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18. Mai 2025
Leitungswasserschäden: Haftungsfalle für Versicherungsmakler?
Leitungswasserschäden: Haftungsfalle für Versicherungsmakler?

Leitungswasserschäden: Haftungsfalle für Versicherungsmakler?

Leitungswasserschäden zählen zu den häufigsten und teuersten Schadenursachen bei Immobilien. Die daraus resultierenden Folgeschäden können für Versicherte erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen. Gleichzeitig bergen sie auch für Versicherungsmakler ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko.

Ein Artikel von Judith Pötter, Rechtsanwältin Fachanwältin für Versicherungsrecht in der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte PartG

Leitungswasserschäden gehören zu den häufigsten und kostenintensivsten Schadenereignissen in Privat- und Geschäftsimmobilien. Folgeschäden wie Schimmel- oder Schwammbildung können für den Versicherungsnehmer existenzbedrohende Auswirkungen haben. Versicherungsmakler, die Gebäudeversicherungsverträge vermitteln oder im Bestand haben, sind einem hohen Haftungsrisiko ausgesetzt. Denn Ausschlüsse und Deckungslücken sind nicht immer klar formuliert und die Regulierungspraxis ist nicht einheitlich. Da fällt es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Einige praxisrelevante Ausschlüsse und Deckungslücken sollen daher im Folgenden aufgezeigt werden, die auch im Kundengespräch und über die Beratungsdokumentation Berücksichtigung finden sollten.

Welche Leitungswasserschäden sind versichert?

Sowohl in der Gebäude- als auch in der Hausratversicherung sind Schäden versichert, die durch den bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser verursacht werden. Hierunter fällt sowohl der eigentliche Leitungswasserschaden (Nässeschaden) als auch der Bruchschaden an Rohren der Wasserver- und -entsorgung. Schäden sind demzufolge nur dann versichert, wenn es sich um Leitungswasser handelt. Schäden durch Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmung oder Witterungsniederschläge sind genauso wenig gedeckt wie ein durch diese Ursachen hervorgerufener Rückstau. Diese Risiken sind über eine Elementarschadendeckung zu versichern.

Der Ausschluss Rückstau

Der Ausschluss Rückstau hat im Unterschied zu den anderen genannten Elementargefahren erhebliche praktische Relevanz und ist auch nicht selten Gegenstand von Gerichtsurteilen. Denn der Ausschluss greift nicht nur, wenn der Rückstau allein durch Grund- oder Regenwasser verursacht worden ist. Nach einem Urteil des Landgerichts Cottbus vom 20.04.2023 (Az. 6 O 475/18) greift der Ausschluss auch dann, wenn der Schaden zumindest auch kausal durch Wasser verursacht wurde, welches nicht Leitungswasser darstellt. Versicherungsschutz be­steht daher bereits dann nicht, wenn infolge des Rückstaus Leitungswasser mit einem Fremdwasseranteil in das Gebäude hineingedrückt wird.

Schäden durch undichte Fugen

Die marktüblichen allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) setzen voraus, dass Leitungswasser bestimmungswidrig aus Zu- oder Ableitungsrohren oder mit diesen verbundenen sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung ausgetreten sein muss. Von großer praktischer Relevanz sind diejenigen Schäden, die dadurch entstehen, dass Wasser durch eine undichte Fuge in einer Duschecke in die Wand eindringt (sogenannte „Fugenfälle“). Die bisherige Instanzenrechtsprechung hatte bei den undichten Duschwannen regelmäßig eine „sonstige Einrichtung“ angenommen und damit den Versicherungsfall bestätigt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seiner Entscheidung vom 20.10.2021 (Az. IV ZR 236/20) dieser Rechtsprechung jedoch ein Ende gesetzt und entschieden, dass die Duschwanne, die Fugen, die angrenzenden Wände und der Zu- und Ablauf nicht als einheitliche Einrichtung anzusehen sind und daher auch nicht dem Versicherungsschutz unterliegen.

Dass viele Versicherer diese Schadenfälle trotz der geänderten Rechtsprechung regulieren, ist begrüßenswert, entbindet Versicherungsmakler aber nicht von der Pflicht, die Deckung im Einzelfall anhand der Bedingungen genau zu prüfen. Denn gerade die uneinheitliche Regulierungspraxis birgt ein großes Haftungsrisiko. Im Zweifel empfiehlt es sich, eine schriftliche Bestätigung des Versicherers einzuholen, dass Deckungsschutz für Nässeschäden durch undichte Fugen besteht. Wird im Rahmen einer Neuvermittlung vom Kunden Wert auf den Einschluss solcher Risiken gelegt, sollten bevorzugt Gebäudeversicherer gewählt werden, die diese Schadenart ausdrücklich in ihren aktuellen Bedingungen einschließen.

Der Ausschluss für Schäden durch Schwamm

Auch der Ausschluss von Schäden durch Schwamm ist in nahezu allen Gebäudeversicherungen zu finden. Versicherungsmakler sollten daher den aktuellen Beschluss des BGH vom 13.11.2024 (Az. IV ZR 212/23) zur Wirksamkeit dieser marktüblichen Ausschlussklausel kennen.

Nachdem der BGH im Jahr 2012 noch entschieden hat, dass die Schwammschadenklausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers führe und daher wirksam sei, stellt er nunmehr klar, dass das nur dann der Fall sei, wenn der Ausschluss den Vertrag seinem Gegenstand nach nicht aushöhle und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos mache. Eine solche Gefährdung des Vertragszweckes könne dann bestehen, wenn Schwammschäden eine regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser wären. Ob eine solche Typizität vorliege, sei grundsätzlich durch einen Sachverständigen zu klären. Solange die Typizität von Schwammschäden nicht nachgewiesen wird, ist die Klausel demnach wirksam.

Der BGH thematisiert in seinem Beschluss auch einen möglichen Verstoß des Versicherers gegen die Beratungspflicht. Denn dieser hatte die besondere und für den Befall mit Schwamm anfällige Holzständerbauweise des zu versichernden Hauses gekannt und dennoch einen Vertrag mit generellem Schwamm­ausschluss abgeschlossen. An eine solche Beratungspflichtverletzung ist gerade auch bei der Vermittlung durch einen Makler zu denken. Diesem obliegen weitgehende Pflichten: Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers hat er dessen Interessen wahrzunehmen und individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen. Hierzu gehört neben der individuellen Risikoanalyse die Vermittlung des individuell geeignetsten Versicherungsschutzes. Auf die möglichen Folgen des Schwammausschlusses muss daher unbedingt hingewiesen werden, und dies muss auch im Beratungsprotokoll dokumentiert werden.

Hinweis für die Praxis

Der Versicherungsschutz für Leitungswasserschäden stellt eine komplexe Herausforderung für Makler dar und die aufgeführten Empfehlungen sind nicht abschließend. Von Vermittlern wird nicht erwartet, die gesamte Rechtsprechung zu Leitungswasserschäden zu kennen. Die dargestellte BGH-Rechtsprechung sollte jedoch sowohl bei der Produktauswahl als auch im individuellen Beratungskontext berücksichtigt werden. Erfolgt keine Aufklärung über bestehende Ausschlüsse und Deckungslücken, besteht das Risiko, im Rahmen der sogenannten „Quasideckung“ wie ein Versicherer zu haften – wenn das Risiko grundsätzlich versicherbar gewesen wäre. Eine Absicherung kann durch den gezielten Hinweis auf mögliche Ausschlüsse sowie durch sorgfältige Dokumentation im Rahmen des Beratungsgesprächs erfolgen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Judith Pötter