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24. Oktober 2023
Liegt die Zukunft des Vertriebs in Maklerhand?
Liegt die Zukunft des Finanz- und Versicherungsvertriebs in Maklerhand?

Liegt die Zukunft des Vertriebs in Maklerhand?

Viele Themen beschäftigen die Versicherungsbranche derzeit. Bei der ersten Diskussion in der Speaker’s Corner auf der DKM 2023 wurden direkt einige aktuelle und spannende Themen aufgegriffen und rege diskutiert. Wie stehen Branchenvertreter etwa zu Vertrieb mit KI und woher kommt Nachwuchs für die Branche?

Auf der DKM wird alles thematisiert, was die Versicherungsbranche in irgendeiner Weise betrifft. Bei der Vertriebsdiskussion in der Speaker’s Corner, eines der ersten Highlights auf der DKM 2023, wurde die Frage erörtert „Liegt die Zukunft des Finanz- und Versicherungsvertriebs in Maklerhand?“. Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), Thomas Lüer, Vertriebsvorstand von HDI Deutschland, Dr. Marco Adelt, Vorstand der Clark Holding, und Norbert Porazik, Geschäftsführer der Fonds Finanz, sprachen miteinander über das Spannungsdreieck zwischen Maklern, Versicherern und Maklerpools, Digitalisierung, Technologisierung, und künstliche Intelligenz sowie Nachwuchs für die Branche. Die Moderation übernahm Michael Reeg, CEO der Hoesch & Partner GmbH und Vorsitzender des AssCompact Maklerbeirats.

Spannungsdreieck Makler, Versicherer und Pools?

Zunächst ging es unter den Diskutanten um das Spannungsdreieck zwischen Maklern, Versicherern und Pools. Porazik sieht in dem Verhältnis keine Spannungen, sondern große Synergie. Er sieht Pools als Chance für Versicherer, Prozesse effizienter zu machen und Makler besser zu servicieren. Auch Lüer bestätigt aus Versicherersicht, dass er kein Spannungsdreieck sieht. Versicherer würden gerne sowohl mit Pools als auch mit Einzelmaklern zusammenarbeiten. Ebenfalls als sehr gutes Verhältnis bezeichnete es Adelt, ihm nach brauche es diesen „Dreiklang“ in der fragmentierten Branche. Und auch der BVK sieht keine Spannung in dem Sinne, sagt Heinz.

Unabhängigkeit der Makler

Trotzdem widersprach der BVK-Präsident Porazik in einem Punkt. „Ich glaube schon, dass wir diesen Maklermarkt des selbstbestimmten Unternehmermaklers nach wie vor brauchen.“ Es brauche natürlich auch Dienstleister, die administrative Aufgaben übernehmen. Er sorgt sich allerdings darum, dass aus Maklern möglicherweise Ausschließlichkeitsvermittler werden könnten, die keine Eigenbestimmung mehr haben. Dort sieht er ein Spannungsfeld. So entfaltete sich eine rege Diskussion zwischen den Teilnehmern. Porazik warf daraufhin ein, dass die Pools die Makler erst produktgeberunabhängig machen, weil die Makler ohne Pools nicht zu allen Gesellschaften aktive Verträge aufrechterhalten könnten. Dem pflichtete Adelt bei: Man erhalte bei Pools als Makler maximale Unabhängigkeit. Heinz widersprach insofern, dass der klassische Makler keine 100 Anbindungen bräuchte und es vor 50 Jahren ja auch ohne diese funktioniert habe. Er war an dieser Stelle „ganz entschieden anderer Meinung“. Er stellte aber erneut klar, dass er nicht die Dienstleistungsindustrie an sich verneint. Sein Augenmerk lag darauf, dass die Versicherer den Zugang zum Versicherungsmakler behalten sollten. Lüer stimmte dem zu, wies aber auch auf die immer größer werdende Komplexität etwa bei Anbindung oder Datentransfer hin.

