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28. Februar 2020
IDD-Check 2020: Weiterbildung auf dem Prüfstand

IDD-Check 2020: Weiterbildung auf dem Prüfstand

Es ist ruhig geworden um die IDD. Läuft also alles gut für Versicherungsvermittler? Das wäre eine zu leichtfertige Sichtweise, findet Rechtsanwalt Dr. Maximilian Teichler, Inhaber der Kanzlei für Versicherungsmanagement. Denn weitgehend unbemerkt steht 2020 die Überprüfung der IDD durch die EU-Kommission an. Im ersten Teil seiner dreiteiligen Artikelserie fasst der Autor zusammen, was Vermittler bei der Weiterbildung im Blick haben müssen, um IDD-konform zu handeln.

Alle Versicherungsvertreiber wissen, dass sie sich weiterbilden müssen. Es steht ja schließlich in der VersVermV (§ 7), im § 34d (Absatz 9 GewO) und im VAG (§ 48 Absatz 2). Aber prüft das jemand? Und ist es dann überhaupt noch wichtig? Nach Art. 41 der IDD ist die EU-Kommission verpflichtet, die Umsetzung dieser Versicherungsvertriebs-Richtlinie zu prüfen und hierüber im Februar 2021 einen Bericht abzugeben. Den VAG-Teil macht die BaFin, den gewerberechtlichen Teil machen die IHKs. Beide Aufsichten erheben jetzt die Daten, die sie für ihren jeweiligen Bericht benötigen. Für 2020 lautet die Antwort also ganz eindeutig: Ja, es wird geprüft.

2020 vermehrt Stichprobenkontrollen durch IHKs

Bislang konnten sich Versicherungsvermittler (also Makler, Vertreter und Berater) ziemlich sicher darauf verlassen, dass sie nur dann geprüft werden, wenn ein „Anlass“ besteht, also dann, wenn – hauptsächlich durch Anzeigen Dritter – die IHK auf einen möglichen Missstand bei gerade diesem Vermittler aufmerksam gemacht wird. Das gilt so jetzt nicht mehr. Die IHKs müssen Daten liefern und deshalb von ihrem Prüfrecht auch Gebrauch machen. Aber auch ganz grundsätzlich tendieren einige IHKs offenbar dazu, nicht nur „anlassbezogen“ zu prüfen, sondern auch Stichprobenkontrollen durchzuführen. Das ergibt sich jedenfalls aus Gesprächen, aber auch Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Gewerbe-Archiv“. Und auch Bildungsexperten wie Reinhard Lüger weisen immer wieder auf die erhöhte Prüfungsdichte hin.

Für Angestellte eines Versicherers (sofern sie der Weiterbildung unterliegen) und für die gebundenen Vertreter übernimmt die Prüfung die BaFin. Diese hat bereits im Juli 2018 ihr überarbeitetes „Rundschreiben 11/2018 zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern und zum Risikomanagement im Vertrieb“ veröffentlicht, in dem sie die Anforderungen an die nach § 48 Absatz 2 VAG notwendige Weiterbildung detailliert beschreibt. Die Versicherer sind verpflichtet, die Qualität der mit ihnen zusammenarbeitenden Vermittler sicherzustellen: nach § 48 Absätze 1 und 2 VAG darf der Versicherer nur mit Vermittlern zusammenarbeiten, welche sich und ihre Angestellten ordnungsgemäß weiterbilden.

Wer unterliegt der Weiterbildungsverpflichtung?

Zu der Frage, wer der Weiterbildungspflicht unterliegt, gab und gibt es Unsicherheiten. Die Vorschrift (§ 34d Absatz 9 GewO) ist ja auch alles andere als leicht verständlich. Grundsätzlich gilt: Zur Weiterbildung ist jeder verpflichtet, der unmittelbar an der Vermittlung und Beratung beteiligt ist.

Zunächst einmal muss „der Gewerbetreibende“ sich weiterbilden (Satz 1). Einzelne Geschäftsleitungsmitglieder, deren Verantwortung nichts mit der Vermittlung zu tun hat, können hiervon ausgenommen sein. Allerdings müssen sich immer (mindestens) so viele Mitglieder der Geschäftsführung weiterbilden, dass eine „angemessene“ Aufsicht über die Angestellten möglich bleibt (Satz 4). Die Grenze liegt wohl bei höchstens 50 Angestellten pro Geschäftsführungsmitglied. Die Ausnahme gilt nicht für den Inhaber selbst. Weitere Ausnahmen betreffen rein produktakzessorische Vermittler. Auch ihnen sei jedoch zur Vorsicht geraten: Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift, und solche sind immer eng auszulegen.

