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16. Oktober 2022
Immobilien: Warum Anleger trotz steigender Zinsen entspannt bleiben können
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Immobilien: Warum Anleger trotz steigender Zinsen entspannt bleiben können

Die von der EZB eingeleitete Zinswende war schon Wochen vorher von den Banken in die Immobiliendarlehen eingepreist worden. So manche Eigentümer in spe dürfte das ins Grübeln, wenn nicht gar zum Umdenken gebracht haben. Private Kapitalanleger hingegen tangiert der Zins­anstieg kaum – der Steuer sei Dank.

Ein Beitrag von Daniel Preis, Chief Sales Officer der Domicil Real Estate Group

Laut Statista kennen die Immobilienpreise in Deutschland seit 2004 bis zum zweiten Quartal 2022 nur eine Richtung: aufwärts. Mit den Zinsen für Baudarlehen verhält es sich genauso – zwar erst seit Jahresbeginn, dafür aber mit enormer Dynamik. Um die anhaltend hohe Inflation zu bekämpfen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) im September wie im Vorfeld bereits erwartet die Leitzinsen angehoben, und zwar um 0,75 Prozentpunkte – so stark wie nie zuvor in der Geschichte der EZB. Was nun die Zinsen für Immobiliendarlehen angeht, ist davon auszugehen, dass sie im Jahresverlauf weiter steigen werden.

Zinskosten sind in voller Höhe absetzbar

Was Menschen mit Wunsch nach einem Eigenheim ins Schwitzen bringt, perlt an privaten Immobilieninvestoren eher ab. Anders als Selbstnutzer erzielen Anleger beziehungsweise Vermieter steuerpflichtige Einkünfte und können im Gegenzug ihre Zinsausgaben steuerlich geltend machen. Betrachten wir uns das anhand eines Beispiels: Noch im vorigen Jahr konnten Privatanleger beim Kauf einer Immobilie mit einem Darlehenszins von etwa 2% rechnen.

Dass der Zinssatz über dem branchenüblichen Durchschnitt liegt, ist in der Regel einem hohen Kreditanteil bei geringem Eigenkapital geschuldet – und genau der ist hier auch gewünscht. Denn die Kosten für die Finanzierung lassen sich in voller Höhe von der Steuer absetzen. Ebenfalls in voller Höhe absetzbar sind sogenannte Erhaltungskosten, die etwa beim Austausch von Fenstern oder bei einer Badrenovierung anfallen. Gleiches gilt für die Kosten, die für die Eintragung der Grundschuld beim Notar im Jahr des Entstehens anfallen. Einzig die Tilgungskosten bleiben hängen.

Steuerspareffekte entstehen aus verschiedenen Facetten

Die notarielle Beglaubigung des Kaufvertrags hingegen wird den Anschaffungskosten zugerechnet. Da diese über die gesamte Nutzungsdauer abgeschrieben werden, ist der Steuerspareffekt gering. Der Gebäudewert selbst kann – exklusive des Grundstückswerts – jährlich mit 2% über 50 Jahre abgeschrieben werden. Auch das ist nicht viel, fällt aber dennoch mit in die Berechnung. In Summe gelten alle Finanzierungszinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten. Sie mindern die Einkünfte aus der Vermietung, weshalb sie das Finanzamt mit dem sonstigen Einkommen verrechnet. Fährt man aus der Vermietung der Immobilie einen Verlust ein, so sinkt die Belastung der Einkommensteuer.

Faustregel: Je niedriger der Zins, desto höher die Tilgung

Abschließend noch ein Blick auf die Tilgung: Sie ist neben dem Zins die zweite Größe, aus der sich die Kreditrate zusammensetzt. Während die Kreditrate gemäß Darlehensvertrag konstant bleibt, sinkt durch die Tilgung sukzessive die Restschuld. Und mit ihr der Zins­anteil der Kreditrate. Der Tilgungsanteil hingegen steigt. Sind die Zinsen niedrig, sinkt der Zinsanteil langsamer und auch mit dem Tilgungsanteil geht es nur schleppend bergauf. Weshalb sich in Zeiten niedriger Zinsen – wie noch im vergangenen Jahr – eine höhere Tilgungsrate empfiehlt. Darüber hinaus hängt die Höhe der Tilgungsrate immer auch von der persönlichen Vermögenssituation und dem angestrebten Zeitpunkt der Entschuldung ab.

Tilgungsrate kann als Stellschraube genutzt werden

Begibt man sich ins aktuelle Jahr und legt die oben genannten Zinssätze – vielleicht sogar mit einem gewissen Aufschlag – zugrunde und geht man davon aus, dass eine Umschuldung ansteht, ergibt sich folgende Situation: Die Zinsen für das neue Darlehen orientieren sich am Marktzins und sind entsprechend höher. Damit die aufzubringende Kreditrate annähernd gleich bleibt, kann die Tilgungsrate als Stellschraube genutzt werden – ganz einfach, indem man sie niedriger ansetzt.

In Zeiten hoher Zinsen, wie sie gerade vorherrschen, kann das sinnvoll sein. Denn ein hoher Zins beschleunigt bei der Kreditrate beides: die Senkung des Zinsanteils und den Anstieg des Tilgungsanteils. Dennoch muss klar gesagt werden, dass sich der Zeitpunkt der Schuldenfreiheit nach hinten verschiebt. Das kann, muss aber kein Nachteil sein. Liegt etwa ein indexierter Mietvertrag zugrunde, steigen die Mieten automatisch mit der Inflation. Anleger, die aus höheren Mieten Rücklagen bilden, können diese für Sondertilgungen nutzen und so die Restschuld schneller abtragen.

Gibt am Ende immer den Ausschlag: Die Qualität der Immobilie

Hohe Zinsen sind kein unbekanntes Phänomen. In den 1990er-Jahren musste man sich mit 9% arrangieren, um die Jahrtausendwende waren es 7%. Zinsen sind und waren schon immer Bestandteil der Gesamtberechnung. Die Wohnimmobilie als Wertanlage stand dennoch nie außer Frage. Von wesentlicher Bedeutung ist vielmehr ihre Qualität. Fragen, die sich künftige Anleger stellen sollten, lauten: Ist die Immobilie energetisch auf dem neuesten Stand? Hat sie eine gute Bausubstanz? Erlaubt das wirtschaftliche Einzugsgebiet solide Mieten? Stimmt die Infrastruktur? Ist die Lage langfristig attraktiv? Wer beim Kauf auf gute Grundvoraussetzungen achtet, kann sich in hohem Maß auf einen regelmäßigen Mietfluss wie auch auf eine Wertsteigerung im Fall der Veräußerung verlassen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2022 und in unserem ePaper.

Bild: © Watchara – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Daniel Preis