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6. Juni 2023
Mario Schüttauf: „Unterm Strich ist Lage herausfordernder geworden“
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Mario Schüttauf: „Unterm Strich ist Lage herausfordernder geworden“

Infolge der gestiegenen Zinsen hat sich das Umfeld für offene Immobilienpublikumsfonds gewandelt. Werden die Fonds ihrem Image als krisenresistente Anlage noch gerecht und zeigt sich derzeit eine Zurückhaltung bei den Investoren? AssCompact hat nachgefragt bei dem Fondsmanager Mario Schüttauf.

Interview mit Mario Schüttauf, Fondsmanager des offenen Immobilienfonds hausInvest der Commerz Real
Herr Schüttauf, Sie managen den hausInvest, einen der größten Immobilienfonds Deutschlands, der im Jahr 2022 sein 50-jähriges Bestehen feierte. Was waren die großen Hochs, was die großen Tiefs?

Aufregende Zeiten in der Historie unseres Fonds waren zum Beispiel die Boomjahre nach der Wiedervereinigung oder als wir uns Mitte der 1990er-Jahre dazu entschlossen, ins europäische Ausland zu expandieren. Auch das vergangene Jahrzehnt mit den niedrigen Zinsen hat die Immobilie als Kapitalanlage sicherlich gestärkt. Herausfordernd war etwa die Anfangsphase der Welt­finanzkrise, als viele Anleger vorübergehend Kapital aus offenen Immobilienfonds abgezogen haben. Und auch die Corona-Pandemie hat uns einiges an Nerven gekostet. Letztlich haben wir diese Krisen wie viele andere aber gut gemeistert.

Wie ist der Fonds denn durch das Krisenjahr 2022 gekommen?

Die BVI-Rendite lag zum Ende des Geschäftsjahres 2022/2023 mit 2,7% über der des Vorjahres. Auch die anderen Kennzahlen wie Fondsvermögen, Vermietungsquote oder Nettomittelzuflüsse haben sich positiv entwickelt. Damit sind wir sehr zufrieden. Wertanpassungen hat es nur vereinzelt und in überschaubarem Rahmen gegeben. Für das laufende Kalenderjahr erwarten wir eine BVI-Rendite im Bereich von 3%.

Wie sah es bei den unterschiedlichen Nutzungsarten aus – etwa Hotels, Büros oder Einkaufscenter?

Hotels hatten natürlich unter der Pandemie gelitten, inzwischen sind aber fast wieder Vor-Corona-Buchungszahlen zu beobachten, zum Teil sogar darüber. Das gilt vor allem für niedrigere Preissegmente sowie Markenhotels. Bei Büros erleben wir, dass insgesamt weniger Fläche gemietet, dafür aber stärker auf Qualität gesetzt wird. Weil beim hausInvest Lage- und Objektqualität seit jeher im Fokus stehen, sind die Leerstände niedrig und die Mieterträge stabil. Shoppingcenter sind wegen der strukturellen Veränderungen im Einzelhandel zwar – das ist kein Geheimnis – teilweise Sorgenkinder, wir zeigen aber auch, wie man gegensteuern kann: In Bayern beispielsweise erweitern wir das Center „Regensburg Arcaden“ um Wohnungen und Gesundheitsdienstleister hin zu einem Nahversorgungsquartier.

Die gestiegenen Zinsen haben das Umfeld für offene Immobilienpublikumsfonds (OIF) verändert. Wie beurteilen Sie aktuell die Großwetterlage?

Die „Großwetterlage“ hat mehrere Aspekte: Erstens sind alternative Geldanlagen wie Anleihen wieder attraktiver, weil man wieder Zinsen bekommt. Damit wird der Vertrieb von Sachwertanlagen herausfordernder. Zweitens verteuern sich die Finanzierungskosten, während gleichzeitig drittens die Verzinsung der Liquidität steigt.

Insgesamt überwiegen die positiven Auswirkungen der höheren Liquiditätsverzinsung gegenüber der Kreditverzinsung und machen zum Ende des Geschäftsjahrs 2022/2023 etwa 25 bis 30 Basispunkte der Rendite von 2,7% aus. Unterm Strich ist die Lage durchaus herausfordernder geworden, aber wer auf Top-Lagen, Mieterdiversität sowie flexible Flächen und Mietverträge setzt, wird auch weiterhin gut performen.

