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11. November 2020
JDC zur Goldgräberstimmung im Bereich Digital Bancassurance

JDC zur Goldgräberstimmung im Bereich Digital Bancassurance

Derzeit tut sich einiges im Bereich Digital Bancassurance. So hat etwa die Deutsche Bank einen digitalen Versicherungsmanager gestartet. Auch JDC ist in Sachen Bancassurance aktiv. Wie man beim Maklerpool die Entwicklungen in diesem Bereich betrachtet, erzählt Stefan Bachmann, JDC-Group-Vorstand, im Interview.

Herr Bachmann, kann man von Goldgräberstimmung beim Thema Bancassurance sprechen

Definitiv ist das so. Nur leider ist nicht alles Gold, was glänzt. Aktuell versucht sich jeder irgendwie an dem Thema und fügt noch schnell das Wort „digital“ hinzu. Was aber wirklich eine funktionierende digitale Lösung ausmacht, betrachtet kaum jemand im Detail. Gerade das Duo Deutsche Bank und friendsurance hat über zwei Jahre nach Ankündigung gebraucht, um an den Start zu gehen und war dann nur mit zwei vollends digitalen Abschlussstrecken live. Gleichzeitig sollte man tiefer in die Prozesse eines jeden Versicherungsmanagers schauen und welche Partner hier die tatsächliche Wertschöpfung liefern.

Der Business Case für eine Umsetzung ist aber in der Tat höchst attraktiv für Banken oder eine Kombination aus Bank und Ankerversicherer. Die Ertragslage der Banken leidet aufgrund der anhaltenden Minizinsen seit geraumer Zeit. Sie sind also gezwungen, ihr Geschäftsmodell zu ändern und zu erweitern, um sich neue Einnahmequellen zu erschließen. Einige Banken haben das zunächst in Eigenregie oder mit InsurTechs versucht – jedoch mit wenig Erfolg. Jetzt setzen sie verstärkt auf erfahrene Technologieanbieter, die die gesamte Wertschöpfungskette abbilden können – vom ersten Kundenkontakt zum Vertragsabschluss und final der Bestandsadministration.

Ein Duo haben Sie genannt, aber auch die comdirect macht es, die R+V macht es und auch die Genossenschaftsbanken sind von der Partie. Wie nehmen Sie die Entwicklung wahr?

Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau und kämpfen für mehr Prozesswissen in den Entscheidergremien, weil wir wissen, dass wir mit unserer Plattformtechnologie der richtige Partner für Unternehmen sind, die im Bancassurance-Bereich aktiv werden wollen. Aktuell stellt sich immer die Frage nach dem regulatorischen Set-up. Wie kann ich zum Kunden hin auftreten und wie binde ich den Status der Bank und den vielleicht zentralen Versicherungspartner mit ein? Wie sieht das als Makler, als Mehrfachagent oder mit Direktbeständen aus? Für all diese Eventualitäten in einem Sichtsystem für Endkunden und Berater braucht es eine erfahrende Plattformlösung, die all dies vereint und sicher für die Partner administrieren kann.

InsurTechs, Softwarehäuser und auch Infrastrukturdienstleister wie die JDC stehen im Wettbewerb – entsprechend äußern Sie sich ja auch. Wie hart ist das Rennen?

Zu lange haben sich manche Entscheidungsgremien von Frontend-Lösungen blenden lassen und verkannt, dass Digitalisierung im Maschinenraum und in den Prozessen entschieden wird. Natürlich wollen an diesem stark wachsenden Markt viele Akteure mitverdienen. Technik und Digitalisierung haben es möglich gemacht, dass klassische Modelle aufgebrochen werden können und natürlich manche privilegierte Positionierung so nicht mehr aufrechterhalten bleibt. Wir kämpfen für ein offenes, transparentes Modell für den Kunden. Wenn man in so einen klassischen Markt geht, dann kann es auch einmal sehr politisch werden.

Positiv im Rennen ist es immer dann, wenn man überhaupt eingeladen wird und die vielschichtigen Prozesse von Regulatorik, Setup sowie Einbindung des Vertriebs mit dem Wissen eines Pools erklären kann. Hier liegen die entscheidenden Faktoren für eine Bank und ein Kooperationsmodell. Insofern ist das Rennen weniger hart, wenn man weiß, dass man einen technologischen Vorsprung hat und diesen auch präsentieren darf.

Ein paar Punkte haben Sie schon genannt, aber was kann ein Haus wie das Ihrige, was andere – vielleicht – nicht können?

