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22. Mai 2019
Investments in Wohnimmobilien: Die Frage ist nicht, ob, sondern wo

Investments in Wohnimmobilien: Die Frage ist nicht, ob, sondern wo

Die Preise für deutsche Wohnimmobilien ziehen seit Jahren stark an. Vor allem in den Metropolen bewegen sie sich zum Teil bereits auf einem Niveau, auf dem weitere Wertsteigerungen fraglich und die Ankaufrenditen niedrig sind. Investoren haben aber mehrere Möglichkeiten, um diesem Dilemma zu entkommen.

Von Gabriele Volz, Geschäftsführerin von WealthCap

Man muss kein Skeptiker sein, um zu wissen, dass Immobilienmärkte zyklisch sind. Da bilden Wohnimmobilien in deutschen Städten keine Ausnahme. Nach Jahren steigender Preise und Mieten müsste diese Hausse doch einmal enden. Gleichzeitig sind die Renditen durch die Mieteinkünfte zum Teil auf Tiefstwerten angekommen. Ist es da für institutionelle Investoren oder Privatanleger überhaupt noch ratsam, zum jetzigen Zeitpunkt in deutsche Wohnimmobilien zu investieren? Die Antwort darauf lautet: Kommt drauf an. Investoren müssen heutzutage sehr viel genauer hinschauen als noch vor einigen Jahren.

Keine Entspannung zu erwarten

Insbesondere in den wachsenden Schwarmstädten ist auf absehbare Zeit keine Entspannung am Wohnungsmarkt zu erwarten. Das betrifft sowohl die Mieten als auch die Kaufpreise. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) bleibt in seinem Frühjahrsgutachten bei der Einschätzung, dass der Nachfrageüberhang weiter angestiegen ist. Vor allem in den Metropolen hinke der Neubau dem Bedarf von mindestens 350.000 neuen Einheiten im Jahr hinterher. Solche Analysen und Prognosen sind für das Verständnis und die Einschätzung der Marktlage sehr wichtig. Doch für eine Investmententscheidung im Hier und Jetzt sind das ziemlich viele Konjunktive. Wohnimmobilien sind Investmentobjekte, nach denen es auch in ferner Zukunft eine fundamentale Nachfrage geben wird. Gewohnt wird ja immer. Die Frage ist deshalb nicht, ob, sondern wo, wie und zu welchem Preis Wohnimmobilien ein nachhaltig rentables Investment darstellen können. In den gefragtesten Lagen der attraktivsten Städte haben Wohn­immobilien hoher Qualität inzwischen Preisniveaus erreicht, die zum einen weitere Wertsteigerungen fraglich erscheinen lassen und zum anderen kaum mehr adäquate Ankaufsrenditen generieren – der ZIA berichtet von 3% und weniger in München oder Berlin.

Lagen unbefangen identifizieren

In diesem Dilemma haben Investoren mehrere Möglichkeiten: Sie können Abstriche bei der Qualität der Objekte in Kauf nehmen oder zu einem früheren Zeitpunkt der Wertschöpfungskette investieren – also Value-Add-Strategien verfolgen oder bereits im Stadium der Projektentwicklung einsteigen. Das Potenzial für Wertsteigerungen und Cashflow-Renditen ist dann wesentlich höher. Allerdings ist diese Strategie mit größerem Aufwand und höherem Risiko verbunden. Dieser Herausforderung lässt sich mit einer breiten Streuung oder einem möglichst hohen Maß an eigener Kontrolle begegnen.

