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31. Januar 2023
Makler im Gespräch: AssCompact zu Besuch bei der WIASS

Makler im Gespräch: AssCompact zu Besuch bei der WIASS

Die WIASS ist ein familiengeführtes Maklerhaus – und so soll es auch bleiben. Denn Robert Ostermann hat mittlerweile seinen Sohn Michael Ostermann in den Vorstand berufen. AssCompact wollte von den Maklern genauer wissen, wie die Nachfolgeregelung abläuft – und hat das Maklerhaus besucht.

Eine Reportage von Dr. Alexander Ströhl, AssCompact

Man verspürt vornehme Zurückhaltung. Denn nach einem auffälligen Unternehmenslogo am Betriebsgebäude sucht man vergebens. Und auch die Auffahrt zum Kundenparkplatz ist recht bescheiden angelegt. Ein Besucher könnte die Einfahrt zum mit Bäumen gesäumten Parkplatz des Maklerhauses also geradewegs verpassen.

Umso herzlicher ist der Empfang. Auf einem TV-Bildschirm flimmert der Name „AssCompact“. Auf einem einladenden Tisch aus Eichenholz im großen Besprechungsraum des Maklerhauses warten bereits Kaffeetassen und Kekse. Drei gut gelaunte Herren begrüßen ihren Gast mit festem Händedruck: Robert Ostermann, Gründer und Vorstand, Michael Ostermann, Vorstand, und Detlef Dörrié, Geschäftsführer bei der Wirtschafts-Assekuranz-Makler Holding GmbH (WIASS).

Doch was verbirgt sich hinter WIASS? Die WIASS-Gruppe ist ein mittelständisches, unabhängiges Maklerhaus mit Sitz in Amberg – eine Stadt in der Oberpfalz, im Vilstal gelegen und eingebettet in die sanften Erhebungen des oberpfälzischen Hügellandes. Das familiengeführte Unternehmen hat sich auf Versicherungslösungen für Gewerbe und Industrie mit Schwerpunkt auf die Logistik-, Speditions- und Transportbranche spezialisiert. Wer heutzutage einen mittelständischen Logistiker versichert, braucht auf vielen Gebieten Kenntnisse und Fähigkeiten. „Vieles wurde von den großen Unternehmen in den letzten fünf bis zehn Jahren auf die Logistiker ausgelagert. Der Versicherungsbedarf ist starkangewachsen, vor allem bei Komposit“, erläutert Robert Ostermann mit fester Stimme die Veränderungen bei seiner Kundschaft.

Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1989 von Gerhard Mätzner und Robert Ostermann. Vertriebsschwerpunkt: Bayern und Sachsen. Doch seitdem hat sich das Vertriebsgebiet erheblich vergrößert. Mittlerweile deckt das Maklerhaus mit insgesamt acht Niederlassungen ganz Deutschland ab. Und selbst im Ausland wird Unternehmen Versicherungsschutz angeboten. Zur Kundschaft zählen große wie kleine Betriebe – ausgedrückt in der Prämienspannweite ist zwischen vier- und siebenstelligen Beträgen alles dabei. Etwa 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier beschäftigt.

Die vornehme Zurückhaltung ist mit Blick auf die Erfolgsgeschichte des Maklerhauses also nicht wirklich angebracht, gelebt wird sie trotzdem. Man bekommt schnell den Eindruck, dass keiner der Gesprächspartner allzu viel Aufsehen rund um das erfolgreich geführte Maklerhaus erregen möchte. Man macht einen guten Job, und das ist die Hauptsache.

