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9. August 2019
Maklerhaftung – Das Geschäft mit der Angst

Maklerhaftung – Das Geschäft mit der Angst

Neben Versicherungsprodukten werden Maklern zunehmend andere Produkte und Dienstleistungen angeboten und dabei auf Drohszenarien zur Maklerhaftung angespielt. Hans-Ludger Sandkühler zeigt in seiner AssCompact-Kolumne auf, wie Makler mit der richtigen Strategie dem Haftungspotenzial begegnen können.

„ProfanPlus – das Enthaftungsprodukt für Makler“ – so oder so ähnlich ist ein Artikel überschrieben, in dem über die Produktinnovation eines Versicherers berichtet wird. Der Vertriebsvorstand des Versicherers lässt sich gar wie folgt zitieren: „Die Haftungsthematik gewinnt im Maklermarkt immer mehr an Bedeutung. Makler, die ‚ProfanPlus‘ vermitteln, können sich sicher sein, dem Kunden den ‚BestAdvice‘ gegeben zu haben. Damit ist ‚ProfanPlus‘ das Enthaftungsprodukt für den Makler rund um den Privatkunden.“

Natürlich ist es legitim, dass Versicherer selbstbewusst und laut ihre Produkte anpreisen und dabei besondere Qualitäten für sich und ihre Entwicklungen reklamieren. Das Getöse bekommt aber einen faden Beigeschmack, wenn subtil latente Ängste angesprochen und durch pauschale Behauptungen und Wortungeheuer gezielt geschürt werden. „Enthaftungsprodukt“ – was für ein Begriff. Er setzt Haftung als „Normalzustand“ voraus und suggeriert, dass der Makler das angepriesene Produkt verkaufen muss, um der Haftung zu entgehen. Scheinbar logisch. Doch die Gesetze der Logik lassen eine folgerichtige Ableitung nur zu, wenn die Prämisse wahr ist. Und es ist nicht wahr, dass Makler quasi immer haften. Haftung setzt vielmehr einen vorwerfbaren Pflichtenverstoß des Maklers voraus. Die Pflichten des Maklers richten sich indessen nach dem mit dem Kunden geschlossenen Maklervertrag und nicht nach den Verkaufswünschen einiger Versicherer.

Zielgruppe Makler

Es geht hier aber nicht darum, den betreffenden Versicherer anzugehen. Möglicherweise schießt die Vermutung der Subtilität sogar zu weit. Vielleicht hat der Versicherer sich gar nichts dabei gedacht. Auffällig ist aber, dass Versicherungsmakler sich zunehmend zu einer Art „Everybody’s Darling“ entwickeln und von vielen Anbietern als lohnende Zielgruppe ausgemacht worden sind. Neben dem Kerngeschäft Versicherungsprodukte werden Maklern zahlreiche weitere Produkte und Dienstleistungen angeboten: Verwaltungs-, Vergleichs- und Analysesoftware, Seminare, Broschüren, Formulare, Berufshaftpflichtversicherungen, Administrationsdienstleistungen, Höchstprovisionsverschaffung, Haftungsdächer, Rabattverträge und vieles mehr. Und dabei fällt auf, dass die Vermittlung von Drohszenarien zur Maklerhaftung offenbar zum üblichen Verkaufsrepertoire gehört. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Hintergrund Maklerhaftung – Was steckt dahinter?

Bereits 1985 hat der BGH im bekannten Sachwalterurteil entschieden, dass der Versicherungsmakler seinem ihm durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag verbundenen Auftraggeber gegenüber verpflichtet ist, einen individuellen, passenden Versicherungsschutz zu besorgen. Wegen seiner umfassenden Pflichten könne der Versicherungsmakler als treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers bezeichnet werden. Verletzt der Versicherungsmakler schuldhaft eine seiner Pflichten und führt diese Pflichtverletzung zu einem Schaden bei dem Auftraggeber, muss der Makler für den eingetretenen Schaden einstehen.

Seit 2007 haftet der Versicherungsmakler auch nach dem Versicherungsvertragsgesetz, wenn er die im Gesetz beschriebenen Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten verletzt und dem Kunden dadurch ein Schaden entsteht.

Maklerhaftung ist also nicht naturgegeben, sondern droht dem Makler nur dann, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: Pflichtverletzung, schuldhaftes Verhalten, Schadeneintritt, Kausalität der Pflichtverletzung. Demzufolge ist Haftung vermeidbar.

Strategie für Makler

Was können Makler also tun, um Haftung zu vermeiden? Mit der richtigen Strategie dem Haftungspotenzial begegnen! Dazu empfiehlt sich ein Vorgehen in mehreren Stufen:

1. Erwartungshaltung der Kunden einpegeln

Versicherungsmakler sind keine Heilsbringer, sondern Dienstleister. Und der Kunde muss wissen, welche Dienstleistungen er von seinem Makler erwarten kann. Hier sind zwei Aspekte wichtig: Die Kommunikation der Maklerdienstleistungen im Allgemeinen und im Besonderen.

