Axel Kleinlein, früher Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV) und mittlerweile selbstständiger Versicherungsmathematiker, hält wohl nichts von den Vertriebskosten im Lebensversicherungsgeschäft, die aus den Branchenzahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) für das Jahr 2023 hervorgehen. Darin zeige sich, dass überhöhte Provisionszahlungen und Abschlusskosten mit mehr als 3,5 Mrd. Euro zulasten der Überschüsse aller Versicherten gehen, so Kleinlein in einer Pressemitteilung seines Unternehmens mathconcepts Kleinlein. Hinzu kämen die schon nach normaler Kalkulation angesetzten 4,4 Mrd. Euro an sogenannten gezillmerten Abschlusskosten.
„Überteuerter Vertrieb“
Lebensversicherungsunternehmen müssen den Vertrieb von Lebensversicherungen bezahlen, etwa interne Bürokratie und hohe einmalige Provisionen der Vermittler, so Kleinlein. Diese Kosten sollten allerdings über das Zillmerverfahren gedeckt werden, wie in der Deckungsrückstellungsverordnung in § 4 geregelt. Diese aufsichtsrechtlichen Vorgaben würden von den Versicherern jedoch „massiv“ gerissen, wie die aktuellen GDV-Zahlen zeigen würden: „Neben 4,4 Mrd., die nach der normalen Kalkulation kalkulatorisch in Ordnung wären, fallen weitere 3,5 Mrd. Zusatzkosten an. Ein überteuerter Vertrieb und hohe Abschlusskosten sorgen dafür.“
Die nach dem Zillmerverfahren angesetzten Kosten werden von Neukunden jeweils selbst getragen. Die weiteren 3,5 Mrd. jedoch gehen zulasten der gesamten Überschussbeteiligung – was dazu führt, dass sie alle Kunden belasten. Über spätere Zahlungen der Kunden könne mittelfristig ein Ausgleich erfolgen. „Da Kündigung der Normalfall ist, bleibt das Kollektiv auf einem erheblichen Teil dieser Kosten sitzen“, sagt Kleinlein.
Zu kleines Budget für die Kindergrundsicherung?
Um eine Einordnung dieser Kosten zu geben, vergleicht Kleinlein diese seiner Meinung nach überhöhten Kosten mit dem Budget von 2,4 Mrd. für die Kindergrundsicherung, wie es im letzten Jahr festgezurrt wurde. Damit möchte Kleinlein erneut auf die große Bedeutung der überhöhten Abschlusskosten und Provisionen aufmerksam machen. „Es ist für die Versicherungswirtschaft anscheinend in Ordnung, den Vertrieb von Lebensversicherungen mit deutlich mehr Geld zu alimentieren, als uns als Gesellschaft die Kindergrundsicherung wert ist“, resümiert Kleinlein.
GDV reagiert
Der GDV hat auf Nachfrage auch gegenüber AssCompact auf die Kritik reagiert. Aus den Zahlen, die der GDV im Rahmen seiner neuen Ausgabe der „Lebensversicherung in Zahlen“ veröffentlicht hat, gehe hervor, dass der Abschlusskostensatz auf 4,5% gesunken sei. Die Kosten seien in der Tendenz der letzten Jahre gesunken und aus GDV-Sicht nicht zu hoch. Der Abschlusskostensatz gibt an, wie viel Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts die gesamten Abschlussaufwendungen ausmachen. Zu diesen Aufwendungen gehören nicht nur Provisionen, sondern auch Aufwendungen für die Antrags- und Risikoprüfung für die Antragsbearbeitung sowie für die Ausfertigung des Versicherungsscheins, für allgemeine Werbeaufwendungen, für die Schulung und Fortbildung der Vertriebsmitarbeiter und vieles mehr. Auch die Aufwendungen für die Digitalisierung des Vertriebs sind den Abschlussaufwendungen zuzuordnen, so der GDV.
Die Kausalzusammenhänge zwischen Aufwand, Ertrag und Überschuss werden aus GDV-Sicht in der Berechnung von mathconcepts durcheinandergewirbelt. Den Vergleich zwischen der Vergütung von Vermittlerinnen und Vermittlern für erbrachte Dienstleistungen und der Kindergrundsicherung hält der GDV für unsachlich. (mki)
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