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28. Mai 2025
Warum der Abbruch einer BU-Beratung Haftungsrisiken birgt

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Warum der Abbruch einer BU-Beratung Haftungsrisiken birgt

Warum der Abbruch einer BU-Beratung Haftungsrisiken birgt

Nach wie vor wird in der Beratung die Grundfähigkeitsversicherung häufig nicht als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Erwägung gezogen. Wenn eine Berufsunfähigkeitspolice für den Kunden aber keine Option ist, sollten Makler alternative Lösungen aufzeigen. Ein Abbruch der Beratung ist rechtlich riskant, wie Fachanwalt Dr. Frank Baumann erläutert.

Ein Artikel von Dr. Frank Baumann, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Sozietät Wolter Hoppenberg

Viele Versicherungsmakler betrachten die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) als die beste Option zur Absicherung der Arbeitskraft. Das ist nachvollziehbar – so bietet die BU bekanntlich einen sehr umfassenden Schutz, der sich zudem über Jahre etabliert und weiterentwickelt hat.

Zur Weiterentwicklung der Produktlandschaft im Bereich der Arbeitskraftabsicherung gehört ohne Zweifel aber auch die Grundfähigkeitsversicherung, die anders als die BU, dann leistet, wenn definierte körperliche Fähigkeiten verloren gehen.

Dennoch wird nach wie vor in der Beratung die Grundfähigkeitsversicherung häufig nicht als Alternative zur BU in Erwägung gezogen. Dies kann tatsächlich gravierende Folgen nach sich ziehen: Kunden, die aus gesundheitlichen, finanziellen oder beruflichen Gründen keine BU abschließen, bleiben ggf. gänzlich ohne jegliche Absicherung. Dabei könnte eine Grundfähigkeitsversicherung zu­mindest einen Teil der wirtschaftlichen Risiken auffangen, indem sie den Verlust essenzieller körperlicher Fähigkeiten absichert.

Rechtliche Einordnung und aktuelle Rechtsprechung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Beratungspflicht eines Versicherungsmaklers ergeben sich insbesondere aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Ein Makler, der Kunden zur Arbeitskraftabsicherung berät, ist verpflichtet, sämtliche in Betracht kommenden Produkte zu berücksichtigen, um eine bedarfsgerechte Absicherung zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass er nicht nur BU-Produkte anbieten darf, sondern auch alternative Absicherungen anbieten muss, wenn eine BU nicht infrage kommt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem aktuellen Urteil vom 11.12.2024 (Az. IV ZR 498/21) klargestellt, dass nicht jeder Versicherungsvertrag, der mit einer Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit in Verbindung steht, automatisch nach § 177 Abs. 1 VVG den gesetzlichen Regelungen der Berufsunfähigkeitsversicherung unterworfen ist. Insbesondere verweist der BGH auf § 177 Abs. 2 VVG, der etwa die Unfallversicherung von der Regelung ausnimmt, obwohl auch dort eine Arbeitsunfähigkeit resultieren kann. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass der Versicherungsmakler dann nicht mehr über den Abschluss einer Grundfähigkeitsversicherung beraten muss, wenn für den Versicherungsnehmer keine BU in Betracht kommt. Vielmehr unterstreicht die Entscheidung, dass verschiedene Versicherungsprodukte unterschiedliche Leistungsauslöser haben und nicht einfach als minderwertig oder nachrangig angesehen werden dürfen.

Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Dresden stellte in seinem Urteil vom 07.11.2023 (Az. 4 U 54/23) klar, dass ein Versicherungsmakler die Unterschiede zwischen BU und Grundfähigkeitsversicherung dezidiert erläutern muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer besonderen Wert auf eine umfassende Absicherung legt. Eine Beratungspflicht zur Grundfähigkeitsversicherung entfällt nicht einfach deshalb, weil sie nicht identisch zur BU ist. Vielmehr ist der Makler verpflichtet, alle relevanten Optionen zu prüfen, bevor er eine Empfehlung ausspricht.

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Ein Artikel von
Dr. Frank Baumann