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20. Mai 2025
KI-Suchmaschinen: Für Versicherer unmittelbar relevant
KI-Suchmaschinen: Für Versicherer unmittelbar relevant

KI-Suchmaschinen: Für Versicherer unmittelbar relevant

Der Tech Trend Radar 2025 von Munich Re und ERGO gibt einen Überblick über technologische Trends in der Assekuranz. Welche Entwicklungen künftig dominieren und wo praxisnahe Einsatzfelder sind, dazu hat AssCompact bei Experten von Munich Re und ERGO nachgefragt.

Interview mit Martin Thormählen, Chief Technology Officer Business Technology bei Munich Re, und Daniel Grothues, Chief Technology Officer ERGO Technology & Service Management bei ERGO
Herr Thormälen, Herr Grothues, der Tech Trend Radar 2025 stuft künstliche Intelligenz als strategische Notwendigkeit für Versicherer ein. In welchen Bereichen entlang der Wertschöpfungskette erwarten Sie den stärksten KI-Einsatz in den kommenden zwölf Monaten?

Sicher fordert die steigende Relevanz künstlicher Intelligenz auch Versicherer, Makler und Kunden besonders heraus – eine „silver bullet“ ist KI aber nicht. Unser Tech-Trend-Radar versucht das Portfolio der Möglichkeiten von Technologien auszulegen und eine erste Einschätzung zu geben. Was den konkreten Einsatz angeht, muss jeder selbst passend für seine Organisation entscheiden – entlang verfügbarer Ressourcen, konkreter Geschäftsstrategie und Ambitionen – wie die Balance aus Investition, Effizienz und Kundennähe gelingt.

Spatial Intelligence, Autonomous Interactions und AI Search Engines klingen nach Zukunftsmusik – wo sehen Sie hier praxisnahe Einsatzfelder für die tägliche Arbeit für Versicherer bzw. für das Zusammenspiel zwischen Makler und Versicherer?

Spatial Intelligence ist einfach gesagt die Fähigkeit, räumliche Beziehungen zwischen verschiedenen Entitäten besser zu verstehen. Dieser Trend wird schon seit einiger Zeit durch Geodatenanalyse, Satelliten-Bildgebung und künstliche Intelligenz vorangetrieben. Wir erwarten künftig einen Schub, dessen Wirkung sich dann etwa bei der Risikoeinschätzung von Naturgefahren oder selbstfahrenden Fahrzeuge wie auch bei humanoiden Robotern für Versicherer noch klarer zeigen sollte. Es geht darum, Risiken einfacher zu visualisieren und zu interpretieren, um so genauere Preismodelle und Risikobewertungen zu entwickeln und im besten Fall das Potenzial dafür zu heben, Schäden zu mitigieren oder zu vermeiden.

Und bei den beiden anderen eben angesprochenen Trends?

Hier ist die Zukunft dagegen schon gegenwärtig: Agentische Systeme sind Basis für sogenannte autonomous interactions. Diese Interaktionen, die bisher von Menschen ausgeführt werden, finden direkt und autonom zwischen KI-Systemen und Kunden statt. Wir kennen schon jetzt KI-gesteuerte Chatbots. Ziel sind hochgradig personalisierte Kundenbeziehungen etwa durch maßgeschneiderte Versicherungsangebote. Autonome Interaktionen – etwa im Beschaffungs- oder Auftragsmanagement möglich – können helfen, Kosten zu senken, Umsatz zu steigern und Prozesse zu beschleunigen. Sie bergen aber auch neue Risiken, darunter Fehler in den Ergebnissen von KI-Modellen, Bias oder Diskriminierung und sind grundlegend von der Qualität der Trainingsdaten abhängig. Eine kluge Implementierung sollte die Autonomie mit menschlicher Kontrolle kombinieren.

Was gilt es dabei zu beachten?

KI-Suchmaschinen stellen personalisierte, präzise Antworten bereit. Dabei interpretieren sie die Absicht des Nutzers und integrieren externe Information – die Antworten sind also kontextbezogen. Dieses neue, eher dialogorientierte Such-Paradigma muss in bereitgestellten Inhalten auch von Versicherern berücksichtigt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Versichertenrecherche beginnt oft online. Antworten aus der KI-Suche versprechen eine Abkürzung gegenüber der Vielzahl bisheriger Dokumente und Angebote, die in einzelnen Suchtreffern gefunden werden müssen. Der komfortable Vergleich verschiedener Anbieter geschieht sofort und ist verständlich formuliert, häufig gestellte Fragen werden sofort mitbeantwortet. Die Zuverlässigkeit der Antworten allerdings ist von Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Information dahinter abhängig.

Digital Healthcare zählt zu den besonders hervorgehobenen Trends. Welche Chancen eröffnen sich hier aus Ihrer Sicht für Versicherer?

Digitale Technologien revolutionieren heute, wie Patienten künftig versorgt werden und wie sie mit medizinischen Fachkräften interagieren können. Insgesamt hat dieser Trend nicht nur das Potenzial, Behandlungsergebnisse zu verbessern. Elektronische Gesundheitsakten, Telemedizin oder medizinisches Fernmonitoring sind Beispiele wie digitale Gesundheitslösungen eine bessere Koordination zwischen Gesundheitsdienstleistern, Versicherungsgesellschaften und Patienten erlauben – und können zu einer verbesserten Gesundheitsvorsorge und niedrigeren Gesundheitskosten beitragen. Streng konform mit geltenden Datenschutzregeln und transparent für Versicherte können Informationen – Messwerte zu Körperfunktionen, medizinische Diagnosen, Behandlungen, Laborergebnisse, Verschreibungen – wesentliche Faktoren für eine komplexe und vor allem genauere Risikobewertung sein.

Mit Blick auf die wachsende Bedrohungslage im digitalen Raum: Welche Bedeutung messen Sie im Trendfeld „Deepfake Defense“ für die Versicherungswirtschaft bei?

Die Verbreitung von Deepfakes hat weitreichende Auswirkungen auf unsere Branche. Dabei spielt Betrug eine Hauptrolle: etwa wenn ein Computersystem bei Antragstellung sicherer oder eine Immobilie wertvoller dargestellt wird. Auch betrügerische Schadenansprüche und Social Engineering durch Deepfakes können Versicherern schaden. Nur wer fähig ist Deepfakes frühzeitig zu erkennen, sei es durch die Schulung von Kollegen und den Einsatz von Tools, kann solche Versicherungsrisiken minimieren.

Der Radar bewertet Trends nach Reifegrad und Relevanz. Welcher Technologietrend ist aus Ihrer Sicht für Versicherer aktuell am greifbarsten – also weder zu weit entfernt noch zu komplex, um in den nächsten ein bis zwei Jahren eingesetzt zu werden?

Aus unserer Sicht spielt vor allem die Passung zum eigenen Geschäftszuschnitt die Hauptrolle für den Einsatz von neuen Technologien. Unmittelbar relevant von den neu zu unserem Radar hinzugekommenen Trends sind wohl für viele Versicherer AI Search Engines und Generative AI, auch weil sie in vielen Commodity-Anwendungen schon integriert werden.

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