Was aber bedeutet „unmittelbar bei der Vermittlung und Beratung beteiligt“? Das ergibt sich seit Februar 2018 aus dem Gesetz: Laut § 1a VVG gehören im Zusammenhang mit Versicherungsverträgen die Beratung, die Vorbereitung, der Abschluss und die Mitwirkung bei der Erfüllung, insbesondere im Schadenfall, zum Vertrieb.

Kundenkontakt ist für sich genommen kein Kriterium. Wenn aber in diesem Zusammenhang eine der in § 1a VVG beschriebenen Tätigkeiten ausgeübt wird, dann muss Weiterbildung stattfinden oder stattgefunden haben. Als Abgrenzungskriterium wird die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Kunden genannt.

Was muss die Weiterbildungsmaßnahme beinhalten?

Hier wird sich häufig an dem Katalog orientiert, der auch für die Prüfung (zum Versicherungsfachwirt) gilt. Das ist leider weder richtig noch ausreichend. § 7 VersVermV sagt, dass die Weiterbildung der Aufrechterhaltung der Fachkompetenz und der personalen Kompetenz dienen soll. Dieses Ziel muss also aus der Weiterbildungsmaßnahme klar ableitbar sein. Die Anforderungen an den Inhalt sind in der Anlage 1 zur IDD beschrieben. Diese Anlage geht in Teilbereichen über die Anlage 1 zur VersVermV hinaus, jedenfalls was Fragen der ethischen und finanziellen Mindestkompetenz und der Marktkenntnis angeht. Und: Europäisches Recht geht vor!

Weiterbildung muss zur Spezialisierung passen

Ganz wichtig ist auch, dass die IHKs anfangen, sich am Profil des Mitarbeiters zu orientieren: Wer Experte für Gebäudeversicherungen ist, dem dürfte eine Kfz-Schulung wenig nützen, weshalb die Stunden dafür auch nicht angerechnet werden können. Dies ist dann eine – natürlich erlaubte – zusätzliche Schulung. Die 15 Stunden müssen jedoch anderweitig erfüllt werden.

Noch eine letzte Überlegung zum Inhalt der Weiterbildungsmaßnahme: Sie muss wirklich der fachlichen oder personalen Kompetenz dienen. Nicht alle Schulungen haben das erforderliche Niveau. Es gibt keine irgendwie gearteten Zertifizierungen. Der Gewerbetreibende muss sich selbst vergewissern, dass die Schulung „richtig“ ist. Die IHKs sind berechtigt, unzureichende Schulungen nicht anzuerkennen. Dies ist besonders misslich, wenn es im Nachhinein und zeitlich so erfolgt, dass man die Schulung nicht mehr nachholen kann.

Haftungsfolgen einer unzureichenden Weiterbildung

Außer Bußgeldern und der Einleitung einer Prüfung der Zuverlässigkeit beinhaltet die unterlassene Weiterbildung auch eine Haftungskomponente: Wer nicht ausreichend oder nicht inhaltlich richtig weitergebildet hat, hat eine wesentliche Pflicht gegenüber seinem Kunden verletzt, und das macht es dem Kunden sehr viel leichter, Schadenersatzansprüche durchzusetzen.

Die Pflicht zur Weiterbildung wird also häufig unterschätzt: Die allermeisten derer, die in einem Versicherungsvertriebsunternehmen tätig sind, müssen sich weiterbilden, weil sie die Möglichkeit haben, auf den Versicherungsnehmer Einfluss auszuüben. Viel zu wenige derjenigen, die sich weiterbilden müssen, denken darüber nach, dass diese Weiterbildung zu ihrer Tätigkeit und ihrer Spezialisierung passen muss. Europäisches Recht, also die IDD, bestimmt den Inhalt der Weiterbildung. Unterlassene oder unrichtige Weiterbildung hat weitreichende gewerberechtliche Konsequenzen bis hin zur Prüfung der Zuverlässigkeit. Haftungsrechtlich ist sie ein Einfallstor für eine Inanspruchnahme.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2020, Seite 104 f. und in unserem ePaper.

Artikelbild: © Thomas Bethge – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Dr. Maximilian Teichler