Für die Kommunikation im Allgemeinen sind Medien, Versicherer, Dienstleister und Makler verantwortlich. Unverantwortlich in diesem Zusammenhang sind Aussagen oder Versprechungen, die über das mögliche Leistungsbild des Maklers hinausgehen, wie etwa die Mär vom „Best Advice“ (die Gerichtssprache ist deutsch, § 184 Gerichtsverfassungsgesetz) oder Ähnliches. Nach deutschem Recht ist der Makler „nur“ verpflichtet, dem Kunden einen zur Erfüllung seiner Bedürfnisse „geeigneten“ oder mit den Worten des BGH einen „passenden“ Versicherungsschutz zu besorgen. Zur Vermittlung des „besten“ Versicherungsschutzes ist der Makler nicht verpflichtet. Im Übrigen: Was wäre das überhaupt? Übertriebene Aussagen und Versprechungen sorgen für eine überzogene Erwartungshaltung der Kunden, die von Maklern nicht eingelöst werden kann. Mehr Zurückhaltung der angesprochenen Kreise wäre für die Sache der Makler ausgesprochen hilfreich.

Für die Kommunikation der Maklerdienstleistungen im Besonderen ist letztlich der Makler selbst verantwortlich. Hier kann den Maklern nur Zurückhaltung in eigener Sache empfohlen werden.

2. Pflichtenmanagement

Weil Haftung Pflichtverletzung voraussetzt, ist es sinnvoll, in dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Kunden nur Pflichten zu vereinbaren, die der Makler auch erfüllen kann. (Motto: Tue nur das, was du kannst!) Pflichten, die nicht eingegangen sind, können nicht verletzt werden. Also ist Beschränkung das Gebot der Stunde: Zielgruppen, Sparten, Märkte. Fehlt dem Makler für die Einschätzung und Eindeckung eines Risikos das dazugehörige Know-how, sollte er einen fachkundigen Kollegen zu Rate ziehen oder das Mandat ablehnen.

3. Organisation und Abwicklung

Zur kunden- und risikogerechten Abwicklung der eingegangen Pflichten muss der Makler für eine zeitgemäße und adäquate Qualifikation und Administration sorgen. Alle beteiligten Personen müssen für ihre jeweilige Aufgabe vorbereitet sein. Die Büroprozesse müssen sinnvoll gestaltet und regelmäßig auf ihre Tauglichkeit überprüft werden. Wichtiger Hinweis: Am Anfang jeder Versicherungsvermittlung steht die Risikoermittlung und -bewertung! Je sorgfältiger hier gearbeitet wird, desto leichter wird es, eine risikogerechte Deckung (= passende Versicherungsschutzlösung) zu verschaffen. Haftung lauert dann fast nur noch bei der Abwicklung (verschreiben, verlegen, vergessen, Fristversäumnisse).

4. Dokumentation

Da der BGH in dem Sachwalterurteil auch entschieden hat, dass bei der Verletzung einer vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflicht die Beweislast dem für die vertragsgerechte Erfüllung verantwortlichen Berater (Makler) obliegt, ist es sinnvoll und im eigenen Interesse des Maklers notwendig, dass er die vereinbarten Pflichten und seine Tätigkeiten zur Erfüllung dieser Pflichten möglichst umfassend dokumentiert. (Motto: ... und was du tust, schreib auf!)

5. Risikotransfer

Trotz aller Maßnahmen zur Haftungsvermeidung können Restrisiken bleiben. Zu Recht verpflichtet der Gesetzgeber alle Versicherungsvermittler zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Wie bei seinen Kunden kommt es beim Makler in eigener Sache wesentlich darauf an, dass der Versicherungsvertrag die Risiken des Maklers angemessen abdeckt. Also ordentliche Risikoanalyse auch hier. Wie sonst auch ist für die „Geeignetheit“ der Vertragsinhalt und nicht nur der Preis entscheidend.

6. Schutz des Privatvermögens

Wenn auch die Berufshaftpflichtversicherung nicht mehr hilft, ist die Not meist groß. Deshalb ist durchaus zu erwägen, den Zugriff auf das Privatvermögen des Maklers durch eine geeignete gesellschaftsrechtliche Gestaltung zu erschweren.

Fazit

Die Darstellung eines umfassenden Haftungsmanagementkonzepts war nicht gewollt. Aber zwei Botschaften sollen als wichtig herausgehoben werden. Erstens: Maklerhaftung ist nicht gott- oder naturgegeben. Makler können sich durchaus wirksam schützen. Zweitens: Das Geschäft mit der Angst ist unredlich. Was auch immer zum Verkauf steht: Makler wollen den wahren Nutzen dargestellt bekommen. Sind Produkte oder Dienstleistungen tatsächlich gut, benötigen sie keinen Verkaufszauber. Nur Redlichkeit.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2019, Seite 88 f. und in unserem ePaper.

Bild: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Ralph Quandel … am 12. August 2019 - 12:27

Es ist doch immer die Frage, ob die infrage stehende Haftung durch ausreichende Einnahmen finanziert werden kann. Dies ist für eine große Anzahl von Maklern zu verneinen. Insofern ist es weniger ein juristisches als vielmehr ein finanzielles Problem.