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19. Dezember 2022
Google: So steigern Versicherer die Kundentreue auf digitalem Weg
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Google: So steigern Versicherer die Kundentreue auf digitalem Weg

Kundentreue ist ein komplexes Konstrukt. Jan Meessen von Google hat Erklärungen, welche Wirkung der Internetauftritt und die Interaktion mit Kunden über verschiedene Kanäle auf die Loyalität hat. Für den Versicherungsvertrieb lohnt es sich demnach, die Customer Journey zu optimieren.

Ein Artikel von Jan Meessen, Industry Leader Insurance bei der Google Germany GmbH

„Wir müssen Loyalty Leader werden!“ – Mit diesem ausgerufenen Unternehmensziel hat Oliver Bäte, CEO der Allianz Gruppe, erst kürzlich die Bedeutung von Kundenloyalität unterstrichen (Handelsblatt Disrupt Podcast vom 16.09.2022). Zudem äußerte er, dass Kundinnen und Kunden zufriedener mit gut gemachten digitalen Lösungen sind.

Daher soll im Folgenden behandelt werden, inwiefern tatsächlich die „E-Commerce Excellence“ inklusive der optimierten User Journey eines Versicherungsunternehmens einen Einfluss auf die Loyalität hat. In diesem Zusammenhang betrachtet wird, ob Omnikanal – also die Möglichkeit des Users, den Abschlusskanal frei zu bestimmen – die Kundenloyalität ebenfalls beeinflusst.

Um diese Fragen gezielt zu beantworten, hat Google beim Berliner Marktforschungsinstitut eye square die Studie „Customer Loyalty“ basierend auf User-Experimenten im Versicherungsbereich im Jahr 2021 in Auftrag gegeben.

Die Google-Suche – Nicht nur für den Vertrieb relevant

85% der Customer Journeys im Versicherungsvertrieb starten mit mindestens einem Online-Kontakt (Quelle: Research Online Purchase Offline oder ROPO; GfK, 2019) und oftmals ist hier auch die Google-Suche enthalten. Aber nicht nur aus vertrieblicher Sicht ist die Suche ein entscheidender Touchpoint: Dass die Google-Suche einen positiven Einfluss auf Markenmetriken hat, ist sicherlich nicht überraschend, wenn man sich an das eigene Suchverhalten und die Suchergebnisse erinnert – die relevanten Marken sind hier im sichtbaren Bereich und steigern so die ungestützte Markenbekanntheit von 29 auf 42% (Quelle: eye square, 2021). Aber auch auf Loyalitätsmetriken wie den NPS (Net Promoter Score – ein Indikator für die Weiterempfehlung) hat die Suche indirekt einen positiven Einfluss.

So konnte im Rahmen des Experimentes gemessen werden, dass „qualifizierte Website-Besuche“ die Weiterempfehlungsrate erhöht haben (Steigerung des NPS um 22%). Genau hier setzt die Google-Suche an, die dabei hilft, die User je nach Anliegen (Schaden, Abschluss, Kündigung etc.) schnell und direkt auf die richtige Landingpage oder aber auch in das richtige Callcenter zu routen („Haftpflicht abschließen“ vs. „Kfz-Schaden melden“), sodass sich die User nicht lange durch die verschiedenen Seiten klicken müssen.

YouTube als Loyalität-Treiber

Dass YouTube im Vergleich zu anderen Kanälen überproportional stark auf die Steigerung von Markenbekanntheit und Markenpräferenz als auch Versicherungsabschlüssen einwirkt, hat zuletzt die Generali mit ihrem Media-Mix-Modelling bewiesen (Quelle: „Den richtigen Mediamix finden: Generali identifiziert dank Marketing-Mix-Modell die effizientesten Werbekanäle“, Think with Google, 2022). Auch die Bedeutung von YouTube für eine E-Commerce-Excellence-Fokussierung ist spätestens seit Beginn der Pandemie bekannt. Die User haben während des Lockdowns gelernt, wie sie eine solche Videoplattform für Erklärinhalte rund um Themen wie beispielsweise Fitness, gesundes Kochen, Home-Office oder Finanzen nutzen können. Kundenzentrierte Unternehmen haben diesen Bedarf direkt gesehen und entsprechende Videos zur Verfügung gestellt oder den bestehenden Content durch You­Tube-Werbevideos verlängert.

Nicht überraschend ist es in dem Zusammenhang, dass eine solche YouTube-Werbung alle gemessenen Loyalitätsmetriken positiv beeinflusst hat. So machten die User, die diese Werbevideos der Versicherungsunternehmen gesehen haben, diese Unternehmen zu „ihrer ersten Wahl“ (+44%), zogen einen „Anbieterwechsel“ in Betracht (+15%) und sprachen sogar eine Weiterempfehlung aus (+6%). Letztlich führen die YouTube-Werbevideos durch einen Klick wieder auf die relevanten Seiten des Versicherungsunternehmens, was – wie bereits oben bei der Google-Suche geschildert – ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Loyalitätsmetriken hat (relevanter Website-Traffic, der zur Steigerung des NPS um 22% führt).

Ein Vorteil von YouTube im Vergleich zu klassischen Media-Kanälen ist sicherlich im Kontext der Loyalitätsziele zu finden – hier können Bestandskunden und -kundinnen sehr direkt und effizient erreicht werden, sodass man gezielt an der Loyalitätskommunikation arbeiten kann.

