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12. April 2023
Lebensversicherer profitieren von gestiegenen Marktzinsen
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Lebensversicherer profitieren von gestiegenen Marktzinsen

Bereits seit 2021 merken die Lebensversicherer Entlastungen bei der Bedeckung der Solvenzanforderungen. Die Ratingagentur Assekurata bestätigt nun, dass die Solvenzquoten weiter deutlich gestiegen sind. Die überwiegend deutliche Überbedeckung der Kapitalanforderungen nach Solvency II führe dazu, dass nun wieder stärker auf die HGB-Bilanzen geschaut werde.

Turnusmäßig haben die Versicherer ihre Berichte zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR) unter Solvency II veröffentlicht. Die Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH gibt dazu bekannt, dass die Solvenzquoten der Lebensversicherer im Zuge der stark gestiegenen Kapitalmarktzinsen gegenüber dem Vorjahr erwartungsgemäß weiter deutlich gestiegen sind. Die Auswirkungen seien bei den einzelnen Unternehmen jedoch unterschiedlich.

Quote sollte stets mindestens 100% betragen

Die Solvenzquote (SCR-Quote) gibt an, ob ein Versicherer auch in modellhaften Extremszenarien genügend Eigenmittel hat, um seinen Verpflichtungen gegenüber Versicherten und anderen Leistungsempfängern nachzukommen. Nach aufsichtsrechtlichen Vorgaben sollte die Quote immer bei mindestens 100% liegen. Dann nämlich hat eine Gesellschaft ausreichend Eigenmittel, um auch unter widrigen Entwicklungen alle Verpflichtungen in den unter Solvency II definierten Rahmenbedingungen zu erfüllen.

Zehnjährige Bundesanleihen rentieren mit über 2%

Eine erste Entlastung bei der Bedeckung der Solvenzanforderungen konnten die Lebensversicherer bereits im Jahr 2021 feststellen. Denn im Zuge der Corona-Pandemie hatte sich das Zinsniveau gegenüber historischen Tiefständen etwas erholt. Nun folgte der rasante Anstieg der Marktzinsen in den letzten Monaten, durch die die Zentralbanken die Inflationsentwicklung bekämpfen wollen. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren beispielsweise inzwischen mit mehr als 2%.

„Völlig neue Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten“

„Der rapide Zinsanstieg hat zu völlig neuen Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten geführt. Insbesondere die Solvenzquoten von Lebensversicherern, die im Schnitt um 139 Prozentpunkte gestiegen sind, profitieren von den gestiegenen Marktzinsen“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Versicherungs-Ratingagentur Assekurata. So belief sich zum 31.12.2022 die aufsichtliche Solvenzquote nach bisherigen Erhebungen von Assekurata auf durchschnittlich 613%. Im Vorjahr hatte die Quote bei den in der Tabelle erfassten Versicherern bei durchschnittlich 474% gelegen.

SCR-Quoten von unter 200% bis über 1000%
Lebensversicherer profitieren von gestiegenen Marktzinsen

Branchenweit konnten 56 Unternehmen ihr Solvenzniveau gegenüber dem Vorjahr erhöhen. Bei insgesamt 18 Unternehmen fällt es niedriger aus. Sieht man näher hin, gibt es allerdings große Unterschiede zwischen den Anbietern. Die Spannweite bezeichnet Assekurata als „beachtlich“. Von unter 200% bis mehr als 1000% verteilen sich die SQCR-Quoten im regulatorischen Nachweis. Den Spitzenwert erreicht dieses Jahr die Signal Iduna Lebensversicherung a.G. mit 1442%. Die R+V Lebensversicherung a.G. erreicht 1416%.

Übergangsmaßnahmen und Basis-Solvenzquote

Bei der Solvenzquote ohne Übergangsmaßnahmen und der Basis-Solvenzquote (ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung) gehen die Werte mehrheitlich – allerdings nicht bei allen Anbietern – nach oben. Bei der Basis-Quote weisen 23 und bei der Quote ohne Übergangsmaßnahmen 20 Gesellschaften geringere Werte auf als im Vorjahr.

Solvenzquoten ohne Übergangsmaßnahmen fallen deutlich geringer aus

Die Solvenzquoten ohne die Übergangsmaßnahmen fallen weiterhin deutlich geringer aus und liegen bei durchschnittlich 347% (mit Volatilitätsanpassung) sowie 310% (ohne Volatilitätsanpassung). Drei Gesellschaften schaffen es mit ihrer Basis-Solvenzquote nicht über die Marke von 100%. Unter Berücksichtigung der Volatilitätsanpassung kommen zwei Gesellschaften nicht über diese Marke.

Frage nach der Kapitaleffizienz

„Gerade bei traditionellen Lebensversicherungsbeständen, die sensibel auf Marktzinsen reagieren, lassen sich sehr große Anstiege beobachten“, so Heermann. „Auch wenn die Wirkung der Übergangsmaßnahmen bis 2032 jedes Jahr abnimmt, können fast alle Gesellschaften ihre Kapitalanforderung mittlerweile komfortabel bedecken. Die zum Teil äußerst hohen Quoten könnten künftig sogar die Frage nach der Kapitaleffizienz aufkommen lassen.“

Die überwiegend deutliche Überbedeckung der Kapitalanforderungen nach Solvency II verlagere die Sicht nun wieder stärker auf die HGB-Bilanzen (Handelsgesetzbuch), wo der rasante Zinsanstieg zu teils beträchtlichen stillen Lasten geführt hat, gibt Heermann zu bedenken. Auch wenn die deutschen Lebensversicherer insgesamt vom Zinsanstieg profitieren, gelte es weiterhin, beide Rechnungslegungswelten im Blick zu behalten.

Unter solvencydata.com/ticker finden Interessenten die kontinuierlich erfassten Solvenzquoten tabellarisch zusammengestellt. Neben den Lebensversicherern werden dort auch die privaten Krankenversicherer sowie die Schaden-/Unfall- und Rückversicherer aufgeführt. (lg)

Bild: © Rawf8