AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
18. Juli 2022
Krankenversicherung: Wann es (nicht) auf die Größe ankommt

Krankenversicherung: Wann es (nicht) auf die Größe ankommt

Ist eine geringe Körpergröße eine Krankheit im Rechtssinne, sodass die Krankenkasse verpflichtet ist, die Kosten für eine operative Beinverlängerung zu übernehmen? Darüber hatte das LSG Niedersachsen-Bremen zu urteilen.

Eine junge Frau, die nach Abschluss des Wachstums nur eine Körpergröße von knapp 1,50 m erreicht hat, wollte von ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung. Dafür sollten Ober- bzw. Unterschenkelknochen durchtrennt und ein Verlängerungssystem implantiert werden, das Knochen und Weichgewebe auf die gewünschte Größe dehnt. Zur Begründung führte die Frau aus, dass sie unter ihrer kleinen Körpergröße psychisch leide. Sie werde von ihrer Umwelt nicht als vollwertig wahrgenommen und sei auch in ihrer Berufswahl eingeschränkt. Für eine Ausbildung als Pilotin sei sie wegen ihrer Körpergröße abgelehnt worden. Ihr Traum sei eine Größe von 1,60 m bis 1,65 m.

Krankenkasse sieht keinen Leistungsanspruch

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, da eine geringe Körpergröße nicht als eine Krankheit zu bewerten sei, die einen Leistungsanspruch auslöse. Demgegenüber argumentierte die Frau, sie halte ihre Körpergröße durchaus für krankheitswertig, da nur 3% der Frauen so klein seien. Außerdem hätten jedenfalls die psychischen Auswirkungen sehr wohl Krankheitswert. Im Alltag werde sie behindert durch zu hohe Treppenstufen, sonstige Einrichtungsgegenstände etc.

LSG bestätigt Rechtsauffassung der Krankenkasse

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat aber die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Es hat sich auf die einhellige Rechtsprechung gestützt, wonach bei einer Frau selbst eine Größe von 1,47 m nicht als regelwidriger Körperzustand und damit nicht als Krankheit im Rechtssinne zu bewerten sei. Alltagsschwierigkeiten könne durch Hilfsmittel und gegebenenfalls angepasste Wohneinrichtung begegnet werden. Psychische Beeinträchtigungen seien allein mit therapeutischen Mitteln zu behandeln.

Denn ansonsten, so das LSG weiter, müssten köperverändernde Eingriffe auf Kosten der Allgemeinheit stets durchgeführt werden, wenn therapeutische Maßnahmen nicht helfen würden, weil der Betroffene auf den Eingriff fixiert sei. Auch die Ablehnung für bestimmte Berufe könne keine Leistungspflicht der Kasse auslösen. (ad)

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 05.07.2022 – L 16 KR 183/21

Bild: © fotomek – stock.adobe.com