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18. Januar 2023
LV-Merkblatt der BaFin: Das sagen die Vermittlerverbände dazu

LV-Merkblatt der BaFin: Das sagen die Vermittlerverbände dazu

Die BaFin hat ihr Merkblatt über eine verschärfte Prüfung der Vertriebspraxis bei Lebensversicherungen zur Konsultation gestellt. Mehrere Vermittlerverbände haben nun eine Stellungnahme dazu abgeben. Was also loben sie und was wird daran scharf kritisiert?

Die nationale Finanz- und Versicherungsaufsicht BaFin hat im Herbst ein „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen“ vorgelegt und zur Diskussion gestellt (AssCompact berichtete). Mit den neuen Leitlinien will die Aufsichtsbehörde „sicherstellen, dass kapitalbildende Lebensversicherungen Kundinnen und Kunden einen angemessenen Nutzen bieten und Interessenkonflikte beim Vertrieb dieser Produkte vermieden werden“. Die Marktteilnehmer waren aufgerufen, zum dem Text bis zum 15.01.2023 ihre Stellungnahmen einzureichen. Diese Möglichkeit haben einige Branchenverbände genutzt.

BDVM: Hochwertige Beratung fördert Verbraucherschutz

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM) befürwortet grundsätzlich das Ziel, einen angemessenen Kundennutzen bei der Vermittlung von Versicherungslösungen in den Vordergrund zu stellen und monetäre Fehlanreize zu vermeiden, wie es in der schriftlichen Stellungnahme des Verbandes heißt, die AssCompact vorliegt. Allerdings könne die Bewertung der Geeignetheit eines Produkts aufgrund ihrer Vielzahl und der Vielschichtigkeit der Produktarten nicht pauschal erfolgen, moniert der Verband. Vielmehr könne die Geeignetheit in der Regel nur nach einer individuellen, qualifizierten Beratung festgestellt werden, womit sich der Verband wohl gegen eine standardisierte Regelung durch ein aufsichtsbehördliches Merkblatt wehrt. Außerdem stellt die BDVM-Stellungnahme klar, dass eine so verstandene hochwertige Beratung mit einer angemessenen Vergütung und damit auch mit Kosten verbunden sei. Und eine gute Beratung und Betreuung würden grundsätzlich zu einem besseren Produktverständnis und und auch zu einer geringeren Stornowahrscheinlichkeit führen.

BDVM wünscht Nachbesserungen

Mit Blick auf die im Merkblatt angedeutete Festlegung von Produkt- bzw. Kostenvorgaben fordert der BDVM Nachbesserungen. Insbesondere solle nach Verbandsauffassung eine stärkere Berücksichtigung des Zielmarktes sowie eine differenziertere Betrachtung der Kostenblöcke erfolgen. Beim Punkt „Zielmarkt“ solle eine Aufteilung in in private und betriebliche Altersversorgung erfolgen. Denn die beiden Vorsorgelösungen würden sich in sehr vielen Aspekten wie der durchschnittlichen Vertragslaufzeit, der Stornoquoten oder der Abschluss- und Verwaltungskosten unterscheiden. Und beim Punkt „Kostenblöcke“ schlägt der BDVM eine Aufteilung in

  • Kosten durch Beratung und Betreuung beim Vermittler
  • Kosten der Verwaltung beim Versicherer und
  • Produktkosten

vor. „Mit dieser Differenzierung würde eine zielgerichtetere Erfassung und Kontrolle der einzelnen Kosten ermöglicht und eine zu starke Kostenbelastung des Produktes reduziert“, schreibt der BDVM in seiner Stellungnahme an die BaFin.

BVK verweist auf die bereits bestehende Qualitätssicherung

Neben dem BDVM haben sich weitere Vermittlerverbände mit einer Stellungnahme zum Merkblatt an die BaFin gewandt. Zum Thema Stornierungsverhalten merkt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) an, dass nicht jeder Vertragsstorno als Beleg für eine eingeschränkte Beratungsqualität des Vermittlers herangezogen werden könne. Mit Verweis auf die niedrigen Beschwerdquoten beim Versicherungsombudsmann erläutert der BVK, dass längst nahezu alle Lebensversicherer Qualitätskriterien, wie die Stornoquote, Weiterbildungsmaßnahmen oder auch die Agenturvertragsdauer für eine kundenorientierte Verhaltenssteuerung im Vertrieb umsetzen würden. Daher befürchtet der BVK, dass mit dem von der BaFin verfolgten Veröffentlichung eines Merkblattes ein weiterer Eingriff in die Privatautonomie der Vermittler erfolge.

AfW befürchtet Eingriff in die Vergütungsstrukturen

Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. (AfW) begrüßt zwar, dass die ursprünglich geplanten Aufsichtsstandards inklusive einer Provisionsbeschränkung ausbleiben, befürchtet aber einen Eingriff in die Vergütungsstrukturen am Markt durch die Hintertür. Besonders schwer wiegt der AfW-Auffassung nach, dass das Merkblatt eine faktische Pflicht zu Provisionssenkungen durch ein Exekutivorgan auf unterster Ebene, also noch unterhalb eines BaFin-Rundschreibens oder einer Auslegungsentscheidung, vorsieht. Für ein solches Vorgehen sieht der AfW allerdings keine gesetzliche Grundlage gegeben.

VOTUM wirft BaFin eine Mogelpackung vor

Der Vermittlerverband VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. (VOTUM) wirft der BaFin mit dem Merkblatt eine Mogelpackung vor. Denn „unter dem Vorwand, den Versicherungsgesellschaften Anleitungen für ihre Produktentwicklungsprozesse zu geben, werden nahezu ausschließlich Vorgaben und Eingriffe in die Gestaltung der Vertriebsvergütung formuliert“, heißt es in der VOTUM-Stellungnahme. Außerdem macht sich dieser Verband für eine ganzheitliche Lösung auf europäischer Ebene stark und kritisiert den nun von der BaFin eingeschlagenen „deutschen Sonderweg“.

BFV: Kundennutzen nicht nur auf den Renditeaspekt beschränken

Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) kritisiert, dass sich die BaFin in ihrem Merkblatt zur Beurteilung des Kundennutzens einzig auf den Renditeaspekt beschränkt. Dieses Vorgehen greife zu kurz, so der BFV. Denn es gäbe weitere Aspekte, die den Kundennutzen ausmachen, insbesondere die Beratung, Vermittlung und Betreuung. Außerdem würde laut BFV jede weitere Regulierung, Auflage und Forderung zu weiterem Personalbedarf und somit zu höheren Kosten führen, mit negativen Folgen für die Rendite der Produkte.

BDV: Das Beratungsangebot würde sich verknappen

Der Bund der Deutschen Vermögensberater e. V. (BDV) moniert unterdessen, dass eine Mindestrendite von 2% nach Kosten die fondsgebundene Lebensversicherung privilegieren würde. Der BDV weist daraufhin, dass dieses Produkt allerdings nicht immer im Einklang mit den Kundeninteressen stehe. Außerdem müsste die staatliche Förderung für Lebensversicherungen wie Steuervorteile und Zulagen, anders als im Merkblatt angelegt, bei der Rendite aus Kundensicht mitberücksichtigt werden. Der BDV warnt daher davor, dass sich das Beratungsangebot stark verknappen werde, und Kunden nicht mehr in der Breite vorsorgen oder die falschen Verträge abschließen würden. (as)

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