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Steuern & Recht
11. August 2020
Kündigung wirksam, auch wenn das Amt die Mietschulden bezahlt

Kündigung wirksam, auch wenn das Amt die Mietschulden bezahlt

Eine Begleichung von Mietrückständen lässt das Widerspruchsrecht des Mieters nicht wieder aufleben oder neu entstehen. Maßgeblich ist die Situation zum Zeitpunkt der Kündigung des Mietverhältnisses. Das geht aus einem Urteil des BGH in einem Fall hervor, der nach vier Jahren immer noch nicht zu Ende ist.

Eine Räumungsklage ist häufig das letzte Mittel für einen Vermieter, um einen säumigen Mieter loszuwerden. Doch das kann dauern und Nerven kosten. Denn für den Erfolg einer Räumungsklage sind hohe rechtliche Hürden vorgesehen. In einem umstrittenen Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun ein Urteil gesprochen. Doch obwohl die Räumungsklage durch alle Instanzen ging, markiert das Urteil des BGH immer noch nicht das Ende des Verfahrens.

Mietverhältnis geht auf Frau des Mieters über

Eine Frau hatte 2004 das Mietverhältnis ihres Ehemannes übernommen, nachdem dieser verstorben war. 2007 zog dann ihr neuer Lebensgefährte in die Wohnung, mit dem sie mittlerweile zwei Kinder hat. Die minderjährigen Kinder leben ebenfalls mit dem Paar in der Mietwohnung.

Zahlungsrückstände bei der Miete

In den Folgejahren gerieten die Mieter in Zahlungsrückstand bei ihren Vermietern. Als sich der Rückstand auf über 1.600 Euro summierte – bei monatlich 560 Euro Warmmiete – kündigten die Vermieter 2016 außerordentlich und hilfsweise auch ordentlich. Im Weiteren erhoben die Vermieter Klage auf Zahlung der rückständigen Miete. Als dieser Klage stattgegeben wurde, waren jedoch bereits 2.750 Euro an Mietrückstand aufgelaufen.

Jobcenter begleicht Mietschulden

Nachdem die Mieter sich weiterhin weigerten auszuziehen, erhoben die Vermieter eine Räumungsklage gegen die Mieterin – jedoch nicht gegen den Lebensgefährten der Frau. Die Klageschrift enthielt ein weiteres Mal die außerordentliche sowie ordentliche Kündigung. Nachdem der Frau die Räumungsklage zugestellt worden war, schaltete sie das Jobcenter ein und bat um Begleichung der Mietschulden. Dem kam das Jobcenter auch nach und beglich innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klage die Mietrückstände.

Mieterin widerspricht Kündigung nachträglich

Zugleich widersprach die Mieterin der Kündigung und machte einen Härtefall geltend. Dabei berief sie sich auf ihre lange Wohndauer in der Wohnung, und die damit einhergehende Verwurzelung. Außerdem stünde ihr kein Ersatzwohnraum zur Verfügung und auch für ihre Kinder stelle ein Umzug eine unzumutbare Härte dar. Immerhin litten beide Kinder unter Entwicklungsauffälligkeiten. Die Widerspruchsfrist für die ursprüngliche Kündigung war jedoch bereits lange abgelaufen.

Teilurteil im Berufungsverfahren

Vor dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bekamen die Vermieter Recht zugesprochen. Doch die Frau ging in Berufung. Im Berufungsverfahren geschah nun etwas Unübliches. Nachdem die Vermieter die Klage vorsichtshalber auch auf den Lebensgefährten der Frau ausgeweitet hatten, sprach das Landgericht Berlin ein Teilurteil.

Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert

Bezogen auf die Mieterin hatte die Berufung Erfolg. Das Berufungsgericht erkannte in der Kündigung einen nicht zu rechtfertigenden Härtefall. Dementsprechend verlängere sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit. Die Widerspruchssperre gegen die ordentlich Kündigung sei durch die rechtzeitige Zahlung des Jobcenters aufgehoben.

BGH sieht schwere Vertragsstörung

Nun gingen die Vermieter in Revision und die Sache landete sogar vor dem BGH. Der hob die Entscheidung des Berufungsgerichts wieder auf. Das Widerspruchsrecht lebe nicht wieder auf, wenn der Sozialhilfeträger die Mietrückstände begleicht, begründete der BGH sein Urteil. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe mit dem Verzug von mehr als zwei Monatsmieten eine schwere Vertragsstörung vorgelegen. Eine schwere Vertragsstörung jedoch schließe eine Härtefallregelung nach § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB aus. Spätere Entwicklungen änderten daran nichts mehr.

Gerichtshof kritisiert Teilurteil

Des Weiteren hätte das Landgericht kein Teilurteil fällen dürfen, kritisierte der BGH die Vorinstanz. Das Landgericht habe die materiell-rechtliche Verzahnung der beiden Beklagten verkannt. „Ein Teilurteil […] ist in der Regel unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt,“ begründete der BGH. Das Verfahren wurde wieder an das Landgericht Berlin zurückverwiesen. (tku)

BGH, Urteil vom 01.07.2020, Az.: VIII ZR 323/18

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