Wer innerhalb der Europäischen Union (EU) grenzüberschreitend Kapital anlegt, ist durch die sogenannte Quellensteuer von einer Doppelbesteuerung betroffen. Denn der Anleger muss sowohl die Quellensteuer im Land der Investition als auch die Abgaben auf die Kapitalerträge seiner Heimat leisten.
Erstattungsverfahren gilt als zeitaufwendig und umständlich
Zwar können Kapitalanleger, die grenzüberschreitend am Kapitalmarkt aktiv sind, eine Erstattung der zu viel gezahlten Steuern beantragen. Denn die EU-Mitgliedsstaaten haben sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, die wiederum sicherstellen, dass ein Anleger nicht zweimal besteuert wird. Doch diese Erstattungsverfahren gelten als zeitaufwendig, kostspielig und umständlich, was laut EU-Kommission Anleger an grenzüberschreitenden Geldanlagen hindert. So unterscheiden sich die Verfahren stark zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Außerdem existieren im Rahmen des Erstattungsverfahrens über 450 verschiedene Formulare in unterschiedlichen Sprachen.
Abhilfe soll EU-Reformvorschlag schaffen
Für Abhilfe soll nun ein Reformvorschlag der EU-Kommission sorgen. Damit sollen die Erstattungsverfahren in der EU künftig effizienter und sicherer werden. Das Ziel der vorgestellten Pläne ist eine gerechtere Besteuerung, die Bekämpfung von Steuerbetrug und die Förderung grenzüberschreitender Investitionen in der EU. Die vorgestellten Pläne sind Teil des Aktionsplans der EU-Kommission für die Kapitalmarktunion.
Im Mittelpunkt der Pläne steht ein Steuerwohnsitzzertifikat
Demzufolge plant die EU-Kommission die Einführung eines sogenannten „digitalen EU-Steuerwohnsitzzertifikats“. Anleger mit grenzüberschreitenden Portfolios benötigen dann nur noch ein solches digitales Zertifikat, um ihre Erstattungen eines Jahres beantragen zu können. Das Zertifikat soll außerdem innerhalb eines Arbeitstages nach Antragstellung ausgestellt werden und die bisherigen papierbasierten Verfahren ablösen.
Beschleunigte Erstattungsverfahren ergänzen gegenwärtiges Vorgehen
Zusätzlich zum bestehenden Standard-Erstattungsverfahren sollen laut Reformentwurf zwei beschleunigte Verfahren eingeführt werden: das Quellensteuererleichterungsverfahren („relief at source“ procedure), worin für Anleger ein ermäßigter Steuersatz gemäß der Doppelbesteuerungsabkommen gilt, und das schnelle Erstattungsverfahren („quick refund“ procedure), bei dem Anleger zunächst Steuern auf Zinsen oder Dividenden zahlen, diese jedoch innerhalb von 50 Tagen nach Zahlungszeitpunkt wieder rückerstattet bekommen. Diese Verfahren sollen den Erstattungsprozess schneller und einheitlicher in der gesamten EU gestalten. Die Mitgliedstaaten können wählen, welches Verfahren sie nutzen möchten.
EU setzt auf Unterstützung durch Finanzinstitute
Außerdem wird eine standardisierte Meldepflicht eingeführt, die es den nationalen Steuerbehörden ermöglicht, die Berechtigung zur reduzierten Steuerbelastung zu überprüfen und potenziellen Missbrauch aufzudecken. Finanzintermediäre müssen die Zahlungen von Dividenden oder Zinsen an die relevanten Steuerbehörden melden. Größere EU-Finanzintermediäre wie etwa Großbanken müssen sich in ein nationales Register für zertifizierte Finanzintermediäre eintragen lassen. Kleinere Banken haben laut Kommissionsentwurf die Wahl. Die EU-Kommission verspricht sich von der Reform Einsparungen für Anleger in Höhe von etwa 5 Mrd. Euro pro Jahr. (as)
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