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17. Oktober 2023
Internetpräsenz/Onlinevermittlung: Pflichten für Vermittler
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Internetpräsenz/Onlinevermittlung: Pflichten für Vermittler

Viele Versicherungsvermittler geben Kunden auf ihren Websites Informationen über Risiken und Produkte weiter oder bieten sogar die Möglichkeit, direkt über die Website Versicherungsverträge abzuschließen. Internetpräsenz und Onlinevermittlung berühren zahlreiche Rechtsvorschriften. Welche Pflichten und Risiken ergeben sich daraus für Vermittler?

Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler

Längst hat die Digitalisierungswelle auch die Versicherungswirtschaft erreicht. Viele Versicherungsvermittler bieten auf ihren Internetseiten nicht nur Informationen über Risiken und Produkte an, sondern geben den Kunden auch die Möglichkeit, direkt über die Internetseite online Versicherungsverträge abzuschließen. Internetpräsenz und Onlinevermittlung von Versicherungsverträgen durch Versicherungsvermittler berühren zahlreiche Rechtsvorschriften, aus denen sich Pflichten und Risiken für Vermittler ergeben können.

Impressum

Gemäß § 5 Telemediengesetz (TMG) müssen Dienstanbieter für geschäftsmäßige Telemedien die dort näher aufgeführten Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Versicherungsvermittler müssen dabei besonders Folgendes beachten: Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG müssen Versicherungsvermittler Name, Anschrift und Internetadresse der jeweiligen IHK nennen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG müssen im Handelsregister eingetragene Vermittler das Register und die Registernummer im Impressum angeben. Das Versicherungsvermittlerregister ist in § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG nicht ausdrücklich aufgeführt. Es ist jedoch empfehlenswert, in das Impressum das Register und die Registrierungsnummer wie in der Erstinformation aufzunehmen. Zwar fallen Versicherungsvermittler nicht unter die in § 5 Abs. 1 Nr. 5 TMG näher bezeichneten Richtlinien. Es ist dennoch empfehlenswert, die jeweilige Kammer, die gesetzliche Berufsbezeichnung und die berufsrechtlichen Regelungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) bis c) TMG aufzuführen. Bei journalistisch-redaktionellen Beiträgen (Blog) muss gem. § 18 Abs. 2 Medienstaatsvertrag der inhaltlich Verantwortliche genannt werden (früher § 55 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag). Muster für das Impressum halten Berufsverbände bereit.

Erstinformation

Gemäß § 15 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) müssen Versicherungsvermittler ihren Kunden beim ersten Geschäftskontakt die dort näher bezeichneten Informationen mitteilen. Neu im Vergleich zum früheren Recht sind die Angaben zu § 15 Abs. 1 Nrn. 4 bis 8 VersVermV (Angaben zu Beratung und Vergütung). Die Erstinformation kann unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 2 VersVermV auch über eine Website mitgeteilt werden. Dabei reicht es nicht aus, dass die Erstinformation lediglich zum Abruf durch den Kunden, etwa durch Klicken eines Buttons „Erstinformation“, bereitgehalten wird. Dies genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 15 Abs. 1 VersVermV, nach denen die Erstinformation mitzuteilen ist. Nach der Rechtsprechung ist es vielmehr erforderlich, dass der Kunde die Information per Briefpost oder per E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt. Es ist also Aufgabe des Vermittlers, die Information aktiv zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Kunden, sich die Information selbst zu beschaffen. Möglich ist auch ein obligatorischer Download, ohne den der Vermittlungsvorgang nicht fortgesetzt werden kann. Vermittler müssen also darauf achten, dass bei einer Onlinevermittlung spätestens vor dem Zeitpunkt, an dem vom Kunden personalisierte Angaben erwartet werden, die Übermittlung der Erstinformation per E-Mail oder Zwangsdownload erfolgt und dies auch entsprechend – etwa durch eine Bestätigungsmail des Kunden – dokumentiert wird.

