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21. Juni 2023
Lebensversicherung: Wirtschaftslage dämpft Wachstumsperspektive
Lebensversicherung: Wirtschaftslage dämpft Wachstumsperspektive

Lebensversicherung: Wirtschaftslage dämpft Wachstumsperspektive

Das Analysehaus Assekurata hat einen Ausblick auf das Lebensversicherungsgeschäft für 2023 geworfen. Demnach hat die Sparte mit der gegenwärtigen Wirtschaftslage zu kämpfen, sodass in diesem Jahr erneut weniger Neugeschäft zu erwarten ist. Das Risiko erhöhter Stornoquoten scheint trotz der veränderten Finanzmärkte hingegen nicht einzutreten.

Die gegenwärtige Wirtschaftslage dämpft die Wachstumsperspektive des Neugeschäfts mit Lebensversicherungen. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Marktausblick zur Lebensversicherung der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH (Assekurata). So belasten die anhaltend hohen Lebenshaltungskosten die verfügbaren Einkommen der deutschen Haushalte. Trotz höherer Tarifabschlüsse in den letzten Wochen und Monaten bleiben damit die finanziellen Spielräume eingeschränkt, zumal die meisten Beschäftigen hierzulande von tariflichen Lohnabschlüssen mangels Tarifbindung nicht profitieren. Hinzu kommt infolge der Zinswende an den Finanzmärkten eine deutlich erhöhte Attraktivität von zinsbasierten Geldanlagen wie Fest- oder Tagesgeld. So bieten laut Juliausgabe von Finanztest Festgelder bereits mit einer einjährigen Laufzeit und deutscher Einlagensicherung Zinsen von über 3%.

Assekurata optimistischer als GDV

Wenig überraschend also, dass die Assekurata-Analysten kurzfristig negative Wachstumsaussichten auf das Neugeschäft bei Lebensversicherungen prognostizieren. Bereits 2022 ist der Prämienbestand der Branche aufgrund des Einbruchs beim Einmalbeitragsgeschäft um 7% auf 92,7 Mrd. Euro zurückgegangen. Und für das Jahr 2023 rechnen die Kölner Analyseexperten nun mit einem erneuten Rückgang von rund 3%. Damit allerdings zeigt sich die Studie von Assekurata weniger pessimistisch als die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) kalkulierte Entwicklung für das Jahr 2023. Die deutschen Versicherer gehen gegenwärtig nämlich von einem Beitragsrückgang bei Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds in Höhe von 5,5% aus (AssCompact berichtete). Noch im Herbst 2022 lag die GDV-Prognose mit 0,1% knapp im positiven Bereich.

Stornoquote bleibt stabil niedrig

Ungeachtet der negativen Vorzeichen scheint sich ein Risiko hingegen nicht zu bewahrheiten: eine erhöhte Stornoquote. Sie erweist sich laut Assekurata bis dato nämlich als sehr stabil. „Die Lebensversicherer scheinen für dieses Risiko jedoch sensibilisiert zu sein“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Als risikomindernde Instrumente werden laut Assekurata ein engmaschigeres Controlling, die Schaffung zusätzlicher Liquiditätsreserven sowie der Ausbau liquider Investments in der Kapitalanlage genutzt.

Stille Lasten wirken verbesserter Solvenzlage entgegen

Die Zinswende hat aber auch für die Bilanzsituation der Lebensversicherer Folgen. Mit Blick auf ihre Finanzstärke auf Basis von Eigenmitteln profitieren die Versicherer nämlich von teils deutlich gestiegenen Solvenzquoten. Die Solvenzquoten werden auch im Jahr 2023 ihr hohes Niveau halten können, da die Assekurata-Analysten weiterhin von einem stabilen bis leicht steigenden Leitzinsniveau ausgehen. Außerdem können die Gesellschaften erste Rückflüsse aus der 2011 gebildeten Zinszusatzreserve realisieren. Dieser Reservetopf dient der bilanziellen Absicherung von Altgarantien während der Niedrigzinsphase zwischen 2009 und 2021. Die Rückflüsse daraus stärken nun ebenfalls die Finanz- und Ertragslage der Versicherer.

Doch auch aus bilanzbezogenen Gesichtspunkten ist nicht alles Gold, was glänzt. Mit Blick auf die HGB-Bilanz der Versicherer warnt Assekurata nämlich vor stillen Lasten. „Die konservative Anlagepolitik der Branche führt in Zeiten steigender Zinsen zu erheblichen stillen Lasten in den Büchern der Lebensversicherer, sprich zu geringeren Marktwerten gegenüber den Buchwerten der festverzinslichen Kapitalanlagen“, erläutert Heermann. Dadurch mindere sich wiederum das Ertragspotenzial der Anbieter. Mittlerweile beziffert das Analysehaus die Höhe der stillen Lasten auf Branchenebene auf rund 100 Mrd. Euro.

Festverzinsliche Wertpapiere bei den Asset Managern gefragt

Und wie reagieren die Asset Manager angesichts der veränderten Situation auf den Kapitalmärkten? Welche Assetklassen gelten als attraktiv und welche nicht? Auch danach haben sich die Assekurata-Analysten mittels einer Befragung unter den Kapitalanlegern bei den Versicherern erkundigt. Im Vergleich zum Vorjahr gaben die meisten Befragten an, den Anteil an festverzinslichen Wertpapieren verstärkt ausbauen zu wollen. Aber auch alternative Investments wie in Infrastruktur gelten mittlerweile als vergleichsweise attraktiv. Dagegen agieren die befragten Asset Manager an den Aktienmärkten sowie bei Immobilieninvestments nun deutlich zurückhaltender. Gerade im Immobilienbereich wird über eine Reduzierung des Anteils im Portfolio nachgedacht. (as)

Bild: © Alex – stock.adobe.com