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4. August 2022
Interesse an ESG-Fonds von Performance getrieben?

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Interesse an ESG-Fonds von Performance getrieben?

Ein Eindruck ist, dass streng nachhaltige Anlageklassen insgesamt ziemlich technologielastig sind. Können Sie diesen Eindruck bestätigen?

Es stimmt, dass viele ESG- und nachhaltige Fonds Technologieunternehmen übergewichten und traditionelle Energieunternehmen untergewichten. Aber ich denke, zu behaupten, dass sich bei ESG alles um schwere Technologie und leichte Energie dreht, ist ein bisschen eine Karikatur. Es gibt viele Technologieunternehmen, die bei ESG nicht gut abschneiden, während einige Unternehmen in den Sektoren Energie, Versorgung und Rohstoffe ihr ESG-Risiko gut managen.

Außerdem ist ESG ein weites Feld, das eine ganze Reihe von Kriterien umfasst. So gibt es beispielsweise Strategien, die soziale Faktoren stärker betonen als Umweltfaktoren. Einige konzentrieren sich beispielsweise auf DEI (Diversität, Gleichheit und Inklusion), und diese tendieren tatsächlich dazu, energieintensiver und technologieärmer zu sein als der Markt. Technologie­unternehmen sind also im Allgemeinen nicht unbedingt Beispiele für Vielfalt, während gleichzeitig einige Energieunternehmen gut abschneiden.

Das Beispiel der DWS zeigt, welche Auswirkungen der Greenwashing-Vorwurf auf eine Fondsgesellschaft haben kann. Werden wir solche Vorkommnisse in Zukunft öfter erleben?

Die Vorgänge bei der DWS werden sicher dazu führen, dass Vermögensverwalter künftig vorsichtiger mit ihren Versprechungen beim Thema ESG umgehen werden. Wir haben bereits wahrgenommen, dass einige europäische Manager „de-branden“ und ESG-bezogene Begriffe aus dem Namen einiger ihrer Fonds entfernt haben. Und ich denke, das ist erst der Anfang. Während sich der vor einigen Jahren begonnene Trend der Neuausrichtung und Umbenennung von Fonds fortsetzen wird, erwarten wir gleichzeitig einen neuen Trend, dass Vermögensverwalter die ESG-Referenzen von Fonds in Marketingmaterialien weniger hervorheben und ESG aus den Namen einiger Fonds streichen werden.

Und wie ist der weitere Ausblick hinsichtlich der Bekämpfung von Greenwashing?

Im nächsten Jahr dürften die Sustainable-Finance-Disclosure-Regulation-Offenlegungen (SFDR) kurzfristig weiter zur Bekämpfung von Greenwashing beitragen, da die stärkeren Offenlegungen beginnen, die erklärten Ziele der Produkte zu validieren und zu untermauern – wenngleich es auch Probleme mit der Benutzerfreundlichkeit und Vergleichbarkeit geben wird, insbesondere für Kleinanleger ohne ESG-Fachwissen. Zudem müssen Probleme mit den PAI-Definitionen zu nachteiligen Umweltauswirkungen ausgeräumt werden.

Langfristig glauben wir, dass regulatorische Ansätze zur Bekämpfung von Greenwashing regelmäßig überprüft werden, um unter anderem technologische Innovationen und die Entwicklung der Nachhaltigkeitspräferenzen von Endanlegern widerzuspiegeln.

Was erwarten Sie im Bereich nachhaltiger Fonds für die nächsten Jahre?

Trotz all der Kritik, die wir in letzter Zeit über ESG gehört haben, und trotz geopolitischer Ereignisse erwarten wir, dass die starke Nachfrage nach ESG und nachhaltigen Produkten in den kommenden Jahren anhalten wird. Diese robuste Nachfrage wird durch globale ESG-Standards, Taxonomien und aufsichtsrechtliche Meldepflichten unterstützt, die Transparenz und Klarheit über die den Anlegern zur Verfügung stehenden Anlageoptionen schaffen werden. Die EU ist mit ihrer Offenlegungsverordnung und Taxonomie führend. Großbritannien und die USA arbeiten an eigenen Offenlegungsvorschriften sowohl für Emittenten als auch für Anlageprodukte. Und auch andere Länder entwickeln eigene Instrumente für die Offenlegungspflichten hinsichtlich nachhaltiger Investments.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 46 f., und in unserem ePaper.

Bild: Hortense Bioy, Morningstar

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Ein Interview mit
Hortense Bioy