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5. Februar 2021
Kritik am BaFin-Plan zu schärferen Regeln für InsurTechs

Kritik am BaFin-Plan zu schärferen Regeln für InsurTechs

Unlängst hat die BaFin angekündigt, die Finanzierungsanforderungen für Versicherungs-Start-ups verschärfen zu wollen. Kritische Stimmen dazu kommen unter anderem vom Digitalverband Bitkom, dem InsurLab Germany und dem Startup-Verband. Eine Verschärfung schwäche den InsurTech-Standort Deutschland.

InsurTechs, die nicht nur Versicherungen vermitteln, sondern selbst Risikoträger sein wollen, brauchen hierfür eine Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Laut einer Ankündigung im „BaFin-Journal“ will die Finanzaufsicht die Finanzierungsregeln für Versicherungs-Start-ups verschärfen und bei der Lizenzvergabe eine höhere Kapitalausstattung verlangen, als das unter Solvency II bislang erforderlich war. Eine Versicherungslizenz soll nur noch dann erteilt werden, wenn das InsurTech am Tag des Lizenzantrags die vollständige Ausfinanzierung nachweisen kann. Damit will die Finanzaufsicht Verbraucher besser schützen, fürchtet sie doch, dass diese ihren Versicherungsschutz bei Insolvenz eines Start-ups verlieren könnten. Für das Vorhaben erntet die BaFin Kritik von unterschiedlichen Verbänden und Initiativen. Zwar wird das Ziel, den Verbraucherschutz zu stärken, nicht in Frage gestellt, wohl aber, ob dies mit den angekündigten Maßnahmen tatsächlich erreicht werden kann.

Versicherer gegen Sonderregeln

So warnt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V., dass zusätzliche Eintrittshürden Wettbewerb und Innovationen behindern würden, ohne mehr Schutz für Verbraucher zu schaffen. „Wir sind gegen Sonderregeln für InsurTechs, sowohl was großzügige Erleichterungen, aber auch was höhere Anforderungen betrifft“, erklärt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Mit den geplanten Sonderregeln verscheuche man Innovationen aus Deutschland. Solvency II stelle für neue Wettbewerber bereits eine anspruchsvolle Hürde dar. „Richtig ist, dass neue Versicherer die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie Traditionsunternehmen“, so Asmussen. Der Grundsatz „same risks, same rules“ müsse weiterhin gelten.

Bitkom sieht zu hohe Hürden für InsurTechs

Deutliche Kritik kommt auch vom Digitalverband Bitkom. „Die Idee der BaFin geht völlig an der Realität der Start-up-Finanzierung vorbei“, betont Bitkom-Präsident Achim Berg. So würden Start-ups über mehrere Finanzierungsrunden wachsen, bei denen unterschiedliche Investoren beteiligt sind. „Werden die BaFin-Pläne umgesetzt, wird eine Versicherungslizenz für unabhängig finanzierte Start-ups unmöglich, da von Anfang an viel zu viel Kapital für langfristige Rückstellungen aufgewendet werden müsste,“ so Berg weiter, der die BaFin auffordert, ihren Plan zu begraben.

Startup-Verband warnt vor Schwächung des InsurTech-Standorts Deutschland

Auch beim Bundesverband Deutsche Startups e.V. fürchtet man weitreichende negative Auswirkungen, wenn schärfere Regeln junge Unternehmen hierzulande auszubremsen drohen. „InsurTechs machen den Versicherungsmarkt innovativer und kundenfreundlicher. Dabei sind sie bereits jetzt strikten aufsichtsrechtlichen Vorgaben unterworfen. Eine Verschärfung der Vorgaben, nach denen bereits am Tag des Zulassungsantrags eine gesicherte Ausfinanzierung gefordert wird, schwächt den InsurTech-Standort in Deutschland ohne dadurch die Sicherheit für Versicherte wirklich zu erhöhen“, unterstreicht Christoph J. Stresing, Geschäftsführer Politik beim Bundesverband Deutsche Startups e.V. gegenüber AssCompact. Insbesondere junge Start-ups nach ersten Finanzierungsrunden könnten die geforderten Kriterien kaum vorweisen. Die negativen Folgen seien absehbar. „Für InsurTechs führt der Weg ins Ausland. Innovationen im Versicherungsbereich finden dann außerhalb Deutschlands statt. Intelligente Regulierung sollte aber gerade Innovationen ermöglichen, nicht verhindern“, so Stresing weiter.

InsurLab Germany: Regeln nicht während des Spiels ändern

Auch für bereits zugelassene Versicherungs-Start-ups, die sich aber noch in der Aufbauphase befinden, wären von einer Verschärfung der Regeln betroffen. Prof. Dr. Torsten Oletzky, Vorstand der Brancheninitiative InsurLab Germany und Professor an der TH Köln, warnt davor, mitten im laufenden Spiel die Regeln zu ändern: „Für das Vertrauen der Versicherungsnehmer in die neu gegründeten InsurTechs ist es zentral, dass die BaFin die ausreichende Kapitalisierung dieser Unternehmen sorgfältig prüft. Gleichzeitig muss die Praxis der BaFin so ausgestaltet werden, dass die Neugründung unabhängiger, digitaler Versicherer im Interesse eines kundenorientierten Wettbewerbs nicht erschwert oder verhindert wird. Die Spielregeln sollten daher nicht während des bereits laufenden Spiels geändert werden.“

Die BaFin habe sich anders als etwa die britische FCA gegen eine „regulatorische Sandbox“ für digitale Neugründungen entschieden. Es gelte aber der Grundsatz der Proportionalität und dieser könne und sollte so interpretiert werden, dass den Besonderheiten der digitalen Neugründungen Rechnung getragen werde, so Prof. Dr. Oletzky auf Nachfrage von AssCompact weiter. „Damit auch unabhängige, konzernungebundene Neugründungen weiter möglich sind, muss insbesondere eine sukzessive Finanzierung von Start-ups in mehreren Kapitalrunden möglich bleiben. Überhöhte Anforderungen an den Orgafonds im Sinne einer vollen Ausfinanzierung aller Eventualitäten einer langjährigen Planung bereits zum Gründungszeitpunkt wären insofern kontraproduktiv.“ (tk)

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