Das Potenzial von Digitalisierung und KI

Anschließend leitete Moderator Reeg zum Thema Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) über und fragte die Diskutanten, welches Potenzial für die Branche darin stecke. Für die Makler stelle sich dadurch auch die Frage, ob es sie auf lange Sicht noch brauche. Adelt teilte mit, dass Clark einige Beispiele umgesetzt hat, wo KI zum Einsatz kommt. Jedoch betonte er auch, dass es wichtig sei, erst einmal die Grundlagen der Technologie zu meistern. Dazu müsse man offen für die technologische Entwicklung sein. Dies habe „Deutschland insgesamt verschlafen“. Seiner Meinung nach ist es bereits „fünf nach zwölf“. Zudem machte Adelt einen weiteren Punkt auf: Es geht nicht nur darum, dass es möglich ist, (neue) Technologien zu nutzen. Auch müssen sich Unternehmen fragen, ob sie einerseits betriebswirtschaftlich und andererseits ethisch sinnvoll sind. Denn digitalisieren könne man theoretisch alles. Porazik sieht KI vor allem als sehr stark maklerunterstützend an. Doch auch er stimmte Adelt in dem Punkt zu, dass es ethische Grundlagen braucht – vor allem bei der „rasenden Geschwindigkeit“, mit der sich z. B. KI entwickelt. Insgesamt geht er davon aus, dass die technologischen Entwicklungen für Makler vieles vereinfachen werden.

KI kann Vertrieb nicht ersetzen

Lüer ergänzte zu diesem Thema vor allem in Richtung Makler, dass KI den Vertrieb nicht ersetzen wird, dass sie aber beispielsweise dabei helfen kann, Service noch umfassender werden zu lassen. Reeg fasste noch einmal zusammen: In der Verwaltung z. B. kann KI Probleme lösen, den Vertrieb kann sie nicht ersetzen. Und er fügte einen Lieblingssatz hinzu: „Vertrauen ist die einige Möglichkeit, Komplexität zu reduzieren.“ Und das Vertrauen werde in erster Linie Menschen entgegengebracht.

Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine

Einen positiven Aspekt von KI und Digitalisierung nannte Adelt noch: Auf die Frage, wie Menschen zu technologiegetriebenen Dienstleistungen finden, gibt es nicht die eine Antwort. Über eine Fülle an Möglichkeiten, z. B. Social Media, ist es nun möglich, viele Menschen auf diversen Kanälen zu erreichen. Es müsse ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine geben. Technologie muss eine Antwort, kann aber nicht die alleinige Antwort sein. Eine Krankenvoll- oder Berufsunfähigkeitsversicherung zu digitalisieren sei zwar möglich, aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Dafür brauche es Menschen bzw. den gut ausgebildeten Experten für die Beratung. Auch Heinz stimmte hier zu: Es gebe eine „Ursehnsucht des Menschen“ nach Kommunikation. Daher sei das genau richtig. Adelt ergänzte noch, dass es heute aber einfacher sei, Menschen zu erreichen und das machen sich auch viele Versicherungsmakler zunutze.

Nachwuchs für die Versicherungsbranche

Zum Schluss kam die Runde auf die Nachwuchssorgen der Branche zu sprechen. Es wurde vorgestellt, was getan wird, um Fachkräfte, neue Mitarbeiter und Nachwuchs zu finden. Lüer erklärte, HDI setze beispielsweise auf Ausbildung, aber auch auf Quereinsteiger. Themen wie die Technologisierung und KI ziehen darüber hinaus junge Leute an. Man müsse ihnen klar machen, dass es eine spannende und zukunftssichere Branche ist. Bei Fonds Finanz wird dieses Jahr eine vierstellige Zahl an 34d-Absatz-1-Vermittlern ausgebildet, so Porazik. Man halte sich an die Methoden der Strukturvertriebe, da die meisten Makler von dort kommen. Zudem gibt es die Möglichkeit, aus dem Ausland zu arbeiten. Porazik glaubt, dass es „in der Vermittlerschaft, der Maklerschaft keinen Rückgang geben wird“, da viele junge Leute gerade die Branche entdecken. Lüer weiß, dass die jungen Generationen schon im Bewerbungsgespräch anders auftreten als die älteren. „Darauf muss man Antworten haben“, sagt er. Für Heinz gibt es zwei Blickwinkel: Man müsse erstens die, die bereits in der Branche sind, auch dort halten, und zweitens neue Menschen „in den Beruf“ bekommen. Hierzu müsse das Image, das oft in den Medien negativ dargestellt würde, wieder aufgebessert werden. (lg)

Bild: © DKM; v. l. n. r.: Michael H. Heinz (BVK), Thomas Lüer (HDI), Michael Reeg (Hoesch & Partner), Dr. Marco Adelt (Clark), Norbert Porazik (Fonds Finanz)

Der Text wurde am 26.10.23, 12:34 Uhr, bei einer Aussage aufgrund von möglicherweise missverständlicher Deutung aktualisiert.