Nur wenige Maklerhäuser beschäftigen sich mit Nachfolge

Ganz und gar nicht zurückhaltend agiert Unternehmensgründer Robert Ostermann hingegen beim Thema Nachfolgeregelung. Denn überzeugt von den Stärken eines familiengeführten Betriebs hat sich der gelernte Versicherungskaufmann frühzeitig entschieden, die Regelung der Unternehmensnachfolge aktiv anzupacken – und seinen Sohn Michael Ostermann in den Vorstand der WIASS berufen. Die WIASS ist damit ein Beispiel dafür, dass nicht alle Maklerhäuser der Branche verkaufen wollen. Vielmehr zeigt also der Amberger Maklerbetrieb, dass es noch geregelte Übergaben gibt – sogar innerhalb der Familie.

Und das Thema „Nachfolgeregelung“ geht dann doch alle Maklerhäuser etwas an. Denn viele Inhaber eines Maklerbetriebs sind mittlerweile weit über 50 Jahre alt. Die Frage nach der Nachfolge wird für eine wachsende Zahl an Maklerhäusern wichtiger. Denn von ihrer Regelung sind nicht nur die Kundschaft, sondern auch Beschäftigte und die Existenz des Maklerhauses abhängig. Nur: Besonders viele Maklerhäuser beschäftigen sich nicht mit der Regelung der eigenen Nachfolge.

„Heutzutage sucht das Geld Ideen“

Wer sich stattdessen intensiv mit unabhängigen Vermittlerbetrieben und ihrer Übernahme beschäftigt, sind große Maklerhäuser wie GGW oder Ecclesia – sowie Private-Equity-Investoren, weiß Detlef Dörrié. Er wirft einen Blick aus dem großen Fenster hinaus – fast so, als würde er hinter den flachen Hügeln der Oberpfalz einen solchen Investor wittern. Diese Investoren kaufen mittlerweile vermehrt mittelständische Maklerbetriebe auf. Sie mischen damit hierzulande bei der Konsolidierung des Maklermarktes kräftig mit. Viele Investoren hoffen, nach ein paar Jahren mit einem dicken Plus wieder verkaufen zu können. Das einst familiengeführte Maklerhaus als spekulatives Investitionsobjekt.

Erst im Jahr 2021 erreichte das Verkaufsgeschehen im deutschen Maklermarkt einen Höhepunkt. Besondere Strahlkraft hatte die Beteiligung des Private-Equity-Investors Hg Capital an Fonds Finanz. Auch 2022 verging kaum eine Woche, in der nicht ein weiteres Maklerunternehmen aufgekauft oder fusioniert wurde. Die Gründe liegen für Detlef Dörrié auf der Hand: das viele Geld im Markt, das renditestark investiert werden will. „Früher haben Ideen Geld gesucht, heute sucht das Geld Ideen. Und die Idee ist, die Akteure einer Branche aufzukaufen und in einer größeren Einheit zusammenzufassen“, meint der WIASS-Geschäftsführer. Außerdem komme den Investoren eine Eigenheit des deutschen Versicherungsmarktes zugute: „Die meisten Verträge haben eine automatische Verlängerung. Das garantiert stabile Umsätze und eine Sicherheit, die nirgendwo sonst in Europa anzutreffen ist“, erläutert Detlef Dörrié weiter.

Maklerhaus setzt auf Unabhängigkeit

Die Unternehmensleitung bei der WIASS hingegen setzt auf die eigene Unabhängigkeit. Schon allein deswegen, weil sie ein wichtiges Signal an die eigene, mittelständisch geprägte Kundschaft sendet. „Vor unseren Kunden steht eben kein Manager mit einem Dreijahresvertrag, sondern ein Inhaber, der Kontinuität verkörpert“, betont Robert Ostermann. Diese Stabilität ist für den Gründer ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine langjährige Kundenbetreuung. Die familieninterne Übergabe sichert die Unabhängigkeit des Hauses. Und daher ist es für Robert Ostermann ein großes Anliegen,seine Nachfolge in den Händen der eigenen Familie zu wissen. Genauer: in den Händen von Michael Ostermann.