Worauf liegt vor diesem Hintergrund aktuell der Schwerpunkt bei der Auswahl neuer Objekte?

Weiterhin auf Qualität. Das heißt für uns: Objekte in Top-Lagen, übrigens immer mehr auch unter Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien. Das Transaktionsgeschehen ist derzeit jedoch verhalten. Deshalb nutzen wir die Gelegenheit, um uns verstärkt um den Bestand zu kümmern und zum Beispiel energetische Sanierungen durchzuführen.

Immobilienfonds galten lange Zeit als krisenfeste Felsen in der Brandung. Sind diese Zeiten Ihrer Meinung nach nun vorüber?

Nein, im Gegenteil. Breit diversifizierte Bestandsfonds wie hausInvest werden auch die nächsten 50 Jahre der Fels in der Brandung sein.

Analysten rechnen damit, dass sinkende Gebäudewerte die Fondsrenditen künftig belasten werden und die Nettomittelzuflüsse sinken könnten – wie bei anderen Produkten bereits der Fall. Teilen Sie diese Sorge?

Wir rechnen für hausInvest ja mit steigenden Gesamtrenditen. Den zinsbedingten Bewertungsdruck können wir größtenteils durch steigende Mieten kompensieren. Außerdem können wir höhere Mieten erzielen, indem wir permanent an unseren Immobilien arbeiten und sie auf dem aktuellen Stand halten. Deshalb bereitet uns das keine Sorge.

Geben die höheren Zinsen denn derzeit auch Grund zu Optimismus, etwa im Hinblick auf steigende Mieterlöse aufgrund von Indexmieten?

Bei hausInvest sind 88% der Mieten wertgesichert, sei es über Index- oder Staffelmieten, Umsatzmieten im Einzelhandel oder ähnliche Instrumente. Langfristig haben sich Mieten und Bewertungen immer im Takt der Inflation bewegt, wenn auch zeitversetzt. Deshalb schadet es auch nicht, wenn die Gutachter die Zinserhöhungen in ihre Bewertungen einfließen lassen. Die steigenden Mieten werden das in den meisten Fällen auf Dauer kompensieren.

Inwieweit zeigt sich denn bei Anlegern eine Unsicherheit oder Zurückhaltung?

Derzeit beobachten wir bei vielen Privatanlegern eine abwartende Haltung. Die Leute spüren die Inflation oder legen ihr Geld zum Beispiel in Erwartung hoher Nebenkostenabrechnungen auf die hohe Kante. Für die Geldanlage bleibt dann weniger übrig. Gleichzeitig ist die drohende Rentenlücke aber ein Phänomen, das immer stärker ins Bewusstsein dringt. Und in einen Fonds wie hausInvest kann man schon mit wenig Geld über einen Sparplan regel­mäßig investieren. Deshalb wird es sich langfristig um gefragte Produkte handeln.

Was raten Sie aktuell den Vertriebspartnern?

Genau das: Die Anleger sollten etwas für ihre Altersvorsorge tun, denn die Rentenlücke wird tendenziell immer größer. Ein Fonds wie hausInvest bringt seit 50 Jahren Stabilität ins Portfolio und sollte deshalb beigemischt werden. Davon gilt es die Anleger zu überzeugen. Übrigens: hausInvest gilt auch als nachhaltige Kapitalanlage im Sinne von Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung. In Zukunft wollen wir zudem erneuerbare Energien ins Portfolio mit aufnehmen und dadurch eine weitere Wertsteigerung und eine noch breitere Diversifikation mit einem letztlich noch besseren Rendite-Risiko-Profil erzielen.

Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf die kommenden Monate?

Wir erwarten, dass sich die Zinsanstiege langsam abflachen und wir eine neue Balance finden. Dann wird auch das Transaktionsgeschehen an den Immobilienmärkten wieder Fahrt aufnehmen. Die Renditen breit diversifizierter OIFs werden in diesem Zuge ebenfalls langsam steigen und sich auf einem höheren Niveau einpendeln. Das wird allerdings noch etwas dauern.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2023 und in unserem ePaper.

Bild oben: © sommart – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Commerz Real

 
Interview mit
Mario Schüttauf