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20. August 2025
Haftungsrisiken bei Execution-only: Bedeutung für Versicherungsmakler
Haftungsrisiken bei Execution-only: Bedeutung für Versicherungsmakler

Haftungsrisiken bei Execution-only: Bedeutung für Versicherungsmakler

 Kunden geben manchmal exakt vor, welche Versicherung sie abschließen wollen. Dann führen Versicherungsmakler den Auftrag „Execution-only“ aus. Laut Kanzlei Michaelis reduziert sich in dem Fall die Pflicht zur Risikoermittlung und weitergehenden Beratung. Vorsicht sei aber auch geboten.

Manche Kunden – ob gewerblich oder privat – kommen mit klaren Wünschen zum Versicherungsmakler. Manche wollen nur einen bestimmten Versicherer, andere nur ein bestimmtes Produkt oder nur eine konkrete Absicherung. Was auf den ersten Blick nach einfacher Arbeit für einen Versicherungsmakler aussieht, birgt jedoch rechtliche Risiken. Denn wenn Makler den Auftrag im Sinne eines sogenannten „Executive Only“-Mandats ausführen, verzichten sie oftmals auf die sonst übliche Marktanalyse oder Beratungspflicht.

Muss der Makler also auch dann beraten, wenn der Kunde ausdrücklich eine ganz bestimmte Versicherungslösung wünscht? Mit dieser Frage befasst sich die Kanzlei Michaelis in einem aktuellen Beitrag und erläutert dabei die Hintergründe der sogenannten „Execution-only“-Konstellation.

Execution-only: Streitpunkt in der Versicherungsvermittlung

Unter „Execution-only“ versteht man eine Vermittlung ohne Beratung, bei der der Kunde die Produktauswahl vorgibt und der Vermittler lediglich ausführt. Während dieses Konzept im Kapitalmarktrecht anerkannt ist, ist seine Übertragbarkeit auf die Versicherungsvermittlung umstritten, erläutert Stephan Michaelis, Fachanwalt für Versicherungsrecht. Nach § 61 VVG schuldet der Makler grundsätzlich eine anlassbezogene Beratung und die Ermittlung der Kundenbedürfnisse. Ob hiervon abgewichen werden darf, ist bislang nicht abschließend geklärt. Umso bedeutender sei, so Michaelis, ein Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (Az: 1 U 2/24), das die Haftung eines Maklers verneinte, weil der Kunde einen klar umrissenen Versicherungswunsch geäußert hatte.

OLG Oldenburg: Haftung bei klaren Kundenwünschen begrenzt

Ein Unternehmen der Lebensmittelbranche beauftragte Ende 2019 ein Versicherungsmaklerunternehmen, damit, für sie Haftpflichtversicherungsschutz zu vermitteln. Der Vertrag wurde abgeschlossen, eine gesonderte Absicherung von Rückrufkosten oder sonstigen Vermögensschäden war ausdrücklich nicht Gegenstand der Beratung.

Ab dem Jahr 2021 kam es zu zahlreichen Schadenfällen, nachdem von dem Unternehmen vertriebene Saucen aufgrund einer Verunreinigung aufplatzten. In der Folge kam es zu Produktrückrufen, die die GmbH aber nicht versichert hatte. Deshalb wollte diese nun per Klage Schadenersatz vom Makler. Dieser berief sich darauf, dass das Unternehmen ausdrücklich den Abschluss einer Versicherung in identischer Form zu einer früheren Absicherung einer OHG verlangt habe, deren Versicherungsschutz ebenfalls keine Rückrufkostenversicherung umfasst habe. Eine umfassendere Beratung sei vom Geschäftsführer der GmbH weder gewünscht noch veranlasst worden.

Das Landgericht Osnabrück wies die Klage ab. Die Klägerin verfolgte ihr Begehren mit der Berufung zum OLG Oldenburg weiter. Dieses wies die Berufung vollständig zurück.

Die Kanzlei Michaelis greift die wichtigsten Punkte heraus: Das Gericht stellte demnach klar, dass nach § 61 Abs. 1 VVG grundsätzlich eine umfassende Risikoermittlung und Beratungspflicht besteht. Diese endet jedoch, wenn der Versicherungsnehmer einen eindeutig umrissenen Auftrag erteilt. Im Streitfall hatte der Geschäftsführer der Klägerin laut OLG nach ausführlicher Beweisaufnahme den Auftrag erteilt, denselben Versicherungsschutz wie für die OHG zu beschaffen. Damit habe er die Risikoaufklärung selbst eingeschränkt. Eine solche „Execution-only“-Weisung bedarf nicht der Schriftform des § 61 Abs. 2 VVG, sondern kann formlos erfolgen, sofern Inhalt und Reichweite eindeutig sind. Selbst bei unterstellter Pflichtverletzung wäre der Anspruch nach § 63 VVG mangels Kausalität gescheitert, da nicht bewiesen wurde, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung für die teurere Rückrufkostenversicherung entschieden hätte. Angesichts erheblicher Mehrkosten sei die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht ohne Weiteres anwendbar.

Auch eine Verletzung der Dokumentationspflicht nach § 62 VVG begründet keinen automatischen Schadenersatz, sondern lediglich Beweiserleichterungen. Im vorliegenden Fall waren die entscheidenden Inhalte jedoch ohnehin durch Zeugenaussagen bestätigt.

Dokumentation schützt vor Haftungsrisiken

Nach Einschätzung der Kanzlei Michaelis zeigt das Urteil des OLG Oldenburg, dass Makler ihre Haftung wirksam begrenzen können, wenn sie sich auf klar formulierte und dokumentierte Kundenwünsche stützen. Gleichwohl betont die Kanzlei, dass Makler nicht gänzlich von ihrer Sorgfaltspflicht entbunden sind: Offensichtliche Risiken und mögliche Deckungslücken sollten stets angesprochen werden. Besonders wichtig bleibt aus Sicht der Kanzlei deshalb eine saubere Dokumentation des Kundenwunsches und der eingeschränkten Beratung, um im Streitfall die gesetzeskonforme Vorgehensweise nachweisen zu können. Zugleich mahnt sie zur Vorsicht: Die Beweisaufnahme verlief im entschiedenen Fall günstig für den Makler – andere Gerichte könnten in vergleichbaren Verfahren strenger urteilen. (bh)