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9. Januar 2020
Internetpräsenz und Online-Vermittlung: Pflichten für Vermittler

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Internetpräsenz und Online-Vermittlung: Pflichten für Vermittler

Gesetzliche Beratungs- und Dokumentationspflichten des Vermittlers

Spätestens seit der Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie ist klargestellt, dass die Beratungs- und Dokumentationspflichten der Versicherungsvermittler gemäß § 61 VVG auch im Falle des Fernabsatzes, namentlich bei der Online-Vermittlung gelten.

Zur Erinnerung: Im Zuge der VVG-Reform hatte der deutsche Gesetzgeber auch für Versicherer Beratungs- und Dokumentationspflichten eingeführt, § 6 VVG. Davon ausgenommen war das Fernabsatzgeschäft der Versicherer, § 6 Abs. 6 VVG. In der Folge wurde von interessierter Seite, insbesondere von Online-Vermittlern, die Auffassung vertreten, die Ausnahme für Fernabsatz sei auch für Vermittler (analog) anwendbar. Schließlich sei die Interessenlage gleich. Dies hat das OLG München in dem Rechtsstreit zwischen BVK und CHECK24 mit der Begründung verneint, die Interessenlage sei nicht vergleichbar: Anders als bei einem Versicherer erwarte der Kunde bei einem Versicherungsmakler einen Produktvergleich verschiedener Anbieter. Eine Beschränkung bzw. der Wegfall der Beratungspflichten des Maklers wirke sich daher gegenüber dem Versicherungsnehmer ungleich nachhaltiger aus als eine Beschränkung der Pflichten des Versicherers selbst.

Die Begründung trägt möglicherweise das Ergebnis im Vergleich Online-Vermittlung durch Versicherungsmakler und Online-Vertrieb durch Versicherer, nicht aber im Falle einer Online-Vermittlung durch einen Ausschließlichkeitsvertreter. Hier ist die Interessenlage Versicherer/Vermittler durchaus vergleichbar. Die Begründung des OLG München überzeugt nicht wirklich. Die Entscheidung ist im Ergebnis aber dennoch richtig.

Während der deutsche Gesetzgeber bei der Einführung der Beratungspflichten für Versicherer im Rahmen der VVG weitgehend autonom agieren konnte, war er bei der Umsetzung der EU-Vermittler-Richtlinie von 2003 an die europäischen Vorgaben der Richtlinie gebunden. Und diese sahen eine Ausnahme bei Beratungspflichten für Online-Geschäfte schlicht nicht vor. Wegen der vorgeschriebenen Mindestharmonisierung konnte der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie nicht unterschreiten und deshalb keine Ausnahmen für Online-Vermittlung vorsehen. Insofern fehlte von vornherein eine planwidrige Lücke für eine analoge Anwendung. Mittlerweile ist das Privileg der Versicherer für den Fernabsatz entfallen, sodass die Beratungs- und Dokumentationspflichten bei Online-Vertrieb für Versicherer und Vermittler gleichermaßen gelten.

Auf die mit den – bei der Online-Vermittlung typischerweise – algorithmisch und automatisch angelegten Analysen und Empfehlungen im Zusammenhang stehenden Risiken für Vermittler hat Dr. Frank Baumann, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, hier kürzlich zu Recht hingewiesen (siehe AssCompact 10/2019, Seite 160 f.).

Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass diese Risiken auch nicht mit einem manchmal empfohlenen Beratungsverzicht vollends ausgeschlossen werden können. Ein Beratungsverzicht kann nach neuem Recht nunmehr auch in Textform und damit auch im Zuge der Online-Vermittlung erklärt werden. Dies entbindet den Online-Vermittler aber nicht von seiner Pflicht, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden online zu erfassen und nur Versicherungsverträge anzubieten, die den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entsprechen. Hilfreich ist eher eine offen kommunizierte Beschränkung auf Produkte eines oder weniger Anbieter, weil damit die aus dem Marktvergleich resultierenden Risiken ausgeblendet werden können.

Weitere Pflichten

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch und gerade bei der Online-Vermittlung datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden müssen. Ferner müssen Online-Vermittler Informationen zur Streitschlichtung bereitstellen und darauf achten, dass Werbung auch im Internet als solche erkennbar sein muss.

Bild: © peterschreiber.media – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2020, Seite 90 f. und in unserem ePaper.

Lesen Sie auch: Beratungspflichten im digitalen Versicherungsvertrieb

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