Als Vater wollte Robert Ostermann nur das Beste für das eigene Kind. Den Plan, dass das auf die Nachfolge im eigenen Unternehmen hinausläuft, hatte er nicht von Anfang an verfolgt. „Für mich ist wichtig gewesen, dass die Entscheidung von Michael aus freien Stücken heraus erfolgt. Aber klar: Als Vater kann ich ihm die Möglichkeiten aufzeigen und diese Idee ein klein wenig fördern“, erklärt Robert Ostermann seine Rolle zwischen Inhaber und Vater.

Welche Weg beschritt Michael Ostermann? Der Nachfolger lernte Versicherungskaufmann in der WIASS-Niederlassung in Chemnitz. Anschließend absolvierte er ein Studium im Fachbereich Versicherungswesen in Köln und arbeitete danach ein paar Jahre für ein renommiertes Hamburger Maklerhaus. Michael Ostermann verfügt damit über eine große Portion Außenperspektive. Sie lässt ihn anders auf das familiengeführte Maklerhaus blicken, als wenn er seine berufliche Karriere bei der WIASS gestartet hätte. Sein beruflicher Werdegang ebnete ihm so den Einstieg in den väterlichen Maklerbetrieb in Amberg.

Eine geregelte Übergabe will moderiert werden

Doch wie gelingt die Übergabe zwischen Vater und Sohn? Besonders wichtig sei, das Unternehmen bestens zu kennen, sagt Michael Ostermann. Seine Strukturen und Prozesse und auch wie sie zu dem wurden, was sie heute sind. Und das fange bereits bei der Versendung eines Briefes an. „Nur so kann ich die Dinge konkret angehen und die Zukunft aktiv mitgestalten“, ist sich Michael Ostermann sicher. Es sind die Details, auf die es nicht nur bei der Übergabe, sondern auch bei der Leitung eines mittelständischen Betriebs ankommt. Dabei kommt Michael Ostermann zugute, dass er das Maklerhaus bereits seit Kindesbeinen an kennt – und das Maklerhaus und die Beschäftigten ihn.

Apropos Beschäftigte: Aufgrund der aktuellen Makler-Konsolidierung haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in letzter Zeit mit der Frage beschäftigt, wie es mit dem Unternehmen perspektivisch weitergeht. „Werden wir auch verkauft?“ war eine Frage, mit der sich beschäftigt wurde. Umso erfreuter war das Feedback aus der Belegschaft, als die Neuigkeit über den Eintritt von Michael Ostermann in die Führungsebene des Unternehmens die Runde in der WIASS machte,berichtet Detlef Dörrié. Der Anspannung wich Entspannung.

Für eine geregelte Übergabe zwischen Vater und Sohn braucht es aber auch eine dritte und vor allem unabhängige Person. Einen Moderator zwischen älterer und jüngerer Generation. Einen Moderator zwischen wertvoller Erfahrung und neuen Ideen. Kurz: Detlef Dörrié. „Ich begleite und unterstütze den Generationswechsel und versuche damit meinen Beitrag zum Erfolg des Stabwechsels zu leisten“, beschreibt Detlef Dörrié seine Rolle. Mit seiner Erfahrung unterstütze er die Ideen von Michael Ostermann, könne Chancen wie Gefahren seiner Überlegungen einschätzen. Und Detlef Dörrié muss es wissen. Denn er bringt über 20 Jahre Erfahrung als Geschäftsführer eines größeren Maklerhauses mit und war bereits selbst Berater während einer Nachfolgeregelung. Er kennt die Fallstricke, die bei einer Nachfolgeregelung lauern.

Personalbereich als Türöffner zum Betriebsgeschehen

Michael Ostermann hat im April 2022 seinen Platz bei der WIASS in Amberg eingenommen. Er soll von Anfang an Verantwortung übernehmen, meint Robert Ostermann.

