jahren wieder gesunken. Dieses Jahr erwarten die Experten des GEWOS Instituts einen historischen Markteinbruch. Das Transaktionsaufkommen dürfte auf ein Allzeittief sinken, der Umsatz unter die Marke von 200 Mrd. Euro.

Der Geldumsatz am deutschen Immobilienmarkt hat sich 2022 erstmals seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 wieder verringert. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Immobilienmarktanalyse IMA® der GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH. Die Studie basiert auf der Erfassung der tatsächlichen Verkäufe. Demnach betrug das bundesweite Umsatzvolumen in der Summe aller Immobilienteilmärkte im vergangenen Jahr rund 279,4 Mrd. Euro. Das bedeutet einen Rückgang um 17,2% gegenüber 2021. Mit rund 787.700 Kauffällen wurde laut GEWOS das geringste Transaktionsaufkommen seit dem Jahr 2009 registriert, 16,1% weniger als 2021. „Der zwölf Jahre währende Boom am deutschen Immobilienmarkt hat 2022 ein jähes Ende gefunden“, erklärt Sebastian Wunsch, Bereichsleiter Immobilienwirtschaftliche Analysen beim Hamburger GEWOS Institut. Als Ursachen nennt Wunsch insbesondere den rasanten Zinsanstieg sowie die insgesamt hohe Inflation und die stark steigenden Baukosten, die zudem auf die Nachfrage drückten.

Dem Experten zufolge hat sich der deutsche Immobilienmarkt im vergangenen Jahr zweigeteilt entwickelt: War das erste Halbjahr aufgrund von Vorzieheffekten in Erwartung steigender Zinsen noch sehr transaktionsreich, kam es in der zweiten Jahreshälfte zu einem regelrechten Einbruch. „Auf Jahressicht fiel der Rückgang von Kauffällen und Umsatzvolumen daher moderater aus als von vielen Marktbeobachtern erwartet. Zumal das Gros der Transaktionen im ersten Halbjahr noch zu hohen Preisen bzw. Höchstpreisen vom Jahresbeginn 2022 realisiert wurde“, so Wunsch weiter.

Umsatzrückgang in allen Segmenten

Umsatzeinbußen musste der Immobilienmarkt in allen Segmenten hinnehmen, deutliche Rückgänge gab es insbesondere bei Mehrfamilienhäusern, Wohnbauland und Wirtschaftsimmobilien. Der GEWOS-Analyse zufolge belief sich der bundesweite Geldumsatz mit Mehrfamilienhäusern im Jahr 2022 auf rund 36,9 Mrd. Euro, das bedeutet einen Rückgang um 25,2%. Die Zahl der Kauffälle verringerte sich um 15,8%. Ein überdurchschnittlich starker Umsatzrückgang war im vergangenen Jahr auch bei den Wirtschaftsimmobilien zu verzeichnen. Bundesweit wurden 2022 rund 44.800 Nichtwohngebäude im Wert von rund 53,7 Mrd. Euro gehandelt. Die Zahl der Transaktionen hat somit um 15,1% abgenommen. Der Umsatz ist im Vergleich zum Jahr 2021 um 19,3% gesunken. Besonders betroffen war 2022 der Handel mit Büro-/Verwaltungs- und Geschäftshäusern.

Die Zahl der Kauffälle von Eigentumswohnungen hat sich 2022 um 19% verringert. Ein geringeres Transaktionsaufkommen gab es zuletzt im Jahr 2010. Der hiermit verbundene Geldumsatz hat sich im Vorjahresvergleich um 19,2% auf rund 74,8 Mrd. Euro reduziert und bewegte sich damit in etwa auf dem Niveau von 2019. Rückläufig waren laut GEWOS im vergangenen Jahr vor allem die Erstverkäufe von Neubauwohnungen (–42,6%), das entsprechende Umsatzvolumen lag bei rund 18,6 Mrd. Euro (–40,3% gegenüber 2021).

Eigenheimsegment vergleichsweise stabil

Einen relativ gemäßigten Rückgang von Transaktionen und Geldumsatz sehen die Experten im Eigenheimsegment. Demnach betrug der der Geldumsatz mit Ein- und Zweifamilienhäusern 2022 rund 83,7 Mrd. Euro. Dieser Wert markiert erstmals seit 15 Jahren wieder einen Rückgang im Vorjahresvergleich. Gegenüber den weiteren Marktsegmenten war der Umsatzrückgang mit –7,1 % jedoch relativ moderat. Die Zahl der Kauffälle von Ein- und Zweifamilienhäusern ist 2022 um 11% zurückgegangen auf den niedrigsten Wert seit 2009. Allerdings seien laut GEWOS Vorzieheffekte aus der ersten Jahreshälfte 2022 zu beachten. „Aktuelle Daten aus dem ersten Halbjahr lassen für das Gesamtjahr 2023 auch im Eigenheimsegment einen stärkeren Rückgang erwarten. Wenngleich das Erwerberpotenzial gegenüber den Vorjahren insgesamt deutlich gesunken ist, erweist sich die überwiegend aus Selbstnutzern bestehende Nachfrage insgesamt als etwas stabiler als in anderen Marktsegmenten“, sagt Wunsch.

Umsatzrückgang von knapp 30% erwartet

Auf dem Immobilienmarkt herrscht nach wie vor eine ausgeprägte Kaufzurückhaltung. „Gegenwärtig sehen wir für den weiteren Jahresverlauf keine wesentlichen Änderungen der marktbestimmenden Faktoren“, unterstreicht Wunsch. „Zwar ist die Inflationsrate zuletzt etwas zurückgegangen, sie ist aber noch weit entfernt von den Inflationszielen der Notenbanken. Zinsseitig ist mittelfristig daher nicht mit einer Entlastung zu rechnen. In Bezug auf die Kaufpreise lässt der verlangsamte Rückgang am aktuellen Rand eine Stabilisierung bis Jahresende 2023 erwarten“, so Wunsch weiter.

Aus seiner Sicht dürften sich die Folgen des Zinsanstiegs in diesem Jahr nun stärker bemerkbar machen. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die Experten vom GEWOS Institut auf Grundlage ihrer Erhebungsdaten aus den ersten sechs Monaten mit dem stärksten jemals gemessenen Rückgang von Kauffällen und Geldumsatz“, sagt Sebastian Wunsch.

GEWOS hat wie jedes Jahr im August unterjährige Daten bei den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte erhoben. Diese bilden gemeinsam mit verschiedenen anderen Indikatoren die Grundlage für die Prognosen für 2023. In der Summe aller Teilmärkte dürfte das bundesweite Umsatzvolumen im Jahr 2023 um 29,1% auf rund 198,1 Mrd. Euro sinken. Zugleich dürfte die Zahl der Kauffälle um 24,9% abnehmen auf rund 591.800. Das wäre der niedrigste Wert seit Beginn der gesamtdeutschen Zeitreihe der IMA® im Jahr 1995.

Bild: © Praewphan – stock.adobe.com