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15. Dezember 2021
Kein BAföG für Studium, das erst im Rentenalter beendet wird
Elderly man studying with a group of young college students in library and taking notes

Kein BAföG für Studium, das erst im Rentenalter beendet wird

Studierenden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung auf dem Zweiten Bildungsweg erworben haben, steht laut Bundesverwaltungsgericht nur dann ein Anspruch auf BAföG zu, wenn die von ihnen angestrebte Ausbildung planmäßig vor Erreichen des Regelrentenalters abgeschlossen sein wird.

Ein im Jahr 1950 geborener Mann hatte zunächst den Hauptschulabschluss erworben und war anschließend nach einer Lehre in verschiedenen Berufen tätig. Ende 2014 legte er an einer Abendschule dann das Abitur ab. Seit Anfang 2016 bezieht er eine Altersrente und ergänzende Sozialleistungen der Grundsicherung. Zum Wintersemester 2015/2016 nahm er an der Universität Hamburg ein Bachelorstudium auf und stellte für dessen erste beide Semester einen Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), der jedoch abgelehnt wurde. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht erfolglos.

Altersgrenze für Ausbildungsbeginn 30 bzw. 35 Jahre

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Revision des Klägers, mit der er sein Förderungsbegehren noch weiterverfolgt hat, zurückgewiesen. Der Kläger hatte bereits bei Beginn des Studiums die für eine Förderung gesetzlich festgesetzte Altersgrenze überschritten. Das Ausbildungsförderungsrecht knüpft die Gewährung von Ausbildungsförderung grundsätzlich daran, dass der Auszubildende nicht älter als 30 Jahre – bzw. für Masterstudiengänge 35 Jahre – ist (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG). Diese Altersgrenze und die mit ihr verbundene Typisierung hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1980 unter anderem mit der Erwägung als verfassungsrechtlich gerechtfertigt angesehen, der Gesetzgeber dürfe davon ausgehen, dass bei einer Ausbildung, die erst nach dem 35. Lebensjahr begonnen wird, das Interesse der Allgemeinheit an der Ausschöpfung von Bildungsreserven im Hinblick auf die zu erwartende, nur noch relativ kurze Berufsdauer gering ist.

Zweiter Bildungsweg kann Ausnahme begründen

Das Gesetz sieht zwar eine Ausnahme von dieser Altersbegrenzung vor, wenn – wie im konkreten Fall – die Zugangsberechtigung für die Ausbildung im Zweiten Bildungsweg erworben und die entsprechende Ausbildung (konkret also das Studium) anschließend unverzüglich aufgenommen worden ist (§ 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 BAföG).

Kein Anspruch auf altersunabhängige Ausbildungsförderung

Daraus folgt aber nicht automatisch, dass Ausbildungsförderung für ein Studium auch dann noch gewährt werden soll, wenn der Auszubildende bei planmäßigem Abschluss der Ausbildung bereits das Rentenalter erreicht hat. Eine Regelung, dass Ausbildungsförderung völlig altersunabhängig zu gewähren ist, trifft das Gesetz nämlich nicht. Vielmehr ist dem Gesetz zufolge Ausbildungsförderung dann nicht mehr zu gewähren, wenn eine Ausbildung aus Altersgründen typischerweise eine ihr entsprechende Erwerbstätigkeit nicht mehr erwarten lässt. Für diese Prognose ist nach der Wertung des Gesetzes die rentenrechtliche Regelaltersgrenze maßgeblich, die für den weit überwiegenden Teil der Erwerbsbevölkerung gilt und nach deren Überschreiten jedenfalls eine Berufstätigkeit in einem neu erlernten Beruf regelhaft nicht mehr aufgenommen wird.

Keine Altersdiskriminierung

Auch mit dem grundrechtlichen Anspruch eines bedürftigen Auszubildenden auf Teilhabe an der staatlichen Ausbildungsförderung (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) ist dies ohne Weiteres vereinbar. Auch das unionsrechtliche Verbot einer Altersdiskriminierung steht dem entgegen. (ad)

BVerwG, Urteil vom 10.12.2021 – 5 C 8.20

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