Gesetzliche Beratungs- und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers

Spätestens seit der Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) ist klargestellt, dass die Beratungs- und Dokumentationspflichten der Versicherungsvermittler gemäß § 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) auch im Falle des Fernabsatzes, namentlich bei der Onlinevermittlung gelten. Zur Erinnerung: Im Zuge der VVG-­Reform hatte der deutsche Gesetzgeber auch für Versicherer Beratungs- und Dokumentationspflichten eingeführt, § 6 VVG. Davon ausgenommen war das Fernabsatzgeschäft der Versicherer, § 6 Abs. 6 VVG.

In der Folge wurde von interessierter Seite, insbesondere von Onlinevermittlern, die Auffassung vertreten, die Ausnahme für Fernabsatz sei auch für Vermittler (analog) anwendbar. Schließlich sei die Interessenlage gleich. Dies hat das OLG München in dem Rechtsstreit zwischen BVK und CHECK24 mit der Begründung verneint, die Interessenlage sei nicht vergleichbar. Anders als bei einem Versicherer erwarte der Kunde bei einem Versicherungsmakler einen Produktvergleich verschiedener Anbieter. Eine Beschränkung bzw. der Wegfall der Beratungspflichten des Maklers wirke sich daher gegenüber dem Versicherungsnehmer ungleich nachhaltiger aus als eine Beschränkung der Pflichten des Versicherers selbst. Die Begründung trägt möglicherweise das Ergebnis im Vergleich „Onlinevermittlung durch Versicherungsmakler“ und „Onlinevertrieb durch Versicherer“, nicht aber im Falle einer Onlinevermittlung durch einen Ausschließlichkeitsvertreter. Hier ist die Interessenlage Versicherer/Vermittler durchaus vergleichbar. Die Begründung des OLG überzeugt nicht wirklich. Die Entscheidung ist im Ergebnis dennoch richtig. Während der deutsche Gesetzgeber bei der Einführung der Beratungspflichten für Versicherer im Rahmen der VVG weitgehend autonom agieren konnte, war er bei der Umsetzung der EU-Vermittler-Richtlinie von 2003 an die europäischen Vorgaben der Richtlinie gebunden. Und diese sah eine Ausnahme bei Beratungspflichten für Onlinegeschäfte schlicht nicht vor. Wegen der vorgeschriebenen Mindestharmonisierung konnte der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie nicht unterschreiten und deshalb keine Ausnahmen für Onlinevermittlung vorsehen. Insofern fehlte von vornherein eine planwidrige Lücke für eine analoge Anwendung. Mittlerweile ist das Privileg der Versicherer für den Fernabsatz entfallen, sodass die Beratungs- und Dokumentationspflichten bei Onlinevertrieb für Versicherer und Vermittler gleichermaßen gelten.

Versicherungsmakler müssen darauf achten, dass im Rahmen der – bei der Onlinevermittlung typischerweise – algorithmisch und automatisch angelegten Analysen und Empfehlungen eine hinreichende Anzahl von Versicherern gewährleistet ist. Dies ist angesichts der die praktische Umsetzung im Maklerbüro verkennenden Rechtsprechung, auch Direktversicherer im Vergleich zu berücksichtigen, nicht ohne Risiko, zumal die Beratungsgrundlage online jederzeit und für jedermann erkennbar ist. Diese Risiken können auch nicht mit einem Beratungsverzicht ausgeschlossen werden. Zwar kann ein Beratungsverzicht im Zuge der Onlinevermittlung nach neuem Recht nunmehr auch in Textform unter Beachtung der Belehrungspflicht erklärt werden. Dies entbindet den Onlinevermittler nur von der Beratung (Abgabe einer persönlichen Empfehlung), nicht aber von seiner Pflicht, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden online zu erfassen und nur Versicherungsverträge anzubieten, die den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entsprechen (Art. 20 IDD). Hilfreich ist eher eine offen kommunizierte (Beratungsgrund­lage muss übermittelt werden, § 62 Abs. 1 VVG) Beschränkung auf Produkte eines oder weniger Anbieter, weil damit die aus dem Marktvergleich resultierenden Risiken ausgeblendet werden können.

Weitere Pflichten

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch und gerade bei der Onlinevermittlung datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden müssen. Ferner müssen Onlinevermittler Informationen zur Streitschlichtung bereitstellen und darauf achten, dass Werbung auch im Internet als solche erkennbar sein muss.

Über Hans-Ludger Sandkühler

Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 10/2023 und in unserem ePaper.

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