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10. August 2022
Inflation und Digitalisierung stellen Versicherer vor Herausforderungen
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Inflation und Digitalisierung stellen Versicherer vor Herausforderungen

Naturkatastrophen, Corona-Krise, Ukraine-Krieg … die Versicherungsbranche drosselt ihre Umsatzerwartungen für die kommenden beiden Geschäftsjahre. Eine Branchenbefragung der Managementberatung Horváth zeigt: Stark im Fokus stehen die inflationsbedingten Beitragsanpassungen und Digitalisierung bzw. Cyberschutz als wichtige Handlungsfelder.

Mehr als andere Industriezweige beeinflussen die aktuellen Entwicklungen – Naturkatastrophen, Corona-Krise, Ukraine-Krieg – die Versicherungsbranche und ihre Umsatzerwartungen. Die globalen Umbrüche sind für Versicherungsunternehmen einerseits unmittelbar spürbar, beispielsweise in den Schadenaufwänden nach der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr, andererseits aber auch mittelbar, zum Beispiel durch die hohe Inflation.

Versicherer erwarten unterdurchschnittliche Umsatzentwicklungen

Für das laufende Jahr 2022 und für 2023 erwartet die Branche eine jährliche Prämienentwicklung von jeweils etwa +3,5%, was im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 einen Anstieg um 0,9 Prozentpunkte bedeutet und womit die Umsatzerwartungen der Versicherer deutlich unter denjenigen anderer Industriezweige liegen: Im Schnitt wird für das Gesamtjahr 2022 über alle Branchen hinweg nämlich ein Umsatzzuwachs von 8,1% prognostiziert. Das ergibt eine Branchenbefragung der Managementberatung Horváth&Partners GmbH, die jüngst im Rahmen der Studie „CxO Priorities 2022“ unter Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen bzw. insgesamt unter 280 Topmanagerinnen und -managern stattgefunden hat. „Andere Branchen erwarten, Teile des Umsatzes wieder aufzuholen, der in der Corona-Krise weggebrochen ist, während die Versicherer relativ stabil durchgekommen sind“, kommentiert Martin Müller, Insurance-Experte bei Horváth.

Neuausrichtung von Preismodellen als wichtiges Managementthema

Die größte Herausforderung stellt für die befragten Vorstandsmitglieder aktuell der Preisanstieg dar. So hat die Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen im Vergleich zum Vorjahr an strategischer Bedeutung gewonnen: Bezeichnete 2021 nur etwa die Hälfte der Befragten dieses Handlungsfeld als wichtiges Managementthema, sind es jetzt mehr als drei Viertel. Inflationsbedingte Beitragsanpassungen seien zu erwarten, um beispielweise die gestiegenen Ausgaben für Schaden- und Leistungsaufwände auszugleichen – und sie seien gleichzeitig der Haupttreiber für das absolute Prämienwachstum, so Müller.

Aber auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung sind laut Horváth-Studie stärker in den Fokus gerückt als bisher: Knapp drei Viertel der befragten Versicherer wollen ihr Produktportfolio und ihre Kapitalanlagestrategie anpassen, was sich beispielsweise auch in den zunehmenden Aktivitäten rund um Lebensversicherungen im Run-off oder Bestandsveräußerungen widerspiegele.

Digitalisierung hat höchste strategische Priorität

Die größte strategische Priorität hat für die Branche jedoch nach wie vor die Digitalisierung. So treibt die überwiegende Mehrheit der befragten Versicherer diese aktuell mit „sehr hoher Priorität“ voran, während immerhin noch ein Fünftel der Umfrageteilnehmer eine „hohe Priorität“ für das Thema angeben. Damit steht die Digitalisierung laut Horváth-Studie seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 ununterbrochen an der Prioritäten-Spitze. Allerdings nehmen die Studienautoren der Managementberatung eine Verschiebung des Schwerpunkts wahr: Stand anfangs noch die Kundenschnittstelle im Fokus, so geht es nun verstärkt um die Backoffice-Prozesse und die IT-Kernsysteme der Unternehmen. Horváth-Insurance-Experte Müller sieht hierin gar eine Reaktion auf den absehbaren Fachkräftemangel.

Cyberschutz ist für die Branche doppelt wichtig

Und wo von der Digitalisierung gesprochen und diese priorisiert wird, da ist auch die Cybersicherheit nicht weit. Auch sie gewinnt der Branchenbefragung zufolge an Bedeutung, da mehr als die Hälfte der Versicherer dieses Handlungsfeld gerade ebenfalls mit sehr hoher Priorität bearbeiten. Dabei ist aber festzuhalten, dass die Cybersicherheit für die Versicherungswirtschaft im Gegensatz zu anderen Branchen natürlich auch auf der Produktseite ein interessantes Wachstumsfeld ist – es geht hier also nicht nur um den Schutz der Kundendaten und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen. (ad)

Bild: © gdarts – stock.adobe.com