Interview mit Markus Haybach, Gründer und Geschäftsführer der RISK007 GmbH
Herr Haybach, das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat kürzlich in einem Berufungsurteil entschieden, dass sich Versicherungsmakler in Sachsen nicht mehr als „unabhängig“ bezeichnen dürfen, wenn sie Provisionen und Courtagen von Versicherern erhalten. Die Darstellung als unabhängiger Versicherungsmakler verstoße gegen die Trennung von Versicherungsmakler und Versicherungsberater, die ausschließlich vom Kunden vergütet werden. Bei dem Urteil ging es um Ihr Unternehmen. Wie haben Sie und Ihre Teammitglieder das Urteil aufgenommen? Wie sehr sind Sie über das Urteil enttäuscht?
Wir sind von dem Urteil sehr enttäuscht. Sowohl mein eigener Weg als auch der sämtlicher Teammitglieder hat einmal in der Ausschließlichkeit begonnen, also der Arbeit für einen spezifischen Versicherer. Das war jedem, der bei uns arbeitet, aber ein Dorn im Auge, da wir für den Kunden da sein und für diesen die optimale Lösung erarbeiten wollen. Deshalb sind wir Versicherungsmakler geworden, um eben den Kunden gegenüber dem Versicherer zu vertreten – nicht umgekehrt.
In unserem Selbstverständnis sind wir klar unabhängig, da wir keinerlei Produkt- oder Absatzvorgaben von Versicherern unterliegen und spätestens seit dem „Sachwalter-Urteil“ des BGH IVa ZR 190/83 eindeutig als treuhänderischer Vertreter des Kunden definiert sind.
Sie beraten im Privatkundenbereich. Wie sehr achten Ihre Kunden, in deren Auftrag Sie ja weiterhin unterwegs sind, auf den Unabhängigkeitsbegriff? Werden Sie in der Beratung darauf angesprochen?
Wir haben ein strukturiertes Erstgespräch, in dem wir jeden Neukunden fragen, wieso sie bei uns sind und wie sie uns gefunden haben. Etwa jeder Zweite sagt, er habe einen „Unabhängigen“ gesucht und verwendet auch diesen Begriff. Zur Festigung machen wir dann für alle noch eine kleine Begriffsklärung und grenzen uns gegenüber Versicherungsvertretern und Versicherungsberatern ab.
Was sagen denn Ihre Kunden zu dem Urteil? Haben Sie Reaktionen bekommen? Oder spüren Sie es anderweitig?
Von Bestandskunden kommen fast keine Nachfragen. Bei Neukunden sieht es ganz anders aus. Wir werden hauptsächlich über Suchmaschinen gefunden. Auf Platz 2 und 3 der Suchergebnisse steht unser Unternehmen jetzt mit je einem Eintrag auf der Verbandsklageseite der Verbraucherzentrale und im Verbandsklageregister des Bundesamtes für Justiz. Das Ganze nun bald seit zwei Jahren am Stück. Wie gut sich das in der Außendarstellung macht, kann sich jeder selbst ausmalen.
Erst letzte Woche hatten wir die Buchung für ein Erstgespräch, welche noch vor dem Termin wieder vom Interessenten storniert wurde, da dieser zwischenzeitlich über das anhängige Verfahren der Verbraucherzentrale gegen uns erfahren hat. Wie viele Interessenten aufgrund der Negativwerbung gar nicht erst einen Termin bei uns buchen, können wir nur erahnen. Der wirtschaftliche Schaden ist immens.
Warum sollte ich mir einen Termin bei einem Makler buchen, der gerade vom Verbraucherschutz verklagt wird, wenn daneben noch drei andere (unabhängige) Versicherungsmakler stehen, die gerade nicht verklagt werden?
Sofern wir allerdings die Gelegenheit bekommen, den Sachverhalt im persönlichen Gespräch zu erläutern, ist noch kein Kunde oder Interessent deshalb abgesprungen.
Wie einfach wird es für Sie in Zukunft, (Neu-)Kunden ihre Aufgaben und Funktion als Makler zu erklären? Würden Sie sagen, Sie sind als Makler – sei es, um sich abzuheben, z. B. von Vertretern – auf einen Begriff wie „unabhängig“ oder „ungebunden“ angewiesen oder geht es aus Ihrer Sicht auch anders?
Wie schon vorab erwähnt gelingt die Erklärung im persönlichen Gespräch problemlos. Das Problem liegt eher in der Außendarstellung und Sichtbarkeit, hier vor allem auf unserer Website.
Auf Ihrer Website und in Ihrem Marketing geht es derzeit noch an mehreren prominenten Stellen um die Unabhängigkeit Ihres Unternehmens und Ihrer Beratung. Wie werden und müssen Sie hier nun weiter vorgehen? Wie gehen Sie in dieser Hinsicht mit dem Urteil um?
Wir werden wohl einen Ersatzbegriff wie „ungebunden“ oder „frei“ finden und sämtliche Text auf Websites, Unterseiten und Listungen auf Drittanbieterportalen anpassen müssen.
In der Maklerbranche ist das Urteil jedenfalls viel beachtet und mehrere Verbände etc. haben bereits reagiert und Ihre Meinung kundgetan bzw. Empfehlungen ausgesprochen. Haben auch Sie Reaktionen aus der Branche direkt erhalten?
Ich stehe mit vielen Kollegen im ständigen Austausch, was sehr positiv ist, aber auch enorme zeitliche Ressourcen beansprucht. Wir selbst sind im IGVM e. V. organisiert. Nachdem wir in der ersten Instanz beim LG Leipzig als erster Versicherungsmakler überhaupt gegen die Verbraucherzentrale in diesem Thema obsiegt haben, haben wir durch den IGVM auch finanzielle Rückendeckung für Berufung am OLG bekommen. Dafür sind wir sehr dankbar.
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, wiederholt jeden einzelnen Versicherungsmakler dazu aufzurufen, sich zu organisieren. Beschwert euch nicht, wenn wir in der Politik keine Stimme haben, sondern werdet Mitglied im IGVM.
Was sagt der Anwalt des Maklers zu dem Urteil? Zum Interview mit Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, geht es hier.
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