E-Commerce Excellence – UX und Ladegeschwindigkeit

UX (User Experience) hat für den Online-Abschluss in der Ver­sicherungsindustrie eine entscheidende Bedeutung: Je besser die UX ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Klick in einen Kunden oder eine Kundin gewandelt wird. Aber auch beim Thema Loyalty spielt UX eine wichtige Rolle, denn je besser und einfacher die Seiten gemacht sind, desto wohler fühlen sich die User mit diesen Online-Services oder Produkten. Die User vergleichen dabei allerdings die Versicherungsunternehmen bezüglich der UX nicht untereinander, sondern mit führenden E-Commerce-Unternehmen, die den UX-Standard gesetzt haben.

Im Vergleich 2018 zu 2021 ist die Wechselbereitschaft aufgrund einer schlechten UX in der Versicherungsindustrie um 80% gestiegen (Next in insurance: Top insurance industry issues in 2022, PwC, 2018/2021). Zudem konnte gemessen werden, dass das Thema Ladegeschwindigkeit der Seiten ein entscheidender Faktor für die Loyalität ist. User, die die Ladegeschwindigkeiten eines Versicherungsunternehmens im Vergleich als „schneller“ bewerteten, hatten einen um 20% höheren NPS als es eine Vergleichsgruppe hatte, die die Website als eher langsam bewertet hatte. Eine technisch optimierte Website stellt somit die Grundlage für eine Loyalitätsfokussierung dar. Versicherer sollten versuchen, ihre (potenziellen) Online-Kunden und Online-Kundinnen auf ihren Websites ähnlich zu beeindrucken, wie sie es in ihren Versicherungsfilialen aktuell tun.

E-Commerce Excellence – Die Wahlmöglichkeit „Online“ im Rahmen von Omnikanal
 
Google: So steigern Versicherer die Kundentreue auf digitalem Weg

Zeichnung: Das Management von Loyalität, Omnikanal und E-Commerce – widersprüchliche Ziele oder Bausteine einer kundenzentrierten Strategie? © Jan Meessen

Unternehmen können sich für oder gegen ein Omnikanal-Modell entscheiden. Sie können Usern eine reibungslose Online-Kaufmöglichkeit (E-Commerce Excellence) anbieten oder den Kauf bestimmter Produkte ausschließlich offline ermöglichen. Aber sollten die Versicherungsunternehmen bei einem bestehenden Loyalitätsziel wirklich bestimmte Modelle oder Vertriebs- und Servicewege forcieren oder sollten sie lieber tatsächlich die Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt stellen und sie über das präferierte Modell entscheiden lassen? Auch diese Fragestellung wurde als letzter Schritt entlang der Customer Journey untersucht.

Hierbei konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden: Die User wollen selbst über Abschlusswege entscheiden; sobald ein Ver­sicherungsunternehmen den Usern alle möglichen Abschlusswege anbietet und diese selbst über die Journey entscheiden lässt, erhielten die betreffenden Versicherungen einen positiven Uplift auf alle gemessenen Loyalitätsmetriken. Der stärkste Anstieg der Loyalitätsmetriken konnte im Kontext „Omnikanal“ gemessen werden, als der Online-Kanal in das Experiment als mögliche Option integriert wurde. Durch diese „Online-Integration“ wurde die Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit um über 30% gesteigert.

Somit zeigt sich, dass Omnikanal und eine E-Commerce-Fokussierung große Loyalitätstreiber für ein Versicherungsunternehmen sind. Die Möglichkeit, sämtliche Produkte und Services online abzuschließen oder zu managen, sollte also aus Loyalität-Aspekten keine Besonderheit mehr sein.

Fazit: Ganzheitliche Strategie zahlt sich aus

Kundenloyalität kann, wie gesehen, entlang der gesamten Customer Journey durch gut gemachte digitale Lösungen und Ansätze gesteigert werden. In der Google-­Suche ist es wichtig, dass die Anliegen der User schnell erkannt werden, sodass die User auf die richtigen Landingpages oder die richtigen Callcenter geroutet werden können (relevanter Website-Traffic). Oftmals nutzen User im Rahmen einer Journey auch YouTube, um sich zu informieren und Fragen zu klären – hier konnte gemessen werden, dass Kundenkommunikation über YouTube einen direkten Einfluss auf die Loyalitätsmetriken hat und zudem wie die Google-Suche zu qualifiziertem Website-Traffic führt, der die Loyalitätsmetriken steigert. Letztlich sind die UX und eine „Online-Option“ als Abschlusskanal entscheidende Loyalitätstreiber.

Die Loyalitätsziele werden für ein Versicherungsunternehmen also effizienter erreicht, wenn die entsprechenden Loyalitätsbereiche der Unternehmen gemeinsam mit Vertrieb, Online-Marketing, Service etc. an (digitalen) Lösungen arbeiten, die die Kundinnen und Kunden wirklich wollen. Sehr oft erlebt man noch, dass genau diese Bereiche zwar punktuell zusammenarbeiten, es jedoch keine ganzheitliche Strategie gibt. Loyalität, Omnikanal und E-Commerce-Excellence sind keine widersprüch­lichen Ziele, sondern ergänzen sich, wie gezeigt, ausgezeichnet.

Über den Autor

Jan Meessen unterstützt Versicherer dabei, ihre strategischen Geschäftsziele im Bereich Marktmanagement über kundenzentrierte Ansätze und digitale Lösungen zu erreichen. Momentan leitet er bei Google das „Business Enablement & Strategy Team, Central Europe“.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2022, S. 112 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Blue Planet Studio – stock.adobe.com; Zeichnung: © Jan Meessen

 
Ein Artikel von
Jan Meessen