Die Rechtsschutzversicherung soll einen Versicherten vor überbordenden Kosten in einem Gerichtsverfahren bewahren. Doch vorsätzlich herbeigeführte rechtswidrige Fälle sind vom Versicherungsschutz normalerweise ausgeschlossen. Doch ob dieser Ausschluss greift, kann nicht immer so leicht beantwortet werden. Im Prozess um eine Kündigungsschutzklage musste schließlich das Oberlandesgericht (OLG) Dresden eine Entscheidung fällen.
Kündigung nach Drohungen per Mail
Ein Mann hatte in seiner E-Mail-Korrespondenz mit seiner damaligen Arbeitgeberin mehrmals Drohungen ausgesprochen. Die Arbeitgeberin hatte ihrem Mitarbeiter daraufhin mehrere Kündigungen zukommen lassen.
Versicherer übernimmt Kosten
Der Mann reichte gegen die Kündigungen Klage ein. Sein Rechtsschutzversicherer übernahm die Kosten im Verfahren sowie jene für die Widerspruchsverfahren, die der Mann gegen das Integrationsamt aufnahm. Die Behörde hatte den Kündigungen jeweils zugestimmt. Sowohl seine Klage als auch seine Widerspruchsverfahren blieben erfolglos.
Versicherer fordert Rückzahlung
Der Versicherer forderte schließlich die Rückzahlung des für die Rechtsverfolgung aufgewendeten Betrags. Das Verfahren hatte schließlich deutlich gemacht, dass es aufgrund der Drohungen gegenüber seiner Arbeitgeberin zur Kündigung gekommen war. Da er den Rechtsschutzfall somit, nach Ansicht des Versicherers, vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hatte, ging das Unternehmen davon aus, dass der Mann gemäß Vertragsverhältnis zur Rückzahlung der geleisteten Beiträge verpflichtet ist.
Gekündigter widerspricht Rückzahlungsaufforderung
Das sah der Gekündigte anders. Vor dem Landgericht Leipzig gab er an, dass er nicht vorsätzlich gehandelt habe. Schließlich sei ihm nicht bewusst gewesen, dass seine E-Mail eine Kündigung auslösen und somit Kosten verursachen würde, die der Rechtsschutzversicherer dann zu übernehmen habe. Das Landgericht entschied jedoch zugunsten des Versicherers und verlangte, dass der Mann den geforderten Betrag begleichen müsse.
OLG sieht Vorsatz gegeben
Vor dem OLG Dresden hatte die Beschwerde des Mannes gegen das Urteil keinen Erfolg. Das Gericht sah in seinem Handeln sehr wohl Vorsatz. Gerade seine zweite Mail an seine Arbeitgeberin stelle unter Umständen eine versuchte Erpressung dar. Hierin hatte er versucht, sich durch die Drohung von Schadensersatzforderungen eine Abfindung zu sichern und aus dem Unternehmen auszuscheiden. Ihm müsse dabei klar gewesen sein, dass sein Handeln sowohl ein rechtliches Nachspiel als auch eine Kündigung zur Folge haben könne.
Widersprüche in den Aussagen
Außerdem erkannte das Gericht innerhalb der Aussagen des Mannes Widersprüche. Einerseits hatte er angegeben, dass seine Mail lediglich der Versuch einer gütlichen Einigung sein sollte und nur unglücklich formuliert gewesen sei. Andererseits führte er die Formulierung und den Versand seiner Mails auf den Einfluss von Alkoholkonsum und Medikamenteneinnahme zurück. Wie der E-Mail-Versand einer gütlichen Einigung zuträglich sein sollte, jedoch nur unter Alkoholeinfluss zustande kommen konnte, erschloss sich dem Gericht nicht. Der Mann wurde folglich dazu verpflichtet, die Zahlungen seines Versicherers zu erstatten. (tku)
OLG Dresden, Beschluss vom 14.10.2019, Az.: 4 W 818/19
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