AssCompact suche
Home
Assekuranz
24. Februar 2023
Kunstversicherungsmarkt: „Bereit sein, Entwicklungen zu folgen“

2 / 3

Kunstversicherungsmarkt: „Bereit sein, Entwicklungen zu folgen“

Ist der Wettbewerb im Maklermarkt intensiv in der Zielgruppe?

Im Bereich der Versicherung von Museen und öffentlichen Institutionen ist der Wettbewerb schon heftig. Es gibt einen Platzhirsch, der seit den 90er-Jahren sein Terrain verteidigt. Ehemalige Mitarbeiter von ihm haben eigene Unternehmen gegründet, die dort in den Wett­bewerb eingreifen. In der Privatwirtschaft wird das Thema deutlich diskreter behandelt. Hier zählen Kompetenz, Vertraulichkeit und Schnelligkeit auf der einen Seite – der persönliche Zugang zum Kunden ist aber letztlich der alles entscheidende Faktor.

Nun hören wir immer wieder von Rekordpreisen auf dem Kunstmarkt. Was hat das für Wirkungen auf die Versicherung, die Ver­sicherungssumme und andere Kennwerte?

Auktionsergebnisse sind Indi­katoren – aber eben nur das. Wir bewerten in Abstimmung mit unseren Kunden die Sammlungen individuell. Und nur weil gerade ein Warhol für 195 Mio. US-Dollar versteigert wurde, heißt das noch nicht, dass alle Warhols mit ähn­lichem Motiv und Größe so zu bewerten sind. Andererseits wirken die Ergebnisse schon auf die Bewertungen, denn letztlich geht es bei der Bestimmung des richtigen Versicherungswertes ja darum, den Besitzer oder die Besitzerin eines Kunstwerkes in die Lage zu versetzen, vergleichbare Qualität am Markt wiederzubeschaffen, wenn eine vom Schaden betroffene Arbeit untergegangen ist.

Man kann daher nicht einfach pauschal vorgehen und nur, weil die Presse berichtet, der Kunstmarkt habe um 15% zugelegt, die Ver­sicherungssummen nach oben fahren. Bei Biedermeiermöbeln wäre das aktuell grundfalsch. In diesem Bereich sind die Preise in den letzten Jahren massiv eingebrochen. Es geht darum, für jedes einzelne Werk den richtigen Wert zu bestimmen – und das setzt tiefe Kenntnisse sowohl beim Makler als auch beim Versicherer voraus.

Finden Sie ausreichend Deckung am Versicherungsmarkt?

Grundsätzlich ja – auch wenn es ein paar Hotspots im Lager­bereich – wie zum Beispiel den Freeport in Genf – gibt, in denen Deckungen sehr teuer geworden sind. Da richtet sich der Preis nur nach Angebot und Nachfrage. Zurzeit können bis zu 5 Mrd. Euro Kapazität auf dem Weltmarkt beschafft werden. Die Frage ist allerdings, wen man als Führungsversicherer auswählt und wie dessen Schadenkompetenz zu werten ist. Da gibt es leider gewaltige Unterschiede und im Gegensatz zu vielen Kunden haben Versicherer Zeit.

Die durch falsch verstandene Compliance-Regeln eingeführte strikte Trennung zwischen Betrieb und Schaden – hier muss man auch der Politik wegen ihrer ideologischen Verblendung im Hinblick auf die Einschätzung des Versicherungswesens einen Vorwurf machen – führt oft zu streitigen Auseinandersetzungen, insbesondere bei größeren Schäden. Da dürfen einem die Underwriter leidtun, deren ursprünglicher Deckungswille oft nicht mehr zählt.

Stellen Fälschungen, Diebstähle und vor allem auch die Attacken von Klimaaktivisten Makler und Versicherer vor steigende Herausforderungen?

Fälschungen sind eigentlich erst ein Thema, wenn sich im Schadenfall herausstellt, dass es eine solche war. Diebstähle von Kunst kommen vor, insbesondere dann, wenn es sich um Arbeiten aus Gold, Silber und anderen leicht verwertbaren Materialien mit hohem Eigenwert handelt. Gemälde und Skulpturen sind da deutlich weniger gefährdet, denn das Art Loss Register und die neue Interpol-App ID-Art blockieren den Markt für gestohlenes Kunstgut. Den Sammler, der sich seine Werke zusammenklauen lässt, um sich dann im bombensicheren Keller daran zu ergötzen, gibt es nur in schlechten Fernsehfilmen – ich habe jedenfalls in fast 40 Jahren noch keinen kennengelernt.

Vandalismus ist da leider schon eher ein Thema. Wenn frustrierte Kriminelle nicht das finden, was sie suchen, kommt es zu Zerstörungen. Die Attacken der Klimaaktivisten sind da schon eher ein Problem, weil sie nicht jedes Bild in jeder Ausstellung hinter Glas schützen können. Die Versicherungswirtschaft hat hier aber noch keine einheitliche Linie und viele Objekte in Museen fallen unter die Staatshaftung, das heißt, wir alle zahlen die Folgen dieser Beschädigungen mit unseren Steuern.

 
Ein Interview mit
Dr. phil. Stephan Zilkens