Neue Ansatzpunkte suchen

Eine weitere Möglichkeit ist es, bei Makro- und Mikrolagen neue Ansatzpunkte zu finden. Viele Investoren konzentrieren sich auf die guten Lagen in den Metropolen, ähnlich wie bei Büroobjekten. Doch gerade die Wohnungsmärkte sind vielfältiger aussichtsreich. So gibt es zum einen Städte, die in den einschlägigen Rankings zu Wirtschaftskraft, Arbeitsmarkt, Bevölkerungsentwicklung oder Lebensqualität regelmäßig schlecht abschneiden. Das trifft auf einige Standorte im Ruhrgebiet zu sowie auf andere, strukturschwächere Regionen. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass es nicht auch in solchen Städten attraktive Mikrolagen – also Stadtviertel oder Straßenzüge – gibt, in denen die Menschen gerne leben, in denen deshalb geringer Leerstand herrscht und Potenzial für steigende Immobilien­werte und Wohnungsmieten besteht.

Potenziallagen früh erkennen

Auf der anderen Seite gibt es den umgekehrten Fall: Selbst in Städten mit hoher Wirtschaftskraft und Lebensqualität finden sich weniger attraktive Wohnlagen oder Standorte, die schon sehr teuer geworden sind und deshalb wenig Entwicklungspotenzial aufweisen. Im Falle der großen Metropolen haben sich einige dieser Lagen innerhalb relativ kurzer Zeit zunächst zu aufstrebenden und schließlich zu etablierten Quartieren entwickelt. Inzwischen werden für sie mitunter die höchsten Immobilienpreise und Mieten aufgerufen. Angesichts dessen sind diese Lagen für Investoren oftmals nicht mehr erste Wahl. Eine alternative und vielversprechende Investmentstrategie besteht deshalb darin, frühzeitig echte Potenziallagen zu identifizieren. Diese haben die Chance, sich zu etablierteren Mikrostandorten weiterzuentwickeln. Entwicklungen wie diese lassen sich in Berlin sehr gut beobachten: Zuerst war es der Prenzlauer Berg, dann Kreuzberg, aktuell scheinen etwa Teile Neuköllns eben diesen Weg eingeschlagen zu haben. Moabit oder Tempelhof haben womöglich das Potenzial, eine ähnliche Rolle einzunehmen. Entscheidend ist, die Kriterien zu erkennen, die auf eine solche Entwicklung in der Zukunft hindeuten.

Chancen abseits der Metropolen

Doch wer sich als Wohnimmobilieninvestor nur auf Metropolen beschränkt, lässt große Chancen außer Acht. Genauso wenig, wie Deutschlands Wirtschaft nur aus den Dax-Konzernen besteht, setzt sich die Städtelandschaft nur aus einer Handvoll oder maximal einem Dutzend Metropolen zusammen. Deutschland ist das Land der Hidden Champions: Es gibt unzählige Mittelständler, die in ihren speziellen Segmenten mitunter Weltmarktführer sind, oftmals inhaber- bzw. familiengeführt, in der Regel nicht börsennotiert. Das geht vom Autozulieferer über den Maschinenbauer bis zum Medizintechniker. Die meisten dieser Unternehmen sind nicht in den Metropolen angesiedelt, sondern in traditionell stark vom mittelständischen Unternehmertum geprägten Regionen. Beispiele sind Schwaben, Franken oder Ostwestfalen. Deshalb sind nicht nur in Berlin, sondern auch in Bielefeld zahlungskräftige Mieter auf der Suche nach einer schönen und gut gelegenen Wohnung.

Attraktive Investmentopportunitäten weiter vorhanden

Die Beispiele zeigen: Gerade langfristig orientierte Investoren können am deutschen Wohnimmobilienmarkt durchaus attraktive Investmentopportunitäten finden. Die Zukunftsfähigkeit einer Immobilie und ihrer Lage hängt von zahlreichen Faktoren ab. Der prestigeträchtige Name ist kein Erfolgsgarant. Lokale Expertise, ein Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen, ein genauer Blick in vermeintlich weniger attraktive Städte und Regionen sowie ein systematisches Vorgehen sind wichtige Voraussetzungen, um im gegenwärtigen Umfeld die chancenreichsten Investments zu identifizieren.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2019, Seite 72 f. und in unserem ePaper.

Bild: © adam121 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Gabriele Volz