Beginnen wir bei der Grundlage für den Geschäftsbetrieb: Das regulatorische Set-up und wie sich davon die Themen Datenbeschaffung, technische Prozesse und strukturierte Abrechnung ableiten. Sie müssen für die Partner im Bancassurance für jedes Modell – egal, ob als Makler, als Mehrfachagent oder in einer Zusammenarbeit mit einem Ankerversicherer – die Datenströme bewerkstelligen können. Es geht hier um eine konsolidierte Anzeige für den Kunden, aber auch für den Berater im System. Dies muss dann in einem zweiten Schritt auch für jedes Vertriebsmodell darstellbar sein. Die konsolidierte Darstellung braucht Rollen- und Rechtekonzept genauso wie eine strukturierte Abrechnung für Filialen, eine Zentrale oder ein Lead-/Tippgebermodell. Stellen Sie dies für alle möglichen Produktgesellschaften im Markt zusammen, von denen Ihnen jeder die Daten anders liefert, weil es noch nicht diesen umfassenden Standard gibt – eine große Aufgabe.

Wir sind quasi so etwas wie der PSD2 für Versicherungen mit dem, was wir im Maschenraum leisten und dann für alle Sichtsysteme aufbereiten. Dies alles geht auch API-basiert für Partner, die ihr eigenes Frontend haben. Wir sind einerseits quasi ein InsurTech mit dem nötigen technologischen Know-how für intelligente digitale Vertriebslösungen und andererseits ein Unternehmen mit einer mehr als 60-jährigen Erfahrung im Finanz- und Versicherungsvertrieb. Diese jahrzehntelange Erfahrung und das Wissen um die Belange des Vertriebsmarktes und der Endkunden bilden die Basis für unsere Plattformtechnologie. Diese Kombination gibt es nicht so oft am Markt.

Neben der Technologie und der Abwicklung geht es ja vor allem um Daten und Datensicherheit. Wo liegen hier die Herausforderungen?

Wenn eine Bank mit einem InsurTech zusammenarbeitet, um dem Kunden im Versicherungsbereich einen optimalen digitalen Service mit hübschem Frontend bieten zu können, muss es dahinter noch andere Subdienstleister geben, die die Abwicklung der Kundenaufträge zu den Versicherungen übernehmen. Das bedeutet: Die Daten der Kunden gehen durch viele Hände, was die Gewährleistung der Datensicherheit deutlich erschwert. Denken Sie nur mal an den Prozess, wenn ein Kunde im Frontend seine Maklervollmacht zurückzieht und alle Daten gelöscht sehen will. Dann kommt es darauf an, wer im Backend jetzt wie die Prozesse führt und dokumentiert. Bei einer umfassenden Plattformlösung, die Prozesse von physisch zugestellter Briefpost, einem digitalen Ordner über Datenverarbeitung bis hin zur Datensicherheit im Rechenzentrum leistet, haben Sie einfach einen Vorteil.

Je mehr Dienstleister Sie in dieser Kette haben, umso mehr Audits und Zertifizierungen müssen Sie erstellen und kontrollieren. Das kann bei der Masse von Datenvorgängen bei mehreren 100.000 Kunden schon sehr aufwändig werden. Mit unserer Plattformtechnologie bieten wir unseren Großkunden wie etwa einer comdirect oder einer Sparda Bank ein System, eine Abrechnung, eine App und ein CRM. Damit können wir die Datensicherheit garantieren, weil die Kundendaten nicht an zu vielen zentralen Punkten noch an Dritte gehen.

Alles aus einer Hand ist folglich Ihre Devise. Welche weiteren Vorteile hat dies?

Wie oben bereits erwähnt decken wir die gesamte Wertschöpfungskette ab. Wir sichern die Provisionsflüsse und machen die komplette revisionssichere Abrechnung in den Systemen. Zudem sind wir mit einem Berater-Frontend und auch über Schnittstellen in die Banksysteme eingebunden – wenn gewünscht. Es gibt also nicht zu viele Beteiligte dazwischen, die sich von den Provisionen für die Dienstleistungen etwas wegnehmen. Zudem sind wir einer der führenden Poolplattformen in Deutschland, die sicher mit starken Courtagesätzen punkten kann. Auch hier musste ich in Pitches immer verdeutlichen, dass man nicht nur auf die Prozentsätze der Marge schauen sollte, sondern auf die tatsächlichen Euro-Werte, die bei einer Zusammenarbeit mit uns herauskommen. Wir setzen auf Win-Win und müssen nicht hohe Lizenzgebühren vorab oder laufend verlangen. Immer dann, wenn der Partner Neugeschäft macht oder die Bestände wachsen, verdienen wir mit. Das ist maximal fair und auch ein Argument im Markt.

