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21. Februar 2022
Investment: Silber und seine zwei Seiten
Silver ingots stack background.

Investment: Silber und seine zwei Seiten

Im Gegensatz zum Wertspeicher und Schmuckmaterial Gold spielt Silber auch als Industriemetall eine große Rolle. Weshalb ausgerechnet der Aufstieg von Tesla und Co. dem Investment in Silber neuen Auftrieb verleihen könnte, verrät Andreas Stoll vom AUREUS Golddepot.

Ein Artikel von Andreas Stoll, Vertriebskoordinator bei der AUREUS Golddepot GmbH

Silber ist ein endlicher Rohstoff, dessen förderfähige Reserven vom United States Geological Survey im Januar 2020 auf weltweit 560.000 Tonnen geschätzt wurden. Davon entfallen schätzungsweise 120.000 Tonnen auf Peru, 100.000 Tonnen auf Polen, 90.000 Tonnen auf Australien und 45.000 Tonnen auf Russland. Diese vier Staaten halten zusammen einen Anteil von 63,4% an den weltweiten Reserven. Gleichzeitig ist für die Beurteilung der Reserven noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Silber wird aus Kostengründen im Gegensatz zu Gold so gut wie nicht recycelt.

Silber in der Industrie

Gleichzeitig wird Silber aber weltweit als Industrie- und Investmentmetall behandelt und gehandelt. Die Einsatzbereiche in der Industrie sind vielfältig. Aufgrund der guten Leit­fähigkeit (Silber ist der beste elektrische Leiter) wird Silber beispielsweise in vielen elektronischen Anwendungen verbaut. Wegen des hohen Reflex­ionsvermögens ist Silber aber auch in der Fotovoltaik stark gefragt. Sogar antiseptische Eigenschaften weist das Edelmetall auf und führt so zunehmend zu Nachfrage in der Medizin sowie der Medizintechnik.

Globale Infrastruktur-Großprojekte wie Chinas „Neue Seidenstraße“ befeuern den Silberbedarf. Mit dem Fokus auf die Klimapolitik und der damit einhergehenden weltweit angestrebten CO₂- Neutralität werden mehr und mehr Fahrzeuge mit Verbrennerantrieb durch Elektroautos ersetzt.

Silber in der Produktion von E-Autos

Betrachtet man beispielsweise den derzeitigen Silberbedarf für die Produktion eines Kraftfahrzeugs, kann man feststellen, dass zur Herstellung eines Verbrennerfahrzeugs etwa eine Unze Silber, für ein Hybridfahrzeug 1,5 Unzen und für ein komplettes Elektrofahrzeug sogar rund 2 Unzen benötigt werden.

So kann die angestrebte Umstellung im Fahrzeugbau zu einer Verdopplung der Nachfrage nach Silber führen. Mit dem Wissen, dass zukünftig voraussichtlich rund 100 Millionen E-Fahrzeuge weltweit pro Jahr produziert werden dürften, steigt die Nachfrage rechnerisch auf ca. 200 Mio. Unzen. Dem steht eine jährliche Förderung von rund 806 Mio. Unzen mit fallender Tendenz, bezogen auf die letzten fünf Jahre, gegenüber.

Damit entsteht auf der einen Seite eine erhöhte Nachfrage, die auf der anderen Seite nicht einfach aus bestehenden Quellen zu decken sein wird.

Flaschenhals Silbermine

Die Silberförderung findet derzeit zum einen in reinen Silber­minen und zum anderen in Minen statt, deren Hauptförderung auf andere Metalle wie Gold, Zink, Kupfer etc. ausgerichtet ist.

Während die reinen Silber­minen auf einen Unzenpreis oberhalb ihrer Förder- bzw. Break-even-Kosten angewiesen sind (Beispiel: Panamericana Silber Förderkostenausgleich 13,42 Euro, Break-even 15,21 Euro pro Unze), können andere Minen, die Silber nebenbei mitfördern, günstigere Preise anbieten. Dort kommen rund 70% der Silberförderung her. Auf diese Weise ist zu erklären, dass Silberminen die Fördermengen nicht erhöht, zum Teil eher reduziert haben. Diese Umstände erschweren auch die bei Edelmetallen übliche Bestimmung des intrinsischen (inneren) Wertes von Silber für Investoren.

