Selbstständige und kleine Unternehmen in Deutschland bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie stellen nicht nur 99% aller Unternehmen, sie schaffen auch den Großteil aller Arbeitsplätze hierzulande. Trotzdem ist die Mehrheit von ihnen deutlich unterversichert. Selbst gegen zentrale Geschäftsrisiken sind viele nicht abgesichert.
Das zeigt der erste Hiscox Global Protection Gap Report, den der Spezialversicherer diese Woche veröffentlicht hat. Für den Report hat das Marktforschungsinstitut Wakefield Research mehr als 6.250 Unternehmenseigentümer mit bis zu 50 Mitarbeitenden in den USA, Großbritannien, Spanien, Portugal und Deutschland befragt, darunter auch 1.000 deutsche Unternehmen und Selbstständige.
Sieben von zehn kleinen Unternehmen nicht ausreichend abgesichert
Der Report zeigt, dass die Versicherungslücke in Deutschland bei 70% liegt – und die Bundesrepublik damit sogar noch etwas besser dasteht als der globale Durchschnitt (74%). Weniger als ein Drittel der hiesigen Unternehmen ist ausreichend gegen relevante Risiken abgesichert. In manchen Fällen fehlt die Absicherung vollständig, bei anderen sind zentrale Risiken nicht durch geeignete geschäftsrelevante Policen abgesichert, heißt es in dem Report.
So geben 27% der deutschen Befragten an, keine Berufshaftpflicht abgeschlossen zu haben, obwohl sie diese aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit oder Risikolage benötigen würden. Die Versicherungslücke bei der Betriebshaftpflicht beträgt sogar 29%. Eine Cyberversicherung fehlt trotz Bedarf bei 30% der deutschen Unternehmen.
Risikobewusstsein grundsätzlich vorhanden
Ein zentrales Problem ist dabei die unzureichende Kenntnis darüber, was der Versicherungsschutz beinhaltet. So wissen nur 16% der Befragten, welche Leistungen ihre Berufshaftpflicht im Detail abdeckt. Bei der Betriebshaftpflicht liegt der Wert bei 36%, im Bereich Cyber bei 21%.
Grundsätzlich ist trotz der Wissenslücken ein Risikobewusstsein vorhanden. Besonders beim Thema Cyber: 44% der deutschen Befragten nennen Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen als größte Bedrohung für ihr Unternehmen. Auch Inflation und steigende Kosten sehen 41% der deutschen Unternehmen und Selbstständigen als Risiko, der wirtschaftliche Abschwung macht 37% der Befragten Sorgen.
Mehr Mitarbeiter bedeutet nicht gleich mehr Absicherung
Gerade im Bereich Cyber resultiert das jedoch nicht in mehr Absicherung, unabhängig von der Unternehmensgröße. Besonders auffällig in Deutschland sei, dass mit der Größe des Unternehmens auch die Sorge um Cyberattacken wächst, so der Report. 36% der Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitenden fürchten Cyberangriffe, bei Unternehmen mit fünf bis 50 Mitarbeitenden ist es bereits jedes zweite. Trotzdem unterscheidet sich die Absicherungsquote nur geringfügig (bis fünf Mitarbeitende: 41%, fünf bis 50 Mitarbeitende: 45%). Warum ist das so? 34% der Befragten glauben, ihr Unternehmen sei zu klein, um für Cyberkriminelle interessant zu sein. Knapp vier von zehn Unternehmen (39%) halten ihre Systeme für ausreichend sicher, 22% wiederum empfinden eine Cyberversicherung als zu teuer.
Kaum Anpassung trotz sich wandelnder Voraussetzungen
Ein weiteres Risiko, dem sich Unternehmen aussetzen: Viele passen ihre Versicherungssummen nicht an, trotz gestiegener Umsätze. Während 72% der befragten deutschen Unternehmen in den letzten zwei Jahren ein Umsatzplus verzeichnet haben, haben, je nach Versicherung, 10 bis 13% der Unternehmen ihre Policen seit Abschluss nie überprüft oder aktualisiert. Bei rund einem Viertel der Unternehmen ist die Anpassung der Versicherungssummen bereits mehr als drei Jahre her. (js)
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