Wer sind denn Ihre Referenzkunden im Bankbereich?

Wir kooperieren mit der comdirect, der Sparda Bank Baden-Württemberg, der VW Bank und der Sparkasse Bremen Gruppe. Somit bedienen wir jede Bankengruppe im deutschen Markt und sehen das als Grundlage, jetzt tiefer bei den Genossen oder anderen Sparkassen einzusteigen. Das ist politisch nicht immer einfach und dauert daher in den Gesprächen manchmal auch länger, allerdings wird sich der Business Case und das Modell einer offenen Plattform auch hier durchsetzen.

Basiert der Druck, der hier gerade entsteht, aufgrund von PSD2? Geht es um das sogenannte Financial Home?

Es geht um das Smart Financial Home oder anderes ausgedrückt: Wie mache ich aus Big Data, die die Banken und Versicherungen jeweils für sich sicherlich haben, wirklich Smart Data? Bancassurance ist der richtige Weg dorthin. Es wird die derzeitige Trennung zwischen Bank- und Versicherungsgeschäft aufbrechen und irgendwann ganz abschaffen. Aus Sicht der Kunden wäre das aber völlig normal: Wer arbeitet und Geld verdient, hat ein Girokonto und vielleicht noch ein Sparkonto. Mit dem Verdienst und dem Ersparten können aber Vorsorge- und Absicherungslösungen abgeschlossen werden – direkt vom eigenen Konto. Warum braucht man dafür extra eine Bank und eine Versicherung? Es reicht eine Bancassurance-Plattform, die sowohl Bank- als auch Versicherungsleistungen abdeckt. Es gilt hier die Kundenschnittstelle zu sichern und dann mit Smart Data und guter technisch unterstützter Beratung den Kunden zu erreichen.

Nun hat Check24 gerade seine digitale Bankfiliale eröffnet. Macht Ihnen das Sorge? Sie hatten ja schon einmal davor gewarnt.

Nein, mir macht das keine Sorge. Ich habe lediglich die Banken davor gewarnt, dass Check24 ihnen die Kundenbeziehungen wegnimmt, wenn sie nicht adäquat antworten. Wenn Check24 ins Bankgeschäft einsteigt, warum steigen Banken dann nicht einfach und transparent ins Versicherungsgeschäft mit einer offenen Plattform ein? Check24 macht aus deren Sicht genau das Richtige. Sie machen aus Big Data jetzt Smart Data und nutzen clever die Daten und Transaktionen aus dem Kundenkonto, um direkt Mehrwert für sich zu schaffen. Außerdem hat Check24 mehr als ein ganzes Jahrzehnt umfassende Expertise in der Kundengewinnung in allen digitalen Kanälen. Kombiniert mit der starken TV-Präsenz und der Tatsache, dass Sie schon immer alles messen konnten, macht sie das mit diesem Feature unglaublich stark.

Es ist also viel Dynamik drin, trotzdem wird es lange dauern, bis sich die Bancassurance-Modelle bei den Banken durchsetzen. Da mag es auch den ein oder anderen Vorbehalt in den einzelnen Organisationen geben. Wie geht es also weiter und vor allem wie schnell?

Es ist richtig, dass man in manchen Gesprächen einige Vorbehalte und Vorurteile aus dem Weg räumen muss, bis jeder gegenüber cleveren Bancassurance-Lösungen offen ist. Es ist – wie erwähnt – leider auch immer Politik dabei, wenn man sich hier platzieren will. Wie lange dieser Prozess dauert, weiß ich nicht, aber wenn die Entscheiderebene will, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass das ziemlich schnell gehen kann. Nachdem wir die Sparkasse Bremen mit der s mobile Versicherungsmakler GmbH als Kunden gewonnen haben, ist das umfassende Whitelabel- und Technologieprodukt inklusive Migration der vorhandenen Bestände innerhalb von drei Monaten an den Start gegangen.

Bleibt zum Schluss noch die Frage nach der Akzeptanz beim Kunden. Wird er tatsächlich seine Versicherungen bei der Bank abschließen?

Dem Kunden ist es doch egal, ob Versicherung oder Bank über der Tür steht. Wenn die Produkte und Kosten stimmen und er genau die Lösungen – egal, ob Sparkonto, Investmentanlage, Versicherung oder Vorsorge – bekommt, die er will und braucht, wird er abschließen. Wer hätte vor 26 Jahren gedacht, dass aus dem Online-Buchhändler Amazon das weltweit größte Versandhaus mit Millionen unterschiedlicher Produkte im Sortiment wird.

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