Daher ist der Juniorunter anderem für das Personalressort zuständig – ein Bereich, der einem dynamischen Wandel unterliegt. Stichwort „New Work“ mit Facetten wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und agiles Arbeiten. Aber auch ein Bereich, der ihm Nähe und Zugang zu den Menschen im Betrieb erlaubt. Und Menschen sind dem Nachfolger ungemein wichtig. Hilfreiche Unterstützung für das Hineinwachsen in die neue Rolle erfährt Michael Ostermann auch in seiner ausgeprägten Netzwerktätigkeit. So engagiert er sich bei den Wirtschafts­junioren Amberg, einem Netzwerk für junge Unternehmer und Führungskräfte.

Auf die Frage, welche Ideen er nun als WIASS-Vorstand verfolge, wird klar: Michael Ostermann entwickelt seine eigene Handschrift. „Dazu zähle ich die weitere Expansion der WIASS durch eine zentrale Unternehmenssteuerung in Amberg sowie die Stärkung der regionalen Präsenz des Unternehmens“, sagt der Jungunternehmer. Denn auch bei der WIASS verspürt der Personalchef den Fachkräftemangel. Und Abhilfe soll das Auslösen von Aufmerksamkeit schaffen. Andererseits fällt der Blick beim Thema Strategie natürlich auch auf den IT-Bereich. Insbesondere die Verarbeitung von großen Datenmengen ist für das Maklerhaus ein echter Antrieb, weiß Michael Ostermann.

Mit Blick auf das eigene Unternehmen ist den WIASS-Maklern angesichts der Konsolidierungswelle im Maklermarkt wiederum nicht bange. Detlef Dörrié gibt sich zuversichtlich: „Obwohl es die großen internationalen Makler gibt, wird es trotzdem immer noch genügend Platz im Markt für mittelständische, inhabergeführte Unternehmen geben. Schon allein deswegen, weil die Kunden unsere Philosophie nachfragen.“ Außerdem seien die Großmakler ein kleines Stück weit in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, merkt Robert Ostermann an. Und da blitzt sie dann doch noch mal für einen kurzen Moment auf: die vornehme Zurückhaltung.

Ein Kurzinterview mit Nachfolger Michael Ostermann lesen Sie auf der nächsten Seite.

Interview mit Michael Ostermann, Wirtschafts-Assekuranz-Makler AG

 

Makler im Gespräch: AssCompact zu Besuch bei der WIASS

 

Herr Michael Ostermann, was reizt Sie persönlich an der Nachfolge bei der Wirtschafts-Assekuranz-Makler AG?

Unternehmertum wird in unserer Familie gelebt, seitdem ich denken kann. Es bereitet mir große Freude, unternehmerische Verantwortung übernehmen zu dürfen und aktiv Entscheidungen und Veränderungen mitzugestalten.

Das Familienunternehmen weiterführen zu dürfen, ist für mich ein besonderes Privileg. Ich betrachte die Vergangenheit mit Demut und begegne der Zukunft mit Neugierde und Freude.

Was zeichnet für Sie Unternehmertum heutzutage aus?

In erster Linie bedeutet Unternehmertum meiner Meinung nach, unternehmerische sowie soziale Verantwortung zu übernehmen. Insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Unternehmen und unsere Kunden.

Wer gibt Ihnen Rückhalt während des Nachfolgeprozesses?

Ich habe das große Glück, mit den Kolleginnen und Kollegen unserer Geschäftsleitung ein Teil eines Teams sein zu dürfen, welches mich bei dem Generationswechsel begleitet und mit Rat und Tat zur Seite steht. Aber natürlich auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschafts-Assekuranz-Makler AG, die sich freuen, dass mit dem Generationswechsel die familien­geprägte Philosophie eines mittelständischen Maklerunternehmens weitergelebt wird.

Diese Reportage und dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 88 ff., und in unserem ePaper.

Bilder: © WIASS; oben: v. l. n. r.: Robert Ostermann, Gründer und Vorstand, Michael Ostermann, Vorstand, und Detlef Dörrié, Geschäftsführer bei der Wirtschafts-Assekuranz-Makler AG in Amberg; Interviewbild: Michael Ostermann