Zumindest eine ungefähre Bestimmung des intrinsischen Wertes von Silber ist über die Förderkosten jedoch möglich. Wenn wir wissen, wie hoch die Förderkosten für eine Unze Edelmetall sind (Energie-, Lohn- und Aufwandskosten), können wir den wahrscheinlichen Wiederbeschaffungswert ermitteln, den eine Unze aus Sicht der Minen­betreiber mindestens einbringen muss, um kostendeckend bzw. gewinnbringend zu sein.

Mit diesen Zahlen im Hinterkopf wird deutlich, dass Silber auch als Investmentmetall interessant ist. Sein historisches Hoch an der Börse lag während der letzten Banken- und Finanzkrise 2011 bei 32,88 Euro pro Unze. Aktuell bewegt sich der Silberpreis bei 20 Euro pro Unze.

Im Schatten des Goldes

Silber steht leider immer noch im großen Schatten seines Bruders Gold. Trotz der Popularität von Gold sollte man auch Silber nicht verachten, denn vor allem aufgrund der großen Nachfrage aus der Industrie bietet Silber viele Chancen. Für Investoren, die in physisches Silber investieren wollen, ist das Edelmetall sicherlich etwas problematisch, da selbst bei mittleren Investitionen im fünfstelligen Euro­bereich sehr schnell Silbereinheiten zusammenkommen, die in puncto Umfang und Gewicht erst einmal entsprechend gelagert werden müssen. Zusätzlich wird der Kauf von Silber in Deutschland mit derzeit 19% Mehrwertsteuer belegt.

Ausweichmöglichkeiten und Lösungen für beide Herausforderungen bieten Zollfreilager an. In den zollfreien Zonen werden Waren angeliefert, die noch unverzollt sind. Die fiskalischen Abgaben fallen erst an, wenn die eingelagerten Waren in das Bestimmungsland eingeführt werden. Das erworbene Edelmetall wird im Hochsicherheits-/Zollfreilager verwahrt. Damit genießt der Eigentümer neben dem Mehrwertsteuervorteil optimale Sicherheit und 100%-igen Versicherungsschutz.

Gold/Silber-Ratio

Interessenten, die mit dem Gedanken spielen, eine Investition in Silber zu tätigen, wird bei der Recherche mit Sicherheit das sogenannte Gold/Silber-Ratio begegnen. Dabei handelt es sich um das Werteverhältnis zwischen den beiden Edelmetallen. Obwohl das Verhältnis des geologischen Vorkommens zwischen Gold und Silber derzeit bei bekannt eins zu sieben liegt, liegt das börsliche Ratio seit 20 Jahren durchschnittlich bei 1 zu 60 und aktuell bei 1 zu 75. Aus diesem Grund sprechen Experten von einer Unter­bewertung von Silber.

Vielleicht entsteht das Investoreninteresse aus dem aktuellen Spannungsfeld von Zinsen auf Guthaben und der Entwicklung der Inflationsrate in Deutschland. Während die EZB seit 2016 einen Null- Zins-Kurs fährt, vermeldet das Statistische Bundesamt Rekordinflationsraten von 5,2%. Wer sich als Anleger darum aus den Geldwerten verabschiedet und auf Sachwerte umschwenkt, stellt verhältnismäßig hohe Preise bei Aktien und Immobilien fest. Im Augenblick rücken vermehrt Edelmetalle in die Aufmerksamkeit von Anlegern.

Nachdem sich die Einführung des Euro am 01.01.2022 zum zwanzigsten Mal gejährt hat, können wir ein kleines Gedankenspiel machen: Vor zwanzig Jahren tauschten wir rund 200 DM in 100 Euro. Angenommen, wir hätten die 200 DM stattdessen in Silber getauscht, so hätten wir rund 20 Unzen (~620g) Silber erhalten. Heute hat diese Silbermenge einen Wert von ca. 380 bis 400 Euro.

Fazit

Mittel- und langfristig hat Silber sein Potenzial als Wertaufbewahrungsmedium für Anleger bewiesen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Silber aktuell als Industriemetall sehr gefragt ist und diese Nachfrage perspektivisch noch weiter steigen dürfte. Gleichzeitig ist Silber gemäß der Gold/Silber-Ratio massiv unterbewertet und somit auch als Investmentmetall attraktiv.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2022, S. 58 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Destina – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Andreas Stoll