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Steuern & Recht
31. Mai 2021
Heiße Suppe: Haftet die Fluggesellschaft für Verbrühungen?

Heiße Suppe: Haftet die Fluggesellschaft für Verbrühungen?

Muss eine Fluggesellschaft Schadensersatz leisten, wenn sich ein Passagier verbrüht und sich das Bordpersonal nicht angemessen um ihn kümmert? Das musste das LG Köln nun im Fall einer Frau entscheiden, die sich durch eine verschüttete Suppe Verbrühungen zweiten Grades zugezogen hatte.

Immer wieder kommt es zu Schadensersatzforderungen, die im Zusammenhang mit zu heiß servierten Speisen und Getränken stehen. Der Klassiker unter diesen Fällen ist das populäre Verfahren Liebeck vs. McDonald’s, in dem es um Schadensersatz für die entstandenen Verletzungen von Stella Liebeck ging, die sich an einem zu heiß servierten Kaffee verbrüht hatte.

Prominenter Fall aus den USA

Der Fall ist auch deshalb bekannt, weil er häufig als Beispiel für die Unverhältnismäßigkeit von US-amerikanischen Schadensersatzsummen herangezogen wird. Schließlich war Liebeck in erster Instanz Schadensersatz von fast 3 Mio. Dollar zugesprochen worden. Häufig ausgelassen wird bei der Wiedergabe des Falles, dass die Summe in den folgenden Verfahren deutlich abgesenkt wurde. Stella Liebeck hatte außerdem ursprünglich lediglich 20.000 US-Dollar gefordert, um sich für die erlittenen Verbrühungen dritten Grades entschädigen zu lassen, aufgrund derer sie sich einer aufwendigen Hauttransplantation unterziehen musste und acht Tage im Krankenhaus verbrachte. Der Fast-Food-Konzern hatte ihr zur außergerichtlichen Einigung lediglich 800 US-Dollar geboten.

Frau mit Verbrühungen klagt vor dem Landgericht Köln

In dem Fall einer Frau, die gegen eine Fluggesellschaft vor dem Landgericht (LG) Köln geklagt hatte, war die Sachlage zwar eine andere, aber auch hier ging es um eine Verbrühung und auch hier bekleckerte sich das beklagte Unternehmen nicht gerade mit Ruhm.

Heiße Suppe wird in Porzellanschale serviert

Die Frau reiste an jenem Tag von München nach New York. Sie befand sich in der Business Class an Bord des Flugzeugs, als ihr ungefähr 90 Minuten vor der geplanten Landung in den USA ein Abendessen angeboten wurde. Ein Bestandteil des Menüs war eine Steinpilzcremesuppe in einer Porzellanschale.

Suppe ergießt sich auf den Ausschnitt der Frau

Die Suppenschale wurde der Frau auf einem Tablett mit Besteckrolle sowie einer festen Leinenserviette gereicht. Aufgrund eines Missgeschicks ergoss sich die Suppe auf den Ausschnitt der Frau und verursachte dort Verbrühungen zweiten Grades. Die Frau musste sich nach der Landung in ärztliche Behandlung begeben.

Ruckartige Bewegung verursachte Unfall

Streitig war zwischen der Frau und der Fluggesellschaft nun, wer für den Vorfall die Verantwortung zu übernehmen habe. Die Frau sah die Schuld bei der Fluggesellschaft. Das Personal hätte die Temperatur der Suppe prüfen müssen und sie nicht so heiß servieren dürfen. Die Frau gab an, sie habe zwar versucht, die viel zu heiße Schüssel sofort wieder abzusetzen. Dabei habe sie aber einen Ruck verursacht, der dazu führte, dass sich die heiße Suppe über ihr Dekolleté ergoss.

Bordpersonal kümmert sich wenig um die Frau

Auch nach dem Vorfall empfand die Frau das Verhalten des Bordpersonals als nicht angemessen. Trotz ihrer Bitte, sei ihr nach dem Unglück kein Crushed Ice in einer Stoffserviette zum Kühlen zur Verfügung gestellt worden. Lediglich einen Becher Eiswürfel und eine Papierserviette habe man ihr gereicht. Auch habe man ihr keine Brandsalbe gebracht. Ebenso wenig sei ein Arzt ausgerufen worden. Auch nach der Landung habe man sie nicht am Gate versorgt und ihr auch keine keine Spezialklinik für Verbrennungen in New York empfohlen.

Schadensersatz auch für psychisches Leiden

Die Geschädigte machte geltend, dass sie durch den Vorfall nicht nur Schmerzen erlitten habe, sondern deshalb auch psychisch angeschlagen sei. Sie beantragte die Zahlung eines angemessenen, mindestens fünfstelligen Schmerzensgeldes und die Feststellung, dass die beklagte Fluggesellschaft ihr alle Schäden ersetzen müsse – auch die psychischen Folgen. Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung mit der Begründung ab, die Klägerin müsse sich ein überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen, da sie die Suppe in einer stark zurückgeneigten Position eingenommen habe.

Kein Anspruch auf Schadensersatz

Nach Ansicht des LG Köln treffe die Frau tatsächlich ein Mitverschulden an dem Vorfall – und zwar in Höhe von 100%. Ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus Art. 21 in Verbindung mit Art. 17 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) scheide dementsprechend aus. Dabei ging das Gericht davon aus, dass die Frau ihre Suppe zweifellos in einer stark zurückgeneigten Position zu sich nehmen wollte. Anders seien die Verbrennungen und deren Lokalisation auf dem Brustbein der Klägerin nicht zu erklären.

Sitzposition war für Unfallgeschehen entscheidend

Wäre die Klägerin aufrecht gesessen, hätte sie die Suppe wohl höchstens umgekippt, zeigte sich das Gericht überzeugt. Es wäre ihr nicht gelungen, die Schale bis zur Brust anzuheben. Auf jeden Fall wäre die Frau dazu verpflichtet gewesen, die Temperatur der Schale selbst zu prüfen, genau wie auch die Temperatur der Suppenflüssigkeit in der Suppenschale. Das habe sie unstreitig unterlassen, weshalb der Vorfall in erster Linie ihr zuzuschreiben sei. Des Weiteren habe die von der Klägerin vorgetragene, angeblich unzureichende und zögerliche Nachsorge, nicht zu einem eigenen Schaden geführt, für den die Fluggesellschaft haftbar gemacht werden könnte. (tku)

Urteil, LG Köln – 21 O 299/20

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