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12. Februar 2020
Immobilienerwerb: Schadensersatz für die Tonne?

Immobilienerwerb: Schadensersatz für die Tonne?

Wenn in einem gehobenen Stadtviertel Abfallcontainer aufgestellt werden, können Eigentümer von neuerworbenen Eigentumswohnungen keinen Schadensersatz geltend machen. Auch eine gehobene Wohnung werde durch die Anlagen nicht abgewertet, entschied das OLG Düsseldorf. Aber gilt das grundsätzlich?

Die eigenen vier Wände sollen ein Rückzugsraum und ein Ort der Erholung sein. Dumm nur, wenn dann direkt vor der Haustür eine laute Kneipe oder ein belebter Supermarkt entstehen. Noch schlimmer jedoch, wenn es sich um die städtischen Müllcontainer handelt, die nicht nur eine Lärm-, sondern auch eine Geruchsbelästigung darstellen.

Eigentumswohnung in Neubaugebiet

Ein Paar hatte sich 2015 eine Eigentumswohnung in einem Neubaugebiet gekauft. Die Wohnung kostete ca. 540.000 Euro und umfasst eine Fläche von knapp 137 m². Davon liegen ungefähr 84 m² sowie der Balkon an einer Straße, auf deren anderer Seite ein Platz liegt, der als „Piazza“ bezeichnet wird.

Müllcontainer direkt vor der Wohnung

Auf diesem Platz wurde im Laufe des Jahres 2015 eine Altglas- und Altpapier-Entsorgungsanlage errichtet. Der Abstand zum Haus beträgt 21,5 m. Der Bauträger wusste zwar, dass die Containeranlage errichtet werden soll, hatte aber die Interessenten nicht darüber informiert.

Kläger gehen von arglistiger Täuschung aus

Die Eigentümer fühlten sich arglistig getäuscht und forderten weitere Informationen vom Bauträger. Dieser wies eine Aufklärungspflichtverletzung zurück. Daraufhin wandten sich die Eigentümer an die Stadt und beantragten, dass die Containeranlage verlegt werden solle. Dies lehnte die Stadt jedoch ab.

Klage gegen Bauträger auf Schadensersatz

Die Wohnungseigentümer forderten den Bauträger zur Beseitigung der Anlage auf. Als dies unterblieb, ließen sie von einem Sachverständigen die Wertminderung ihrer Wohnung aufgrund der Nähe zu den Containern beziffern und klagten gegen den Bauträger auf Schadensersatz.

Sachverständiger stellt Wertminderung fest

Der Sachverständige hatte einen Schaden von ca. 28.500 Euro festgestellt. Hiervon forderten sie mit ihrer Klage einen Teilbetrag von 10.000 Euro vom Bauträger. Schließlich seien sie einer heftigen Lärmbelästigung durch die Altglasentsorgung ausgesetzt. Außerdem gebe es eine Geruchsbelästigung und auch optisch seien die überfüllten Container eine Zumutung.

Prozessverlauf

Das Landgericht sah keinen Grund für Schadensersatzzahlungen. Der Bauträger habe keine arglistige Täuschung begangen, und auch eine Mangelhaftigkeit der Wohnung wollte das Gericht nicht anerkennen. So müsse der Abfall auch in dicht bewohnten Gebieten entsorgt werden. Daraus resultierende Beeinträchtigungen müssten hingenommen werden. Auch sei es nicht klar, inwiefern es sich um eine arglistige Täuschung handeln könne, wenn die Information über die geplante Containeranlage frei bei der Stadt einholbar war und es sich demgemäß nicht um Geheimwissen des Bauträgers gehandelt habe.

Mindestabstand zu Containern eingehalten

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf war den Klägern dann auch nicht mehr Erfolg beschieden. Das Berufungsgericht stellte fest, dass der Abstand der Anlagen mit 21,5 m sogar deutlich über dem gesetzlich empfohlenen Mindestabstand liege. Außerdem seien auf der zur Straße gelegenen Seite bereits Schallschutzfenster installiert worden, die den Lärm des Straßenverkehrs reduzieren sollen. Damit sei auch der Geräuschbelastung durch die Altglasentsorgung Rechnung getragen.

Einschränkungen sind sozialadäquat

Grundsätzlich habe das Paar zu akzeptieren, dass eine städtische Lebensweise nicht nur Vorzüge biete, sondern durch den verdichteten Wohnraum auch Nachteile mit sich bringe, die jedoch sozialadäquat seien und somit auch hingenommen werden müssten. Ein Sachmangel hingegen bestehe nicht und somit auch keine Aufklärungspflicht vonseiten des Bauträgers.

Urteil nur auf städtische Gebiete anwendbar

Dementsprechend ist die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf auch nur auf städtische Gebiete anwendbar. Wenn die Klage den ländlichen Raum betroffen hätte, wo zentrale Entsorgungsstellen abseits von Wohnsiedlungen errichtet werden können, wäre die Schadensersatzklage womöglich anders ausgegangen. (tku)

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2020, Az.: I-21 U 46/19

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